Roland Pofalla wird erst 2015 Chef-Lobbyist der Bahn
Ex-Kanzleramtchef Roland Pofalla geht doch erst 2015 zur deutschen Bahn. Ein Jahr Karenzzeit lassen trotzdem nicht alle kritischen Stimmen verschwinden.
Eher beiläufig bestätigte Rüdiger Grube am Wochenende eine der brisantesten politischen Personalien der letzten Monate. Wie der Konzernchef am Rande der Feiern zum 125. Geburtstag des Bremer Hauptbahnhofes verriet, wechselt der ehemalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla Anfang nächsten Jahres zur Deutschen Bahn. Dort soll er als Chef-Lobbyist die Beziehungen zur Politik in Berlin und Brüssel pflegen. Dass der CDU-Mann seinen Dienst nicht schon früher antritt, ist auch eine Folge der heftigen Empörung, die Grubes Pläne im Januar ausgelöst hatten. Der Vorwurf der Postenschieberei war damals noch einer der geringeren. Bis heute ist unklar, wie lange Pofalla sich mit der Bahn schon handelseinig ist und ob dies womöglich Einfluss auf seine Arbeit im Kanzleramt hatte – zum Beispiel bei den Verhandlungen über die Liberalisierung des europäischen Schienenverkehrs.
Scharfe Kritik an Grube und Pofalla
Am Mittwoch wird Grube seinen Coup mit dem Aufsichtsrat des bundeseigenen Unternehmens diskutieren und dabei vermutlich auf wenig Widerstand treffen. „Mit dem Wechsel haben wir zwölf Monate Karenzzeit abgewartet“, betonte er gegenüber dem Weser-Kurier. Damit hat die Bahn eine der wichtigsten Forderungen ihrer Kritiker erfüllt, die ihr im Januar vorgeworfen hatten, sie kaufe sich mit viel Geld Insiderwissen aus der Beletage der Bundespolitik ein. Erschwerend kam hinzu, dass kurz zuvor mit Eckart von Klaeden bereits ein weiterer Vertrauter der Kanzlerin einen ähnlichen Umstieg vollzogen hatte: Der frühere Staatsminister arbeitet heute in einer vergleichbaren Position für Daimler wie Pofalla sie 2015 für Grube übernimmt.
Ein „Geschmäckle“ bleibt dann doch
Zwei solche Fälle auf einmal: „Das war damals ein wenig zu viel des Guten“, erinnert sich der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Martin Burkert, der früher selbst als Beamter bei der Bahn gearbeitet hat. Zwar bleibe auch jetzt noch „ein Geschmäckle“, sagt der Nürnberger SPD-Abgeordnete im Gespräch mit unserer Zeitung. Mit der Wartezeit von einem Jahr für Pofalla habe sich die Situation aber „normalisiert.“ Außerdem benötige das Unternehmen dringend jemanden mit guten Kontakten in die Politik: Pofallas Vorgänger Georg Brunnhuber geht in wenigen Wochen in den Ruhestand.
Bei der Bahn sind Seiteneinsteiger aus dem Bundestag oder den Landesregierungen seit jeher gern gesehene Mitarbeiter. So folgte dem langjährigen SPD-Verkehrsexperten Klaus Daubertshäuser Anfang 2006 der ehemalige bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu als Vorstandsmitglied. Als er drei Jahre später ausschied, engagierte der damalige Konzernchef Hartmut Mehdorn den bestens verdrahteten CDU-Abgeordneten Brunnhuber als Lobbyisten. Der frühere bayerische Finanzminister Georg von Waldenfels stand der Bahn als Berater zur Seite, der frühere Bundesminister Reinhart Klimmt diente ihr in Brüssel - allerdings erst nach einer Karenzzeit von 18 Monaten.
Pofalla bleibt zunächst vom Konzernvorstand ausgeschlossen
In den Konzernvorstand wird Pofalla nach Informationen unserer Zeitung zunächst nicht rücken. Als im Januar die ersten Spekulationen über den sich abzeichnenden Wechsel kursierten, hatte es noch geheißen, die Bahn wolle für ihn einen zusätzlichen Vorstandsposten mit einem Jahressalär von weit über einer Million Euro schaffen. Nun muss der Neue offenbar bis zum Jahr 2017 warten, um in den Olymp der Bahn AG einzuziehen. Dann scheidet ein Vorstandsmitglied aus und für Pofalla wäre ein Platz frei
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