Wie gestresst sind Europas Banken?
Europäische Zentralbank und Bankenaufsicht haben 48 Geldinstitute untersucht, um herauszufinden wie sie im Krisenfall reagieren würden. Im Fokus des Stresstests: italienische Banken
am Main Gespannt warten Anleger auf die Ergebnisse des neuen Bankenstresstests. Im Fokus stehen dabei vor allem die italienischen Geldinstitute – aber auch eine deutsche Bank ist unter Beobachtung.
Wer wurde getestet?
Am Freitagabend nach Börsenschluss – um 18 Uhr – veröffentlicht die Europäische Bankenaufsicht EBA ihre Analyse für 48 Großbanken aus 15 EU-Ländern sowie Norwegen. Alleine die 37 teilnehmenden Banken aus der Eurozone stehen für rund 70 Prozent der Bilanzsumme aller Institute in der Währungsunion. Aus Deutschland kommen acht Teilnehmer: die Landesbanken aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und die NordLB als Spitzeninstitute der Sparkassen; die DZ Bank als Zentrale der Genossenschaftsbanken; die Deutsche Bank und die Commerzbank. Keine neuen Zahlen gibt es für vier griechischen Banken, deren Ergebnisse wegen des auslaufenden Rettungspakets bereits im Mai veröffentlicht worden waren. Damals hatte die EZB bei keinem eine Kapitallücke festgestellt.
Was wurde getestet?
Auf Basis der Bilanzen vom Ende des vergangenen Jahres berechneten die Aufseher die Widerstandsfähigkeit der Banken im Fall eines kräftigen Konjunktureinbruchs über die drei kommenden Jahre. Damit einhergehen beispielsweise steigende Arbeitslosigkeit, sinkende Immobilienpreise, deutliche Verluste bei den Staatsanleihen, zunehmende Ausfallrisiken für Kredite sowie drohende Strafzahlungen durch Fehlverhalten der Bankmanager. Dabei passten die Prüfer das Szenario an die wirtschaftliche Stärke der einzelnen Länder und ihrer Institute an – beispielsweise muss ein wirtschaftlicher Absturz in Deutschland deutlich stärker sein als in Italien, um die Banken dem gleichen Stress auszusetzen. Der deutsche Bankenverband BdB hält den Stresstest für strenger als die vorherigen Belastungsproben. Härter als frühere Checks ist die Prüfung laut der Ratingagentur S&P dieses Mal zudem, weil neue Rechnungslegungsvorschriften verwendet werden. Diese führen bei den Banken dazu, dass sie früher für ausfallgefährdete Kredite vorsorgen müssen. Aber: Das Krisenszenario lässt sich nur sehr eingeschränkt auf die Realität übertragen. So haben die Aufseher etwa nicht konkret die Auswirkungen des Brexits betrachtet. Die simulierte Krise ist zudem härter als die Bankenkrise von 2008, und es wird davon ausgegangen, dass die Bankmanager keine Gegenmaßnahmen ergreifen.
Was folgt aus den Ergebnissen?
Offiziell durchfallen kann beim Stresstest keine Bank, denn es wurden keine Mindestanforderungen definiert. Allerdings werden die Aufseher die Ergebnisse verwenden, um den einzelnen Banken Vorgaben zur Erhöhung des Eigenkapitals zu machen. Analysten werden vor allem darauf achten, ob die Eigenkapitalquote der Institute im Test jene Schwelle unterschreitet, ab der die Bankenaufsicht Dividenden für die Aktionäre und Boni für die Mitarbeiter streichen darf. Sehen Ratingagenturen und Investoren hier ein Risiko, kann das den Aktienkurs der betroffenen Bank abstürzen lassen. Sorgenkinder sind vor allem die vier italienischen Banken, die noch Milliarden an faulen Krediten sowie italienische Staatsanleihen in den Büchern haben. Auf die Anleihen werden hohe Zinsen als Risikoaufschläge fällig, die sich durch die umstrittenen Haushaltspläne Roms noch weiter erhöhen könnten. Unter den deutschen Banken soll laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung die NordLB das Schlusslicht sein. Sie hat relativ wenig Eigenkapital, weswegen private Investoren gesucht werden. Die S&P-Analysten sehen die meisten Banken aber besser aufgestellt als noch im letzten Stresstest 2016. (afp)
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