Schattenwirtschaft: Jeder Zehnte arbeitet schwarz
Die Schwarzarbeit hat hierzulande gewaltige Ausmaße. Der Staat verliert Milliarden. Trotzdem fehlt oft das Unrechtsbewusstsein.
Vermutlich kennt jeder jemanden, der es tut: schwarzarbeiten oder schwarzarbeiten lassen. Acht bis neun Millionen Deutsche verdienen regelmäßig Geld am Finanzamt vorbei, schätzt der Ökonom Friedrich Schneider im Gespräch mit unserer Zeitung. Das kann der Fliesenleger sein, der nach Feierabend noch das Bad des Nachbarn renoviert. Die Hausfrau, die bei Bekannten putzt. Aber auch der Bauunternehmer, der im großen Stil Arbeiter aus Rumänien holt und sie mit dubiosen Werkverträgen anstellt.
Der Staat ist der große Verlierer
Der große Verlierer ist der Staat. Schneider geht davon aus, dass dem Fiskus heuer 340 Milliarden Euro durch nicht versteuerte Arbeit verloren gehen werden. Zwar sind die Zahlen aufgrund der guten Wirtschaftslage rückläufig, trotzdem sind das noch immer 13,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Anders ausgedrückt: In Deutschland wird noch immer etwa jeder siebte Euro schwarz umgesetzt. „Das vernichtet dauerhaft legale Arbeitsplätze und erhöht damit die Arbeitslosigkeit, bringt den Staat um Steuern und die Sozialversicherungen um Beiträge“, sagt ein Sprecher des Finanzministeriums.
Friedrich Schneider schätzt, dass in allen Dienstleistungsbranchen illegal gearbeitet wird. Ganz oben auf der Liste stehen Baugewerbe und Handwerk, gefolgt von Kfz-Werkstätten, dem Hotel- und Gaststättengewerbe und der Vergnügungsbranche. Besonders bei Handwerkern sitzt der Frust über die Konkurrenz durch Schwarzarbeiter tief. „Die seriös arbeitenden Betriebe leiden darunter massiv“, sagt Jens Christopher Ulrich, Sprecher des bayerischen Handwerktags. Die Schwarzarbeiter würden die Preise drücken und so Maßstäbe setzen, die legal arbeitende Handwerker nicht halten können.
Ulrich sieht den Staat in der Pflicht: Der Handwerkerbonus, also der steuerlich absetzbare Anteil an Bau- oder Renovierungskosten, müsse hochgesetzt werden. Im Moment können Haushalte 1200 Euro Handwerkerkosten im Jahr bei der Steuer geltend machen. Je höher dieser Betrag sei, desto weniger lohne es sich, einen Handwerker schwarz anzustellen, sagt Ulrich.
Schwarzarbeit gilt oft als Kavaliersdelikt
Im Finanzministerium ist man der Meinung, dass die Bekämpfung von Schwarzarbeit aber „nicht nur eine staatliche, sondern auch eine gesellschaftliche Aufgabe ist“. Es müsse ein Bewusstsein für die negativen Folgen von illegaler Arbeit geschaffen werden, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Denn Schwarzarbeit wird von vielen noch immer als Kavaliersdelikt angesehen. Einer Studie der Ökonomen Lars Feld und Claus Larsen zufolge findet jeder fünfte Deutsche Dienstleistungen ohne Rechnung zwischen Privatleuten „völlig akzeptabel“ – anders als schwarzfahren oder Steuerhinterziehung: Beides lehnt jeder zweite Deutsche rigoros ab.
Die Diskussion ist geschlossen.