Israelische Teva kauft Ratiopharm
Köln/Ulm (dpa) - Im monatelangen Bieterrennen um den Ulmer Generikahersteller Ratiopharm hat der weltgrößte Hersteller von Nachahmerprodukten Teva Pharmaceutical den Zuschlag erhalten. Der Verkaufspreis liege inklusive Schulden bei 3,625 Milliarden Euro.
Das sagte der Chef des israelischen Unternehmens, Shlomo Yanai, am Donnerstag in Köln. Die Übernahme muss noch von den zuständigen Aufsichtsbehörden genehmigt werden. Teva rechnet bis Ende des Jahres mit dem Abschluss. Beide Unternehmen zusammen hatten 2009 einen Umsatz von 16,2 Milliarden Dollar. Mit der Übernahme wird Teva die Nummer eins am europäischen Generikamarkt und nach der zu Novartis gehörenden Sandoz die Nummer zwei in Deutschland. Das Unternehmen wird weltweit rund 40 000 Menschen beschäftigen.
"Um 12.28 heute Mittag haben wir den Vertrag unterzeichnet und wir sind sehr froh, dass wir den Verkauf zu diesem Preis realisieren konnten", sagte Hans-Joachim Ziems, der als Geschäftsführer der bisherigen Ratiopharm-Eignerin VEM Holding den Verkaufsprozess leitete. Unter strategischen Gesichtspunkten hätte jeder der drei Finalisten - neben Teva der US-Arzneimittelhersteller Pfizer und der Generikahersteller Actavis (Island) - den Zuschlag erhalten können, fügte er hinzu. "Wir sind sehr glücklich, dass wir mit Teva einen Käufer haben, der das Generikageschäft versteht." Mit dem Verkauf habe die Vermögensverwaltung der Merckle-Gruppe auf einen Schlag ihre Schulden getilgt. Auch die Verbindlichkeiten der VEM beim Pharmagroßhändler Phoenix, der auch zur Merckle-Gruppe gehört, seien damit vom Tisch.
Ludwig Merckle, ältester Sohn des Firmenpatriarchen Adolf Merckle, musste Ratiopharm verkaufen, um die Schulden zu tilgen. Die Firmenwelt des Vaters war überwiegend auf Pump gebaut - den drohenden Zusammenbruch in Folge der Finanzkrise verkraftete der Vater nicht und nahm sich im Januar 2009 das Leben.
Ludwig Merckle zeigte sich über das Verkaufsergebnis zufrieden. "Die Trennung von Ratiopharm ist ein schmerzvoller Schritt für uns als Gründerfamilie." Der Verkauf sei aber unumgänglich gewesen. "Ich glaube, dass der Zusammenschluss mit dem größten Generikahersteller weltweit es Ratiopharm ermöglichen wird, weiter zu wachsen und erfolgreich zu sein." Teva sei ein starker neuer Eigentümer, der ein klares Bekenntnis zu den Standorten Ulm und Blaubeuren abgegeben habe.
Um die Übernahmen hatten sich noch der weltgrößte Pharmakonzern Pfizer und der Ratiopharm-Konkurrent, die isländische Actavis mit Hilfe ihres größten Gläubigers, der Deutschen Bank, bemüht. Ratiopharm ist, nach der zum schweizerischen Pharmakonzern Novartis gehörenden Sandoz/Hexal/1A-Pharma-Gruppe (geschätzter Marktanteil 35 Prozent) die Nummer zwei mit rund 23 Prozent Marktanteil im deutschen Generikamarkt. Der Marktanteil des gemeinsamen Unternehmens werde in Deutschland bei 27 bis 28 Prozent liegen. Deutschland ist nach den USA der zweitwichtigste Generikamarkt weltweit.
Die Deutschlandzentrale von Teva soll nach der Übernahme in Ulm sein. Nach Aussage von Teva-Chef Yanai und Europa-Chef Gerard van Odijk soll Ulm zur "Drehscheibe des Europageschäfts" werden. Teva erwartet durch die Übernahme in den nächsten drei Jahren Synergieeffekte von mindestens 300 Millionen Euro. Finanziert werde der Kauf unter anderem über Kreditlinien. Ratiopharm-Chef Oliver Windholz äußerte sich erleichtert: "Die letzten Monaten waren für Ratiopharm eine sehr bewegte Zeit. Es ist eine gute Lösung für Ratiopharm und auch für die Mitarbeiter. Wir freuen uns, Teil der Wachstumsstrategie von Teva zu sein."
Teva-Chef Yanai sagte: "Diese Transaktion fügt sich perfekt in unsere langfristige Strategie ein, in der Europa eine wichtige Säule und ein entscheidender Wachstumstreiber ist." Ratiopharm biete dem Unternehmen eine ideale Plattform zum Ausbau der Führungsposition auf den europäischen Schlüsselmärkten - allen voran Deutschland, aber auch auf den Wachstumsmärkten Spanien, Italien und Frankreich. Die Marke Ratiopharm soll erhalten bleiben. In Europa erzielte Teva 2009 Erlöse in Höhe von 3,3 Milliarden Dollar, weltweit waren es 13,9 Milliarden Dollar. Mit Ratiopharm zusammen liegt der Umsatz in Europa bei 5,2 Milliarden Dollar. Ratiopharm verbuchte 2009 weltweit einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro.
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