Letzter Ausweg Drachme?
Griechenland braucht einen verbesserten Rettungsplan. In der Theorie werden alle Varianten durchgespielt – von weiteren Krediten bis zu einem Abschied Athens vom Euro
Die Euro-Zone ist weit davon entfernt, die Schuldenkrise in den Griff zu bekommen. Ein Jahr nachdem die Währungsunion Griechenland internationale Notkredite gewährt hat, zeigt ein Geheimtreffen hochrangiger Vertreter am Freitagabend: Die Nervosität, dass die Milliardenhilfen nicht ausreichen, um Griechenland dauerhaft vor einer Staatspleite zu bewahren, ist groß. Sogar Gerüchte um einen Austritt der Hellenen aus der Euro-Zone machen die Runde.
Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, nannte die Idee, Griechenland könnte zur Drachme zurückkehren, „dumm“. Auch die heftig diskutierte Idee einer Umschuldung des südeuropäischen Landes hätten die Teilnehmer des Treffens abgelehnt.
Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou betonte, bei dem Treffen sei auch die Variante erörtert worden, dass der EU-Rettungsfonds künftig direkt griechische Staatsanleihen zur Kursstützung kauft. Dies ist neuerdings möglich. Aus Finanzkreisen verlautete, dass derzeit auch eine Aufstockung des 110 Milliarden Euro schweren Hilfspakets für Griechenland zur Diskussion steht, was von Deutschland jedoch abgelehnt wird.
Ein Bericht von Spiegel Online, wonach Griechenland die Abschaffung des Euro und die Wiedereinführung einer eigenen Währung als Ausweg aus der Schuldenkrise erwäge, hatte den Kurs der Gemeinschaftswährung am Freitag unter Druck gesetzt. Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou bezeichnete solche Spekulationen als „fast schon kriminell“. „Kein solches Szenario wurde jemals diskutiert, nicht einmal inoffiziell.“ Sein hoch verschuldetes Land solle in Ruhe gelassen werden, damit es den eingeschlagenen Spar- und Reformkurs zu Ende führen könne.
Bei Volkswirten findet die Vorstellung eines Euro-Ausstiegs aber immer mehr Anhänger. „Der Euro-Austritt wäre das kleinere Übel“, sagte der Chef des Münchener Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Die Alternative wären immer neue Hilfen und Rettungskonzepte für das hoch verschuldete Land. Sinn betonte: „Wenn Griechenland aus dem Euro austräte, könnte es seine Währung abwerten und wettbewerbsfähig werden.“
Sein Kollege Clemens Fuest, Leiter des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums, bestätigte, dass diese Möglichkeit zumindest in der Theorie erwogen wird. „Klar, dass das intern neben anderen Szenarien geprüft wird.“ Der Ökonom hält zunächst einen Schuldenschnitt für sinnvoll. „Im zweiten Schritt kann man darüber nachdenken, ob Griechenland in der Euro-Zone bleiben will.“ Andere Ökonomen halten das Ausstiegsszenario für zu gefährlich. Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, warnte in der Welt: „Die Wiedereinführung der Drachme wäre für Griechenland ökonomischer Selbstmord.“ Thomas Mayer von der Deutschen Bank befürchtet Ansteckungseffekte in Portugal oder Irland.
An dem Treffen in Luxemburg hatten neben den Finanzministern aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland auch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, und EU-Währungskommissar Olli Rehn teilgenommen. Juncker hatte am Freitag noch zurückweisen lassen, dass es überhaupt eine Zusammenkunft gibt. Am Samstag hieß es dann, dass er zu der informellen Gesprächsrunde mit eingeladen habe.Offiziell sollen Maßnahmen gegen einen drohenden griechischen Staatsbankrott am 16. Mai diskutiert werden. (dpa)
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