Warum Osram Probleme hat
Der Lichtkonzern Osram sieht sich einem rasanten Wandel der Branche weg von klassischen Lampen zu Leuchtdioden ausgesetzt. Doch in diesem Zukunftsgeschäft fallen permanent die Preise.
Ein Konzern, der die Sixtinische Kapelle in Rom und das für seine Bilder des Blauen Reiters berühmte Münchner Lenbachhaus mit Leuchten bestückt, sollte ein Hort zufriedener Mitarbeiter sein. Ja, dort sollten Beschäftigte stolz auf die Leistungen des Managements und der Entwickler sein. Sind sie auch. Aber nicht überall in der Osram-Welt ist die Stimmung gut.
In bayerischen Werken wie Augsburg will der Glanz der Sixtinischen Kapelle und des Kunstpalastes nicht auf die Mitarbeiter abstrahlen. Hier herrscht Existenzangst, was nicht verwundert, müssen die Beschäftigten doch in Augsburg seit Jahren mit immer neuen Schüben an Stellenstreichungen leben. Waren zu Hochzeiten des Standortes rund 2200 Frauen und Männer beschäftigt, sind es derzeit noch etwa 1200. Die Tendenz geht weiter nach unten, deutlich unter 1000, sodass nicht nur IG-Metall-Mann Roberto Armellini Angst hat, irgendwann könnte der Betrieb die kritische Größe unterschreiten, ab der er wirtschaftlich zu betreiben ist.
Strukturwandel gefährdet auch den Standort Augsburg
Noch besteht diese Gefahr nicht, da sind sich Betriebsräte und Gewerkschafter, die am Donnerstag in Augsburg an die Öffentlichkeit getreten sind, einig. Dafür lasse sich mit den in Augsburg produzierten Leuchtstofflampen, besser bekannt als Neonröhren, nach wie vor zu gutes Geld verdienen. Und das wird, wie Licht-Experte Markus Helle, Chefredakteur des Fachorgans Highlight früh prognostiziert hat, noch viele Jahre so sein. Demnach wäre die kleinere T-5-Leuchtstofflampe eine Überlebensgarantie für das Werk. Doch was passiert mittelfristig, wenn der Strukturwandel in der Branche weg von klassischen Leuchtmitteln hin zu LEDs – also Leuchtdioden – weiter an Fahrt gewinnt?
Dann könnte, befürchtet Gewerkschafter Armellini, auch der Augsburger Standort in Gefahr geraten. Damit das nicht passiert, werden die Beschäftigten-Vertreter aus Betriebsrat und Gewerkschaft sowie Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl nicht müde, an die Osram-Spitze zu appellieren, in dem Werk auch neue, innovative Produkte herzustellen. Seit 2008 gibt es diese Forderungen. Folgt man Armellini, haben sie trotz aller Runden Tische und kreativen Ideen aus dem Kreis der Mitarbeiter nicht gefruchtet.
Auch beim gestrigen Besuch von Osram-Chef Wolfgang Dehen im Augsburger Werk gab es nach Darstellung der IG Metall keine Zusagen für die Produktion von Zukunftsprodukten. LED – das ist in der Osram-Welt Regensburg. Dort hat der Konzern kräftig in diese Halbleiterbau-Elemente, die ausgehend von einem kleinen Chip Licht abgeben, investiert. Dort schien die schöne neue Lichtwelt, auf die Augsburger Osram-Beschäftigte neidisch blicken, lange heil zu sein.
Die LED-Welt ist nicht mehr heil
Doch selbst der Oberpfälzer Vorzeige-Standort wird von der neuen Sparwelle erfasst. Dort stehen wohl rund 100 Arbeitsplätze auf der Kippe. Denn die LED-Welt ist nicht mehr heil. Die Zahl aggressiver Wettbewerber aus Asien wie LG oder Samsung steigt. Die Preise verfallen und die Margen sinken, oft, wie ein Insider sagt, sogar unter die Renditen des traditionellen Geschäfts. Auch deshalb ist die Osram-Aktie nach Höchstwerten von rund 50 Euro abgestürzt und notierte zuletzt bei gut 32 Euro.
Hat Augsburg jetzt Grund zur Hoffnung? Kann sich der Standort allein mit traditionellen Produkten noch lange durchkämpfen? Die Betriebsräte sehen darin eine gefährliche Strategie. Sie fordern nach wie vor Investitionen in LED-Zukunftsprodukte für das Werk. Einen entsprechenden Beschluss könnte der Osram-Aufsichtsrat am 22. September fassen. Dann tagen die Mitglieder des Gremiums in Augsburg und werden mitbekommen, wenn die Beschäftigten an diesem Tag lautstark gegen den Arbeitsplatzabbau protestieren.
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