Ratiopharm-Mutter streicht 14000 Stellen
Am Teva-Standort in Ulm bangen die Beschäftigten um ihre Jobs und fürchten um eine Rekordinvestition. Der Mutterkonzern kündigt Massenentlassungen an.
Paukenschlag aus Israel: Der Pharmakonzern Teva will binnen zwei Jahren weltweit 14000 Stellen streichen. Was das für den Standort Ulm bedeutet, an dem 2500 Mitarbeiter hauptsächlich für die Marke Ratiopharm arbeiten, ist unklar. Auf einzelne europäische Länder und damit auch auf Deutschland heruntergebrochene Zahlen liegen nach Angaben des Ulmer Teva-Sprechers derzeit nicht vor. Ulm ist auch der Sitz von Teva Deutschland. Dieser Arm des israelischen Konzerns sei auch 2017 erfolgreich gewesen und werde die Jahresziele erreichen.
Gänzlich unvorbereitet wurde der Standort Ulm nicht von dieser Hiobsbotschaft getroffen: Bereits vor Tagen wandte sich die Geschäftsführung in einem internen Brief an alle Mitarbeiter. Darin wurde die Weihnachtsfeier des Standorts im Donautal mit der Begründung abgesagt, man müsse nicht geschäftskritische Ausgaben einsparen, weil sich das Gesamtunternehmen Teva in kritischer Lage befinde. In dem auch von Interimschef Christoph Stoller unterzeichneten Brief ist auch die Rede von „guten Ergebnissen“, die Teva in Deutschland erzielt habe. Und so hofft die Belegschaft in Ulm als eine profitable Abteilung eines kriselnden Riesens, ungeschoren davonzu- kommen. Zumal Teile der Teva-Führungsriege noch im November betonten, wie wichtig Ulm für die Zukunft des Konzerns sei. 500 Millionen Euro steckt Teva in den Standort Ulm für den Bau einer Biotechanlage. Teva ist zwar Weltmarktführer bei Generika, also nachgeahmten Arzneimitteln, doch weit größere Zukunftschancen sieht das Unternehmen im Bereich der biotechnologischen Arzneimittel, wie Carlo de Notaristefani, Chef der Teva-Sparte „Global Operations“, bei der Grundsteinlegung betonte.
Stoppt Teva das Halbe-Milliarde-Projekt in Ulm?
Ulm hatte sich in einem konzerninternen Wettbewerb gegen zahlreiche andere Teva-Standorte durchgesetzt, die selbst gerne zur weltweiten Drehscheibe der Biotech-Aktivitäten des Konzerns geworden wären. Nun kursieren in Ulm freilich Ängste, Teva könnte das im Bau befindliche Halbe-Milliarde-Projekt noch kurzerhand stoppen.
Doch so recht glauben mag das niemand, denn in biotechnologisch erzeugten Arzneimitteln liege die Zukunft, wie Teva-Bosse immer wieder betonten. Und vor diesem Hintergrund hätte Teva nach eigener Definition keine Zukunft mehr, wenn der Konzern den Bau der Biotechanlage in Ulm stoppen würden. Aber: Wie das israelische Wirtschaftsblatt The Marker berichtet, habe Teva Schulden von rund 30 Milliarden Euro. Der Hauptgrund: Die Übernahme von Konkurrent Actavis. Ein Mitglied des Betriebsrats war gestern für unsere Zeitung nicht erreichbar. Klar ist dennoch, dass in Ulm die Stimmung angespannt ist: „Bei 14000 Entlassungen werden wir nicht ungeschoren davonkommen“, sagt ein Mitarbeiter gegenüber unserer Zeitung. 90 Tage will sich der Konzern nach eigener Aussage Zeit nehmen, die betroffenen Mitarbeiter zu informieren. Stellenabbau war in Ulm bereits im Frühjahr Thema: Ein „sozial verträglicher“ Abbau von 100 Jobs im Bereich der immer automatisierter werdenden Produktion wurde längst eingeleitet.
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