Merkel und Sarkozy machen Druck
Die Bundeskanzlerin und Sarkozy wollen auf dem EU-Gipfel schärfere Stabilitätsregeln mit Sanktionen für Defizitsünder durchsetzen. Gegen die Vorgehensweise regt sich Kritik.
Europa ringt um das Vertrauen der Finanzwelt. Nur wenige Tage vor dem entscheidenden Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel haben Frankreich und Deutschland erste Weichen gestellt. Die Richtung ist klar: raus aus den Schulden. Und vor allem: nie wieder dorthin zurück.
Wie hoch die Erwartungen an das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy waren, machten schon vorab die Börsen klar: Dort stiegen die Kurse in Erwartung weitreichender Beschlüsse, während die Risikozuschläge für die Schuldenstaaten seit Tagen erstmals wieder spürbar nachgaben. Ob die positive Stimmung anhalten wird, ist unsicher. Dennoch haben die beiden einiges vorzuweisen.
Eurobonds lehnen beide Politiker ab
Um die umstrittene Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB), auf deren Unabhängigkeit Merkel beharrt, ging es nicht mehr. Eurobonds lehnten beide ab. Der Präsident sagte: „Frankreich und Deutschland sind sich hundertprozentig einig, dass die Eurobonds auf gar keinen Fall eine Lösung für diese augenblickliche Krise sind, auf gar keinen Fall.“ Es sei „eine komische Idee“, die Schulden vergemeinschaften zu wollen, denn Deutschland und Frankreich müssten ja für die Schulden der anderen eintreten, ohne kontrollieren zu können, wie die Schulden zustande kämen.
Dagegen sprachen sich beide für Änderungen der Verträge und automatische Sanktionen für Euro-Staaten aus, die gegen den Stabilitätspakt verstoßen. Der dauerhafte Rettungsfonds ESM könnte von Mitte 2013 bereits auf 2012 vorgezogen werden. Auch wollen sich die Euro-Staats- und Regierungschefs künftig einmal im Monat treffen. „Europa darf nie wieder in eine solche Situation geraten“, sagte Sarkozy. „Es gilt, wieder Vertrauen in uns und in die Verbindlichkeit unserer Absprachen zu gewinnen“, sagte Merkel.
Bindende Schuldenbremse für alle
Die gemeinsamen Vorschläge werden am Mittwoch dem EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy übergeben. Beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag sollen sie dann den anderen europäischen Staats- und Regierungschefs vorgelegt werden. Dazu gehört eine bindende Schuldenbremse, die jedes Land in seine nationale Verfassung schreiben soll, ob dies zufriedenstellend geschieht, wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) überprüfen. Die Kompetenz, einzelne Haushalte als ungültig zurückzuweisen, bekommt er aber nicht. Dabei konnte Sarkozy selbst nicht erklären, wie Frankreich diese goldene Regel umsetzt, gegen die sich die für eine Verfassungsänderung benötigten Sozialisten in der Opposition sträuben. „Das werden wir nach den französischen Wahlen sehen“, bemühte er sich um Zuversicht.
Beide Volkswirtschaften tragen eine besondere Verantwortung
Übersteigt die Neuverschuldung eines Landes die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes, soll es künftig zu automatischen Defizitverfahren kommen und nicht mehr erst dann, wenn es dafür eine qualifizierte Mehrheit gibt. „Das wollen wir genau umkehren“, sagte Merkel, damit Warnungen aus Brüssel künftig Konsequenzen haben und wirklich zu mehr Haushaltsdisziplin führen. Da es sich um strukturelle Veränderungen handle, müssten auch Vertragsänderungen von allen 27 EU-Mitgliedstaaten beschlossen werden.
„Aber uns ist der Euro so wichtig, dass wir notfalls zumindest eine Einigung der 17 Euro-Länder anstreben“, sagte sie. Deutschland und Frankreich als die beiden großen Volkswirtschaften in der EU trügen eine besondere Verantwortung für den Euro. Doch schon im Vorfeld gab es ersten Widerstand gegen das Vorpreschen der beiden Partner. Vor allem Polens Europaminister Mikolaj Dowgielewicz forderte für sein Land eine zentrale Rolle bei Vertragsveränderungen ein. Schließlich habe Polen derzeit die Ratspräsidentschaft inne, ist aber als Nicht-Euro-Staat bei den großen Entscheidungen faktisch ohne Mitspracherecht vertreten.
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