Wie der Bahnstreik die Firmen in der Region trifft
UPM, MAN, Audi: Wie reagieren die großen Unternehmen auf ausbleibenden Güterverkehr?
Nicht nur die Pendler sind verärgert über den Bahnstreik. Auch die Industrie richtet deutliche Worte an die Lokführer: „Was derzeit passiert, ist Gift für den Standort Deutschland“, poltert Achim Dercks, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. Auch der Präsident des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, steigt in das allgemeine Lamento ein: „Bei so langen Streiks stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit, denn sie schaden Wirtschaft und Verbrauchern gleichermaßen.“
Klar ist: Streiks sollen wehtun. Doch ganz Deutschland fragt sich: Darf ein Ausstand vier Tage dauern wie im Personenverkehr – und fünf Tage im Güterverkehr? Schließlich gab es einen Streik in dieser Größenordnung noch nie in der Geschichte der Deutschen Bahn.
Bahnstreik stellt vor allem die Autobranche vor Probleme
Die Autoindustrie jedenfalls werde keinen „vollständigen Ersatz aller Bahntransporte durch andere Verkehrsträger“ finden, schätzt Wissmann. Hersteller wie Audi in Ingolstadt sind in großen Teilen abhängig von der Bahn. 30 Prozent aller Produktionsteile kommen über die Schiene nach Ingolstadt. Der Vertrieb sei sogar zu 70 Prozent abhängig, heißt es beim Autobauer. Dieser leitet nun wichtige Lieferungen auf die Straße um. Doch welche wirtschaftlichen Folgen der Streik haben wird, will man in Ingolstadt noch nicht abschätzen.
Vor neue Herausforderungen stellt der Streik unter anderem die Augsburger Localbahn. Als „Last-Mile-Dienstleister“ organisiert das Logistikunternehmen den Gütertransport zwischen den Knotenbahnhöfen wie Ulm und Augsburg und den Unternehmen. Zu den Großkunden des Logistikunternehmens zählen MAN, UPM und der Kemptener Energiekonzern Präg, der eine Niederlassung in Augsburg betreibt und Hauptanteilseigner der Localbahn ist. Das Logistikunternehmen werde auch Strecken zu entfernteren Bahnhöfen zurücklegen, um die Lieferkette zu sichern, sagt Klaus Meyer, Leiter der Geschäftsentwicklung. Mit zeitlichen Verzögerungen rechnet er dennoch. Schlimmer noch sei der Imageschaden für die gesamte Branche. Eine Branche, die von ihrer Zuverlässigkeit lebt.
Die Hälfte der Transporte wird auch zuverlässig die Knotenbahnhöfe erreichen, sagt Meyer. Das Problem sei lediglich die Deutsche-Bahn-Tochter Schenker. Private Gleislogistiker fahren wie immer und sichern damit auch dem Kraftstoffhändler Präg einen geregelten Produktionsablauf. Geschäftsführer Gerd Deisenhofer erklärt, sein Unternehmen werde zu beinahe 100 Prozent über Gleise beliefert, nur zu geringen Teilen von Schenker.
Papierhersteller UPM trifft der Streik hart
Den Papierhersteller UPM trifft der Streik härter. Der Augsburger Werksleiter Wolfgang Ohnesorg erwartet Probleme und will den Transport wichtiger Rohstoffe möglichst auf die Straße umleiten. Nichtsdestotrotz werde das Unternehmen weiter der Bahn vertrauen. „Wir hoffen, dass der Streik am Sonntag endgültig endet.“ Darauf setzt auch der Augsburger Maschinenbauer MAN Diesel & Turbo. Zwar sei das Unternehmen nur in sehr geringem Maß vom Lokführerstreik betroffen, doch für Schwertransporte gebe es keine Ausweichmöglichkeiten, erklärt Sprecher Jan Dietrich Müller. „Eine Verlagerung auf die Straße kann aufgrund der erforderlichen Genehmigungen und logistischen Vorbereitungen nicht kurzfristig erfolgen.“
Beschert der Bahnstreik nun den Straßen-Logistikern einen Geldsegen? Davon geht man bei Dachser in Kempten nicht aus: „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass kaum zusätzliche Anfragen aufkommen“, heißt es in der Pressestelle. Schließlich transportiert Dachser vor allem Stück- und Sammelgut, während die Bahn Schüttgut und schwere sowie große Güter befördert.
Um die Unternehmen zu beruhigen, gibt die Bahn indes ein Ziel aus: Die Hälfte aller Gütertransporte sollen ihr Ziel erreichen. Ob das Versprechen gehalten wird, werden Industrie und Verbände am eigenen Leib erfahren.
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