Weltbild: Groß geworden mit Büchern
Der Weltbild-Konzern startete als kleiner Zeitschriftenverlag in kirchlicher Hand. Die Geschichte eines Aufstiegs.
„Mit dem Segen Gottes – die säkularen Geschäfte der Bischöfe.“ So titelte hochachtungsvoll das Magazin Focus im Jahr 1996. Weltbild schickte sich gerade an, wirtschaftlich so richtig durchzustarten. Die gleichnamige katholische Zeitschrift Weltbild (Untertitel „christlich, kritisch, konstruktiv“), einst Flaggschiff des Hauses, hatte schon bessere Tage gesehen, die Auflage befand sich im schweren Sinkflug. Doch der Buchversandhandel blühte dank der geschickten Strategie von Geschäftsführer Carel Halff gerade auf. Bis zu 30000 Päckchen wurden täglich verschickt. Bei der 50-Jahr-Feier 1998 wurde bereits eine Milliarde DM Umsatz in der Firmengruppe erzielt.
Der Focus sah allerdings richtig, dass der Profit mit der Profanisierung des Verlagsprogramms erkauft wurde. Anstelle frommer Betrachtungen wurden Romane, Ratgeber und Hobbyliteratur feilgeboten. Als Zugpferd des unternehmerischen Erfolgs diente das preiswerte Buch. Das Weltbild-Sortiment ist seither eine raffinierte Mischung aus regulären Neuerscheinungen, verbilligten Sonderausgaben und günstigen Restposten. Neben Büchern enthielt der monatlich erscheinende, millionenfach verbreitete Katalog auch Tonträger und Videos. Das Sortiment ist inzwischen auf Nützliches und Dekoratives für Heim und Garten erweitert worden. Das Vertriebsnetz erfasst inzwischen auch Österreich, die Schweiz und Polen.
Anfangs Weltbild-Bücherdienst
Der Weltbild-Bücherdienst, wie er anfangs 1972 hieß, war zunächst ein zusätzlicher Service für die Bezieher der katholischen Zeitschriften des Verlagshauses, das 1948 als Winfried-Werk in Augsburg begonnen hatte. Schon dessen Verlagsdirektor Josef Hall hatte neben der Zeitschrift Mann in der Zeit ein Bücherprogramm aufgelegt, durchwegs kirchliche Titel wie das dreibändige Werk „Politische Heilige und katholische Reformatoren“ von Gisbert Kranz. In den 1980er Jahren blühte das Unternehmen auf, Verlage und Zeitschriften wurden am laufenden Band zugekauft. 1994 eröffnete Welt gemeinsam mit der Buchhandlung Hugendubel die drei ersten Filialen. Heute sind es insgesamt 469 Filialen unter dem gemeinsamen Dach. Seit 1997 präsentiert das Unternehmen außerdem sein Angebot im Internet unter weltbild.de. Ab 1999 vermarktet der „Jokers“- Katalog Restauflagen.
Flaggschiff wurde eingestellt
1998 zog das gesamte Unternehmen in das repräsentative moderne Weltbild-Verlagsgebäude in Augsburg-Lechhausen ein. Aber schon 1999 fusionierten die sieben Weltbild-Buchverlage mit fünf weiteren zur Verlagsgruppe Droemer Knaur mit Sitz in München. Je mehr das Buchgeschäft florierte, desto mehr kränkelte die Zeitschriftensparte. Eine Chefredakteurin des Edel-Frauenmagazins marie claire sollte 1999 das Weltbild als religiös angehauchtes Lifestyle-Magazin retten. Vergebens. Das Flaggschiff wurde eingestellt. 2008 stieß Weltbild den kompletten Zeitschriftenbereich an die französische Gruppe Bayard ab.
Damit ging aber auch die Rechtfertigung für die kirchlichen Anteilseigener verloren. Weshalb sollten deutsche Diözesen an einem Unternehmen finanziell beteiligt sein, das Geschäfte wie jedes andere Haus macht und kaum noch eine christliche Sendung erkennen ließ? Es gärte im Gesellschafterkreis. Einzelne Bischöfe wollten sich aus dem allzu weltlich gewordenen Sektor zurückziehen. Bestimmten Katholiken war der Vertrieb erotischer und esoterischer Literatur ein Dorn im Auge und sie forderten eine klare Haltung von ihren Oberhirten. Carel Halff, Vorsitzender der Weltbild-Geschäftsführung, räumte bereits früher einmal süffisant ein, dass die Wachstumsperspektiven „über die ursprünglichen Kernvorstellungen der Bischöfe hinausgehen“. Der Verkauf des Konzerns wurde im Juli 2008 in die Wege geleitet. Als potenzielle Interessenten wurden die Branchenriesen Bertelsmann, Thalia, Holtzbrinck und Hugendubel genannt. Den Wert der Weltbild-Gruppe taxierten Gewerkschafter damals auf 1,5 Milliarden Euro. Der Augsburger bischöfliche Finanzdirektor Klaus Donaubauer als Vorsitzender des Aufsichtsrats nannte diese Zahl aber „nicht realistisch“.
Tatsache ist, dass auch ein Dreivierteljahr später kein solventer Käufer gefunden wurde. Im April 2009 wurden die Verkaufspläne abgeblasen.
Das Unternehmen setzt auf das elektronische Buch
Jetzt will sich die Kirche abermals von Weltbild trennen. „Ja, es geht eine Ära zu Ende“, sagte Weltbild-Chef Halff am Dienstag unserer Zeitung. Mitarbeiter und Management seien den kirchlichen Eigentümern aber dankbar, dass Weltbild in den vergangenen Jahren den eingeschlagenen Weg des Wachstums gehen durfte, betonte er. Jetzt sei man aber „an einem Punkt angelangt, wo man die Aufbruchstimmung nutzen muss, das Unternehmen auf einen neuen Weg zu bringen“.
Der Weltbild-Chef bezog sich dabei vor allem darauf, dass der Konzern im Bereich elektronischer Bücher stark zulegt. Seit der Frankfurter Buchmesse habe Weltbild 150000 Kunden für das E-Book gewinnen können. „Es geht steil nach oben“, sagte Halff. Bei den Verkäufen elektronischer Büchern liege Weltbild zwischen Amazon und Apple bereits an zweiter Stelle.
Halff geht aber nicht von einem schnellen Weltbild-Verkauf aus. „Fachleute rechnen bei Firmen dieser Größenordnung mit einer Prozessdauer nicht unter 18 bis 24 Monaten“, sagte er. „Wir nehmen uns aber in die Pflicht, den Prozess kurzzuhalten“, fügte der Konzern-Chef an.
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