Gericht ordnet erstes Diesel-Fahrverbot auf Autobahn an
Ein Autobahn-Teilstück im Ruhrgebiet ist von dem Fahrverbot betroffen, das ein Gericht am Donnerstag verhängt hat. Für welche Diesel es nicht gilt.
Die Zahl der Städte, in denen Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge gelten, wächst weiter – und erstmals ist davon jetzt ein Autobahn-Teilstück betroffen. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat am Donnerstag eine Sperrzone für große Teile des Stadtgebietes von Essen sowie für eine Hauptverkehrsstraße in Gelsenkirchen verhängt. Das Fahrverbot gilt ab Juli kommenden Jahres auch für die viel befahrene Ruhrgebietsautobahn A40, die mitten durch Essen führt.
Die Luftbelastung durch den Autoverkehr lasse sich nur durch die Einbeziehung der Autobahn in die Umweltzone reduzieren, sagte die Vorsitzende der zuständigen Kammer, Margit Balkenhol. An insgesamt fünf Messstationen sei der geltende Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden. Noch immer aber gebe es kein Konzept für eine Verringerung der Luftbelastung durch den Verkehr auf der A40. Für Gewerbetreibende soll es in beiden Städten jedoch Ausnahmen geben.
Um weitere Fahrverbote zu verhindern, will die Bundesregierung die Grenzwerte im Immissionsschutzgesetzes so anheben, dass es in Städten mit Höchstwerten von bis zu 50 Mikrogramm Stickoxiden pro Kubikmeter Luft keine Fahrverbote mehr geben soll. Bei einer relativ geringen Überschreitung des geltenden Grenzwertes seien Fahrverbote in der Regel nicht verhältnismäßig, heißt es in einem Beschluss des Kabinetts.
Diesel: Euro 4 und 5 von Fahrverboten ausgenommen
Andere Maßnahmen würden hier auf absehbare Zeit ausreichen, um den Grenzwert einzuhalten. Essen, Gelsenkirchen und andere Städte könnten sich darauf aber erst berufen, wenn der Bundestag die geplante Gesetzesänderung beschlossen hat. Ob das bis Anfang Juli der Fall ist, ist noch offen.
Zudem beschloss das Kabinett, dass Dieselfahrzeuge der Abgasnormen Euro 4 und 5 von Fahrverboten ausgenommen werden, falls sie im Alltag nicht mehr als 270 Milligramm Stickstoffdioxid pro gefahrenem Kilometer ausstoßen – etwa, wenn sie mit zusätzlichen Katalysatoren nachgerüstet wurden. Euro-6-Diesel sollten ebenfalls ausgenommen sein, unabhängig vom Stickoxid-Ausstoß, zudem nachgerüstete Kommunalfahrzeuge wie Müllautos oder Feuerwehrautos.
Umweltverbände und Oppositionspolitiker übten heftige Kritik an diesen Plänen. „Die Regierung zäumt das Pferd von hinten auf: Nicht die Grenzwerte sind schuld an der dreckigen Luft, sondern die Bundesregierung, die sich über Jahre weggeduckt hat“, sagte der Fraktionschef der Grünen, Anton Hofreiter, gegenüber unserer Zeitung.
CSU-Verkehrsexperte: An den bestehenden Grenzwerten werde nichts verändert
Die geplanten Gesetzesänderungen würden erneut beweisen, dass die Koalition achselzuckend über die Gesundheit der Menschen in den Städten hinweggehe. „Um das eigene Versagen bei der Luftreinhaltung zu kaschieren und die Autoindustrie zu schonen, ignoriert die Bundesregierung offenbar sogar Europarecht“, so Hofreiter.
Dagegen verteidigte der CSU-Verkehrsexperte Ulrich Lange die Beschlüsse. Es werde nichts an den bestehenden Grenzwerten verändert, betonte er gegenüber unserer Zeitung. „Es wird lediglich deutlich gemacht, dass Fahrverbote in Gebieten, in denen der Stickstoffdioxidwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel nicht überschritten wird, in der Regel unverhältnismäßig sind.“ Dort könne man auch durch andere Maßnahmen dafür sorgen, die Grenzwerte einzuhalten und die Luftqualität zu verbessern. Die Union setze sich weiterhin dafür ein, Fahrverbote zu verhindern.
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