Jubel und Protest über Trumps Auftritt in Davos
Die einen bezeichnen es als fair, dass der US-Präsident zum anstehenden Weltwirtschaftsforum kommt. Die anderen sind besorgt.
Das Gesicht von Klaus Schwab regt sich nicht. Die Züge des deutschen Wirtschaftsprofessors bleiben starr. „Es ist absolut wichtig, dass Donald Trump bei uns ist“, doziert er. Mehr will der spröde Gründer und Chef des Weltwirtschaftsforums (WEF) zu seinem prominentesten und kontroversesten Gast nicht sagen. Es wäre „unfair“, sich nur auf Trump zu konzentrieren, hieß es auch bei der Präsentation des WEF-Programms.
Immerhin, so versichern die WEF-Macher, reisen 3000 Chefs und Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, darunter 70 Staats- und Regierungschefs wie Justin Trudeau, Emmanuel Macron und Angela Merkel, zur Gala der Globalisierung nach Davos.
„Niemals zuvor konnten wir so viele Toppolitiker begrüßen“, schwärmt der Norweger Borge Brede, zweiter Mann beim WEF, mit Blick auf das Spektakel vom 23. bis 26. Januar.
Davos garantiert Publicity
Der Trubel um Trump dürfte dem Weltwirtschaftsforum nutzen. Denn Trump garantiert Publicity. Und so waren wenige Stunden, nachdem der Auftritt Trumps durchsickerte, fast alle Hotelbetten von Davos bis Zürich ausgebucht. Wer mochte, konnte noch einen Matratzenplatz für 700 Euro pro Nacht neben vier anderen ergattern. „Das WEF stärkt seine Bedeutung“, bilanziert die „Neue Zürcher Zeitung“ angesichts des „gelungenen Coups“.
Dass die Konferenz der Reichen und Mächtigen mit Trump an Gewicht gewinnt, lässt sich auch auf den Straßen beobachten. Nachdem die Demos gegen Davos in den letzten Jahren nur noch einige unermüdliche Globalisierungsgegner anzogen, erwarten die Organisatoren 2018 einen Massenzulauf.
Weltwirtschaftsforum: Initiator Schwab erscheint Trump nicht ganz geheuer
Angesichts des Rummels und der drohenden Gewalt ist es kaum verwunderlich, dass dem 79-jährigen WEF-Patron Schwab der Auftritt Trumps nicht mehr ganz geheuer erscheint. In der Genfer Zentrale fragen sich die Macher: Wird der Wüterich aus Washington bei seiner Rede am Freitag die versammelte Elite zusammenstauchen? Wird er wieder unflätig pöbeln? Passt der egomanische „America-First“-Präsident überhaupt nach Davos?
Immerhin verpflichten sich die WEF-Teilnehmer zu nichts weniger als den „Zustand der Welt zu verbessern“. So lautet der Leitspruch des Forums. Schwab predigt seitdem unaufhörlich eine enge globale Kooperation. Die Globalisierung, verlangt Schwab, müsse ein „menschliches Antlitz“ haben.
Trotz Trump: Welthandel gewinnt an Tempo
Doch bislang konnte selbst der protektionistische US-Präsident der Globalisierung nicht wirklich etwas anhaben. Der Welthandel gewann seit Trumps Amtsantritt im Januar 2017 sogar an Tempo. „Wir schätzen das Wachstum des weltweiten Warenhandels 2017 auf 3,6 Prozent”, sagt der Generaldirektor der Welthandelsorganisation, Roberto Azevêdo.
Im Jahr 2016 belief sich das Wachstum des Welthandels auf nur 1,3 Prozent. „Gründe sind die anschwellenden Handelsströme in Asien und die Erholung der Importnachfrage in Nordamerika”, erklärt der WTO-Chef, der sich auch auf den Weg nach Davos macht.
Der WEF-Chef dürfte mit Wehmut auf das Jahr 2000 blicken: Damals machte Bill Clinton als erster US-Präsident dem Forum seine Aufwartung. Der Charmeur eroberte die Herzen und beschwor den freien Handel. Die Zuneigung des sonst kühlen Schwab zu Clinton ging so weit, dass er ihm vor Publikum ein launiges „Bill“ zuraunte. Ob Schwab den jetzigen Amtsinhaber wohl mit „Donald“ anspricht?
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