Kunden könnten künftig länger in Läden einkaufen
Viele Kunden shoppen lieber im Internet als in den Läden vor Ort. Der Handelsverband fürchtet die Folgen und fordert mehr Flexibilität. Forscher haben aber Zweifel.
Aus Sicht vieler Kunden ist der Einkauf im Internet günstig und bequem. Für die Einzelhändler vor Ort, die auf Beratung und Service setzen, ist der zunehmende Online-Handel jedoch eine große Konkurrenz. Die Folgen können dramatisch sein: Läden schließen, Innenstädte veröden. Was tun? Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat dieser Tage eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten gefordert. Laut HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth gibt es gerade in historischen Innenstädten mit flexibleren Öffnungszeiten noch viel Potenzial.
Handelsverband fordert längere Ladenöffnungszeiten
In Bayern, wo neben dem Saarland die strengsten Ladenschlussgesetze in Deutschland gelten, käme eine Flexibilisierung wohl einer Verlängerung der Öffnungszeiten gleich. Der Handelsverband Bayern ist der Ansicht: In Großstädten wird das vielleicht angenommen, auf dem Land aber nicht. Der Geschäftsführer des Handelsverbands, Bernd Ohlmann, sagt: „Händler in großen Fußgängerzonen, zum Beispiel in München, sagen: Wir wollen selbst entscheiden, wann wir öffnen.“ Andernorts verweisen Geschäftsinhaber laut Ohlmann jedoch darauf, dass es sich für sie nicht lohne, länger ihre Läden zu öffnen. Schließlich müsse das Personal bezahlt werden und oftmals komme einfach nicht mehr Kundschaft.
Am Sonderstatus des Sonntags will der HDE nicht rütteln. Auch Ohlmann betont: Eine generelle Öffnung der Geschäfte am Sonntag bleibe tabu. Der bayerische Handelsverband wünscht sich zwar eine gewisse Flexibilität bei besonderen Ereignissen wie zum Beispiel Firmenjubiläen. Allerdings stellt Ohlmann klar, dass es politisch derzeit nicht gewollt sei, das Ladenschlussgesetz zu ändern. „Horst Seehofer hat uns deutlich gesagt: Solange er Ministerpräsident sei, werde es keine längeren Öffnungszeiten geben.“
Aber helfen längere Öffnungszeiten wirklich gegen die Online-Konkurrenz?
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben sieht in dem Vorstoß des HDE durchaus Ansatzpunkte. „Der Innenstadt-Einkauf ist ein Erlebnis“, sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Peter Lintner. Allerdings sei die Attraktivität einer Innenstadt davon abhängig, wie viele Geschäfte einheitliche Öffnungszeiten haben und bereit wären, länger ihre Türen zu öffnen. Mit Blick auf Baden-Württemberg, wo Geschäfte teilweise bis 24 Uhr offen sind, sagt IHK-Handelsreferent André Köhn: „Hauptprofiteure von längeren Öffnungszeiten wären Supermärkte und Discounter. Nur die haben in Baden-Württemberg länger auf.“
Aber helfen längere Öffnungszeiten wirklich gegen die Online-Konkurrenz? Bernd Ohlmann sagt: „Knapp jeder zehnte Euro in Bayern wird online ausgegeben – Tendenz weiter steigend.“ Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung Köln, gibt zu bedenken, dass längere Ladenöffnungszeiten in der Regel kaum zu höheren Umsätzen führen würden. „Auch gegen die Konkurrenz aus dem Internet sind längere Öffnungszeiten kein Allheilmittel, denn die meisten Online-Händler machen ihren Hauptumsatz am Sonntag“, fügt Hudetz hinzu.
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