Im schwimmenden Palast des extravaganten Scheichs
Hier lässt der Scheich die Seele baumeln. Ein Kinosaal mit Kuschelsofas lädt zur Kulturstunde ein. Das Licht ist effektvoll gedimmt, edle Wurzelesche ziert die Wände und den Velours-Teppich betritt man lieber nicht mit tiefem Profil. Gut, will der Eigentümer dieser Wohnoase von hier ins Steuerhaus gelangen, sollte er Zeit mitbringen. Er muss mehrere Flure passieren, vorbei am Büro des Kapitäns, dessen Schlafraum, Ankleide- und Badezimmer, bis er endlich im weitläufigen Halbrund der Navigationszentrale steht. Aber ein 118 Meter langes Schiff mit einer 45-Mann-Besatzung will nun mal mit Innenleben gefüllt sein.
Von unserem Redaktionsmitglied Andreas Frei
Dieter Fitz macht unmissverständlich klar, dass ein milliardenschwerer Scheich gewisse Ansprüche stellt. Die Wünsche sind extravagant, aber "wir erfüllen sie ihm", sagt der Unternehmer aus Mertingen (Landkreis Donau-Ries).
"Fitz Interior" heißt der Betrieb, den der 47-Jährige zusammen mit seinem Bruder Josef (42) leitet. Beide führen uns auf einem virtuellen Rundgang durch den Bauch der Luxus-Jacht, der viertgrößten jemals gebauten. Virtuell deshalb, weil das Schiff noch gar nicht fertig gestellt ist. Es wartet in einer deutschen Werft auf die Vollendung. Bislang existiert die komplette Inneneinrichtung nur in Form von Zeichnungen und Computersimulationen.
Aber selbst wenn der schwimmende Palast - der Wert liegt im dreistelligen Millionenbereich - bald über die Weltmeere gleitet, ist dessen Innenhaut für die Öffentlichkeit tabu. Diskretion ist oberstes Gebot im Geschäft der Mertinger. 300 der 2500 Quadratmeter Wohnfläche statten die Schwaben aus; es ist ihr bislang größtes Projekt. "Kein Unternehmen dieser Welt hat genügend Kapazitäten, um das ganze Schiff allein einzurichten", sagt er. Der Auftrag kam im Übrigen nicht vom Eigner selbst, sondern von der Werft. In der Planungs- und Fertigungsphase wird mit Vertretern der Werft, mit dem Designer und allenfalls mit Bevollmächtigten des Eigners verhandelt, aber niemals mit dem Besitzer selbst.
An diese Form der Kundenbetreuung, an Fachgespräche auf Englisch und Reisen in die ganze Welt mussten sich Chefs und Mitarbeiter erst gewöhnen. Schließlich war Fitz lange Zeit ein "normaler" Schreinerei-Betrieb. Jetzt kann von einer "Schreinerei" kaum noch die Rede sein. Wie auch, wenn man viel Zeit darauf verwendet, teures Leder, Marmor und handgeknüpfte Teppiche auszusuchen, wertvolle Edelsteine als Accessoire für Badarmaturen aufzutreiben und Kunden darauf hinzuweisen, dass der Reserve-Klopapierhalter 700 Euro kostet.
Die Gebrüder Fitz sehen sich selbst als Innenausstatter. "Unsere Kunden wollen einen Partner, bei dem sie alles aus einer Hand bekommen", sagt Josef Fitz. Da reichten die hausgemachten Qualitäten als Schreiner allein nicht aus. Mittlerweile haben sich der gelernte Schreinermeister (Josef) und Elektrotechniker (Dieter) Kenntnisse aus anderen Handwerksberufen angeeignet, wissen über Stoffe und Tapeten ebenso Bescheid wie über Sanitäreinrichtungen. Geht es dann an die Umsetzung der Konstruktionspläne, beauftragen die Nordschwaben Partner, die aus der ganzen Welt kommen.
Aber das Herz - das machen die raffinierten Handwerker deutlich - schlägt nach wie vor für die Kunst des Schreinerns. In der Werkstatt am Ortsrand begrüßt den Besucher der Geruch von frisch geschnittenem Holz. Hier entstehen Modellarbeiten ebenso wie ganze Wandverkleidungen oder auch nur kleine Leisten, vieles davon aus edlen Hölzern wie Palm- oder Ebenholz. Rund 20 der 30 Beschäftigten sind dafür ausgebildet, die komplizierten Zeichnungen am Computer zu entwerfen.
Wer Qualität der Spitzenklasse produzieren will ("Das ist unsere Eintrittskarte in den Markt"), braucht auch die nötige technische Ausstattung. Fitz arbeitet mit einer hochmodernen Laserschneidemaschine. Dieses Verfahren steigere nicht nu die Produktivität, sagt Josef Fitz, sondern ermögliche auch Arbeiten, die andere Maschinen nicht zu leisten vermögen. Doch solche Investitionen sind teuer. 200000 Euro kostete die Maschine. Das sei nicht leicht zu schultern, räumt Josef Fitz ein. "Aber ohne Risikobereitschaft läuft nichts." Er geht sogar noch einen Schritt weiter: "Hätten wir nicht den Schritt in diese Marktnische gewagt, gäbe es unseren Betrieb nicht mehr."
Der Reifeprozess war lang. Vor gut 20 Jahren gingen die Vorstellungen des Vaters, der damals den Betrieb führte, und die Pläne der Söhne noch weit auseinander. Der Vater wollte sich auf Fensterbau spezialisieren, die Söhne favorisierten den Innenausbau, weil dieser nicht so leicht von der Industrie kopiert werden könne. Sie setzten sich durch, stellten aber fest: Serienproduktionen rechnen sich kaum. Fitz hat es versucht, hat unter anderem Spinde und Rollschränke für die Bundeswehr produziert - ohne finanziell zu profitieren. Erst jetzt, wo sich der Betrieb bei den weltweit bekanntesten Designern für Innenausstattung einen Namen gemacht hat, "fangen wir an, Geld zu verdienen", sagt Dieter Fitz.
Das begann mit Büro- und Wohnungseinrichtungen, unter anderem für ein Privat-Appartement von Microsoft-Gründer Bill Gates in New York. Dann kamen die Jachten - und nicht irgendwelche. Sogar Spaniens König Juan Carlos ließ sein 41 Meter langes und 126 Stundenkilometer schnelles Prachtschiff, die "Fortuna", von Fitz ausstatten. An solche Aufträge komme man nur über Empfehlungen, sagt Josef Fitz. Bruder Dieter glaubt: "Du musst etwas verrückt sein, um diese Aufgabe zu erfüllen."
Mit einer neuen, bald bezugsfertigen 2500-Quadratmeter-Halle werden die Kapazitäten erhöht. Denn jetzt wollen die Schwaben auch noch in die Luft gehen. Die Chancen stehen gut, in diesem Jahr erstmals einen luxuriösen Jumbo-Jet einzurichten - für einen Kunden, der schon in einer Fitz-Jacht residiert.
Alle Folgen im Internet: www.augsburger-allgemeine.de/firmen
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