Streit im Legoland: Druck auf Mitarbeiter?
Der Freizeitpark Legoland will dem Betriebsratschef kündigen. Dieser wehrt sich gegen die Entlassung. Doch dahinter könnte noch viel mehr stecken.
Vor dem Landesarbeitsgericht in München macht die Gewerkschaft Stimmung. Rund 40 Mitglieder blasen in Trillerpfeifen, greifen die Geschäftsführung des Freizeitparks Legoland bei Günzburg stark an. Von einem Farbanschlag, der eben auf das Gericht verübt worden ist, distanziert sich die Gewerkschaft dagegen klar. „Legoland will den Nikolaus abschaffen!“, ruft Tim Lubecki von der Gewerkschaft Nahrung - Genuss - Gaststätten, kurz NGG, ins Megafon, ein Demonstrant schlüpft ins Nikolauskostüm. Im Gericht dreht sich gestern die Verhandlung um Legoland-Betriebsratschef Nikolaus Lauter, der mit Vornamen zufällig so heißt wie der heilige Nikolaus, der Liebling der Kinder. Bei Legoland ist Lauter kein Liebling: Das Unternehmen hat ihm fristlos gekündigt. Lauter wehrt sich seitdem. Mittlerweile ist der monatelange Streit vor dem Landesarbeitsgericht gelandet.
Die Vorwürfe: unerlaubter Urlaub, Rufschädigung, Druck auf Mitarbeiter
Wo liegt das Problem? Legoland möchte, dass Lauter das Unternehmen verlässt. Drei fristlose Kündigungen hat man ausgesprochen. Der erste Vorwurf lautet, der Betriebsratschef habe sich unerlaubt Urlaub genommen. Dabei geht es um den Zeitraum vom 24. Dezember 2012 bis zum 2. Januar 2013 – also um vier Arbeitstage. Zweitens hält man Lauter vor, er habe sich in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung rufschädigend gegenüber seinem Arbeitgeber geäußert. In dem Text entstehe der Eindruck, bei Legoland würden Mitarbeiter angeschrien oder bedroht, wenn sie an einem Streik teilnehmen. Lauter wird wörtlich zitiert. Und drittens heißt es, Lauter habe seinerseits Mitarbeiter bedroht, wenn diese nicht streiken wollen.
Lauter sieht Vorwürfe als nicht gerechtfertigt an
Nikolaus Lauter hält die Vorwürfe für nicht gerechtfertigt. Er setzt sich zusammen mit Anwälten und der Unterstützung der Gewerkschaft gerichtlich zur Wehr, erleidet aber zunächst eine Niederlage. Im Mai urteilt die Neu-Ulmer Kammer des Arbeitsgerichts Augsburg, dass die Vorwürfe der Geschäftsführung gerechtfertigt seien – zumindest was den Urlaub und das Zeitungszitat betrifft. Doch Lauter gibt sich nicht geschlagen – und so findet das Verfahren inzwischen in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht in München statt.
Seit Monaten tobt ein Konflikt um einen Tarifvertrag
Vielleicht geht es aber gar nicht allein um Urlaub und Zeitungsinterviews, vielleicht dreht sich der Konflikt um Grundsätzlicheres: Diese Vermutung hat Gewerkschaftssekretär Tim Lubecki. Im Legoland tobt seit Monaten ein Konflikt zwischen Gewerkschaft und Geschäftsführung um die Einführung eines Tarifvertrages. Nach Ansicht der Gewerkschaft sucht die Legoland-Geschäftsführung da nach Gründen, einen unliebsamen Betriebsratschef loszuwerden.
Das Legoland bei Günzburg gehört zur britischen Merlin Entertainments Group, die über 80 Freizeiteinrichtungen weltweit betreibt, darunter das Gardaland am Gardasee oder die Sealife-Center. Lubecki zufolge gibt es in keinem Merlin-Park in Deutschland einen Tarifvertrag. „Das scheint für die Konzernleitung eine prinzipielle Frage zu sein: Tarifverträge will man nicht“, sagt Lubecki. Für ihn ist ein Tarifvertrag aber unerlässlich, um den rund 200 festen Mitarbeitern und 800 Saisonkräften im Legoland Günzburg mehr Sicherheit zu geben.
Abgesehen vom Gerichtsverfahren: gute Zusammenarbeit
Das alles hilft dem Betriebsrat Nikolaus Lauter freilich nicht. Für ihn geht es vor dem Landesarbeitsgericht abermals darum, ob er einen Urlaubsantrag abgegeben hat oder nicht. Er sagt Ja, die Geschäftsführung zweifelt es an. Und ist das Zeitungszitat nun gefallen oder nicht? „Ich habe das nicht gesagt“, beteuert Lauter vor dem Richter.
Lauter – der aufgrund des laufenden Verfahrens weiter seinen Job ausübt – ist im August in einer Betriebsratswahl bestätigt worden. Klammere man das Gerichtsverfahren aus, sei die Zusammenarbeit zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat derzeit eigentlich ganz gut, machen beide Seiten deutlich. „Eigentlich ist dies eine Situation, die nach einer Einigung schreit“, sagt deshalb Richter Hans Waitz. Er fordert gestern beide Parteien auf, nochmals Gespräche miteinander zu führen. Seine Entscheidung will er im Januar verkünden.
Über Weihnachten herrscht damit kein Frieden im Freizeitpark Legoland. Das Unternehmen selbst nimmt gestern nicht Stellung.
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