Neuregelung: Mieter sparen 800 Millionen Euro
In Ballungsräumen, Universitätsstädten und anderen teuren Lagen will die Koalition den Anstieg der Mieten bremsen. Doch schreckt das Gesetz Investitionen ab?
Nach der Rentenreform und dem Mindestlohn gießt die SPD jetzt ihr nächstens Wahlversprechen in einen Gesetzentwurf: Mit einer sogenannten Mietpreisbremse will sie den rasanten Anstieg der Mieten in 4,2 Millionen Wohnungen in Ballungsräumen oder Universitätsstädten stoppen. Dort darf die Miete nach einem Mieterwechsel in Zukunft maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Durch die Neuregelung, die im nächsten Jahr in Kraft treten soll, würden Deutschlands Mieter jedes Jahr mehr als 800 Millionen Euro an Miete und Maklergebühren sparen.
Im vergangenen Jahr sind die Mieten in Deutschland im Durchschnitt nur um 1,3 Prozent gestiegen. Ist das Gesetz am Ende überflüssig?
Wie so oft sagt ein Durchschnittswert auch am Wohnungsmarkt wenig über die wahre Lage aus. „Vor allem in den boomenden Großstädten sind Preissprünge von 20, 30 oder 40 Prozent bei Wiedervermietungen an der Tagesordnung“, heißt es in einem Positionspapier von Justizminister Heiko Maas, das unserer Redaktion vorliegt. „Genau für diese Gebiete – und nur für diese – wird die Mietpreisbremse gemacht.“ Der Stadtentwicklungsbericht beziffert die Differenz zwischen den Mieten in Großstädten und eher dünn besiedelten Regionen auf 42 Prozent.
Wie funktioniert die Bremse – und wo gilt sie?
In welchen Gebieten der Anstieg der Mieten begrenzt wird, legen die Bundesländer für zunächst fünf Jahre fest. Zieht ein Mieter dort aus, darf der Eigentümer die Vergleichsmiete aus dem örtlichen Mietspiegel bei der Wiedervermietung um höchstens zehn Prozent überschreiten. Eine Wohnung in einem Szeneviertel zum Beispiel, die bisher für 5,50 Euro pro Quadratmeter vermietet war und deren Vergleichsmiete bei sechs Euro liegt, darf dann nur für 6,60 Euro weitervermietet werden – auch wenn einige Mieter im gleichen Haus bereits jetzt acht oder neun Euro bezahlen. Bei der ersten Vermietung in einem Neubau oder bei der Wiedervermietung nach einer größeren Modernisierung gilt die Mietpreisbremse nicht.
Makler sind teuer und unbeliebt. Dürfen Vermieter die Kosten für sie weiter auf ihre Mieter abwälzen?
Nein. Bei den Maklergebühren soll das Prinzip „wer bestellt, bezahlt“ gelten. Vor allem in Ballungsräumen hätten Wohnungssuchende häufig gar keine Chance mehr, ein Objekt zu finden, bei dem kein Makler zwischengeschaltet ist, argumentiert Maas. In Zukunft soll der Vermieter, der mithilfe eines Maklers einen Mieter sucht, auch für dessen Gebühren aufkommen. „Eine hiervon abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“ Wichtig zu wissen: Diese Regelung gilt nur für Mietverträge und nicht für den Verkauf einer Wohnung oder eines Hauses.
Einmal angenommen, die Miete liegt bereits 20 Prozent über der örtlichen Vergleichsmiete. Muss der Eigentümer beim Wiedervermieten die Miete dann reduzieren?
So weit geht die SPD nicht. Wird, zum Beispiel, eine Wohnung in einem Neubau für zehn Euro pro Quadratmeter vermietet, obwohl die Vergleichsmiete nur bei acht Euro liegt, gilt beim Wiedervermieten Bestandsschutz: Der Eigentümer darf so lange seine zehn Euro verlangen, bis die Vergleichsmiete entsprechend gestiegen ist. Hat sie zehn Euro erreicht, darf er vom nächsten Mieter elf Euro verlangen.
Wenn die Mieten gedeckelt werden: Bremst das nicht die Bereitschaft, in neuen Wohnraum zu investieren?
Aus Sicht ihrer Erfinder ist die Mietpreisbremse kein Investitionskiller, da sie für Neubauten und das Vermieten nach großen Gebäudesanierungen nicht gilt. Hier können Vermieter und Mieter die Miete frei aushandeln. Rolf Kornemann, der Präsident des Eigentümerverbandes Haus und Grund, ist da jedoch anderer Meinung als Maas. Den Vermietern, warnt er, werde die finanzielle Basis für Investitionen genommen, womit die Koalition den Mietern einen Bärendienst erweise. Kornemann: „Im Ergebnis wird es für Mieter nicht leichter, bezahlbaren Wohnraum zu finden.“ Nach Berechnungen des (arbeitgebernahen) Instituts der deutschen Wirtschaft liegt der jährliche Wohnungsbedarf in Deutschland bei 224 000 Wohneinheiten. Gebaut werden allerdings nur etwa 200 000. Alleine in Berlin müssten danach jedes Jahr etwa 15 000 neue Wohnungen entstehen, in München mehr als 11 000.
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