Zukunftsatlas zeigt die Chancen unserer Region
Ein Forschungsinstitut sieht viele Möglichkeiten für Bayerns Zukunft. Doch es gibt Warnsignale. Während München gefolgt von Ingolstadt an der Spitze thront, fällt das Allgäu ab.
Eine Schneise zieht sich durch Süddeutschland, vom Landkreis Dillingen bis hinunter ins Ostallgäu. Diese Schneise haben die Analysten des Forschungsinstituts Prognos in ihre Deutschlandkarte gezeichnet. Sie bedeutet: Westlich und östlich von Schwaben boomt die Digitalisierung. Die Region allerdings hinke hinterher.
Alle drei Jahre veröffentlicht Prognos den „Zukunftsatlas“. An mittlerweile 32 Indikatoren werden die wirtschaftlichen Zukunftschancen aller Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland festgemacht. Beispielsweise an Wirtschaftsleistung, Patentanmeldungen, dem Altersdurchschnitt und der Zahl der Sozialhilfeempfänger.
Ingolstadt liegt auf dem dritten Platz
Für die Region zeigt sich ein gemischtes Bild. Zwar steht sie im deutschlandweiten Vergleich gut da. Augsburg befindet sich auf Rang 68, Kempten auf Rang 59 und das nahe Ingolstadt sogar auf Rang 3. Das Erfolgsrezept der Donaustadt: Große Wirtschaftskraft und viele Ausbildungsstellen machen sie für junge Erwachsene attraktiv. Andere Regionen haben dagegen Probleme, so das Ergebnis der Forscher.
Vor allem bei der Digitalisierung, die erstmals mit in die Bewertung einfloss. Einen bis fünf Sterne konnten die Gebiete holen, wenn sie im IT-Bereich Jobs bieten. München und sein Umland enteilen dabei dem Rest Deutschlands immer weiter. Unangefochten stehen sie auf Platz eins und zwei der Liste. Die bayerische Landeshauptstadt ist in Sachen IT-Entwicklung so gut, dass sie eine eigene Kategorie erhielt: fünf Sterne plus.
Doch der digitale Glanz strahlt nicht weit nach Westen. Landkreisen wie Dillingen, Günzburg oder dem Unterallgäu schreiben die Prognos-Analysten nur zwei Sterne und damit „weniger gute Chancen“ zu, von der Digitalisierung zu profitieren.
IHK spricht von einem schiefen Bild
Das ärgert Peter Lintner. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben wirft den Machern der Studie vor, unpassende Faktoren zu untersuchen. „Das Bild, das hier gezeichnet wird, ist schief“, sagt Lintner. Es komme für die Zukunftssicherheit weniger darauf an, wie viel eine Region zum technologischen Fortschritt beitrage. Sondern im Fall Schwabens vor allem darauf, wie gut sich die Industrie auf die Digitalisierung einstellen könne. Lintner sagt: „Wir sind die Werkbank. Wir haben den Nährboden, auf dem die Digitalisierung gedeihen kann.“ So sei die Arbeitslosenquote in Schwaben deutlich niedriger als im bundesdeutschen Schnitt.
Peter Kaiser war der Projektleiter für den Zukunftsatlas bei Prognos. Er sagt: „Unsere Daten sind keine Branchenbewertung.“ Soll heißen: Die Art und Weise, wie die Wirtschaftsleistung der Regionen zusammenkommt, ist nicht wichtig. So will Kaiser beispielsweise die hohe Abhängigkeit Ingolstadts von der Autoindustrie nicht bewerten. Die Digitalisierung nehme in Deutschland aber eine Sonderstellung ein. Deswegen werde sie gesondert beleuchtet und habe einigen Einfluss auf die Bewertung einer Region.
Zukunftsatlas bewertet Allgäu kritischer als zuvor
Kaiser geht es um Großtrends. „Wir erkennen eine zunehmende Metropolisierung. Gerade junge Dienstleistungsunternehmer ziehen in große Ballungszentren wie München, da sie von der immer besser werdenden Infrastruktur profitieren.“ Das führe dann dazu, dass den Metropolen der Nährboden für klassische Ausbildungsberufe entzogen wird. Es wird zu teuer für Lehrlinge und Azubis. „Big business verdrängt den Mittelstand“, sagt Kaiser. Die Situation in München sei außergewöhnlich. Städte wie Augsburg würden zunehmend zu den Wohnstätten für Leute, die in die chancenreiche, aber teure Metropole pendeln. Sie könnten es sich nicht mehr leisten, dort zu wohnen.
Im ländlichen Bayern sei die Situation gerade im Vergleich zu den neuen Bundesländern immer noch gut. Der Zukunftsatlas bewertet jedoch weite Teile des Allgäus sehr viel kritischer als noch vor drei Jahren. So fielen sowohl der Landkreis Ostallgäu als auch die Stadt Memmingen um rund 80 Plätze. Das Ostallgäu verschlechterte sich von Platz 79 auf Platz 160, Memmingen von Platz 56 auf Platz 132. Das liegt an einem Anstieg von Bedürftigen in der Bevölkerung, sagt Kaiser. Und an einer steigenden Zahl von Ausbildungsstellen, die nicht mehr besetzt werden können. Mit 18,2 Prozent sei dieser Wert im Ostallgäu einer der höchsten. Vor allem die Gastronomie habe dort Nachwuchsprobleme.
Auch zu diesem Umstand hat Peter Lintner eine andere Meinung. „Wir haben in Regionen wie Memmingen einen fast leergefegten Arbeitsmarkt, weil dort die Wirtschaft so stark ist“, sagt der Experte von der IHK. Eine Einschätzung wie die von Prognos machte aus einem Umstand, der eigentlich ein Segen sei, ein Problem.
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