Einsteins Revolution der Relativität begründete eine neue Ära der Physik
Seit 100 Jahren sind Zeit und Raum keine Konstanten mehr: Albert Einstein legte 1915 in Berlin seine Allgemeine Relativitätstheorie vor. Seitdem weiß die Welt: E=mc2.
Zur Zeit des englischen Physikers Isaac Newton vor gut 300 Jahren schien die Welt noch in Ordnung: Die Zeit tickte beständig vor sich hin und galt ebenso als unveränderlich wie der uns umgebende Raum. Dass Zeit und Raum "verformt" werden können, dass Uhren nahe einem massereichen Objekt langsamer gehen als in weiterer Entfernung - Newtons Zeitgenossen hätten dies als Hirngespinst abgetan. Selbst heute, 100 Jahre nach Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie, erscheinen deren Schlussfolgerungen vielen Menschen ebenso bizarr wie unglaublich.
Dabei gilt die Allgemeine Relativitätstheorie des gebürtigen Ulmers Einstein längst als fest etablierte Fundamentaltheorie der Naturwissenschaften. Die Grundidee seiner Theorie legte der später als Jahrhundertgenie gefeierte Wissenschaftler am 25. November 1915 der Preußischen Akademie der Wissenschaften vor. "Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle", sollte Einstein Jahre später in einem Aufsatz schreiben - dabei versuchte er doch jahrzehntelang, die Geheimnisse der Natur zu lüften.
Bereits 1905 hatte Einstein mit der Speziellen Relativitätstheorie die Newtonsche Vorstellung von Raum und Zeit als festen Größen widerlegt. Viel mehr müssten Raum und Zeit "relativ" gesehen werden - und zwar bezogen auf die Position des Betrachters, forderte Einstein und konkretisierte letztlich die Vorstellung einer vierdimensionalen "Raumzeit", die alles andere als unveränderlich war.
Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass die Lichtgeschwindigkeit von knapp 300.000 Kilometer pro Sekunde konstant bleibt - egal wie schnell sich die Lichtquelle bewegt. Einstein wies theoretisch nach, dass für die Besatzung eines fast mit Lichtgeschwindigkeit rasendes Raumschiffs die Zeit langsamer vergeht als für einen ruhenden Betrachter. Zudem ist neben Raum und Zeit laut der Speziellen Relativitätstheorie auch die Masse eines Körpers eine relative Größe: Sie nimmt mit der Geschwindigkeit zu.
Masse-Energie-Äquivalenz als Grundlage der Atomenergie
Die Erkenntnis, dass Energie und Masse eines Körpers äquivalent sind, hielt Einstein in der berühmtesten Formel der Wissenschaftsgeschichte fest: E=mc2, also Energie ist gleich Masse multipliziert mit dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit. Diese sogenannte Masse-Energie-Äquivalenz sollte später zur Grundlage der Nutzung von Atomenergie werden.
Mit seiner 1915 fertiggestellten und 1916 veröffentlichten Allgemeinen Relativitätstheorie legte Einstein dann eine neue Theorie der Graviation vor - sie beschreibt, wie massereiche Körper die Raumzeit verzerren. Acht Jahre brauchte Einstein, um das neue Gedankengebäude mathematisch einwandfrei zu formulieren. Und noch 1913 soll der große Physiker Max Planck geäußert haben, es werde Einstein "niemand glauben".
Doch die Allgemeine Relativitätstheorie sollte Einstein zum Weltstar machen, als sie 1919 erstmals überprüft wurde. Dabei ging es um die Folgerung aus Einsteins Theorie, dass massereiche Körper auch das Licht messbar ablenken. Also müsste beispielsweise die Sonne das Licht weit entfernter Sterne ablenken, das zu uns auf die Erde gelangt.
Albert Einstein: 100 Jahre Allgemeine Relativitätstheorie
Zur Überprüfung reisten im März 1919 Wissenschaftlerteams aus England zur Beobachtung einer totalen Sonnenfinsternis auf die westafrikanische Insel Principe und nach Nordbrasilien. Und tatsächlich kehrten die Forscher mit Bildern zurück, die Sterne am Rand der verdunkelten Sonnenscheibe mit etwas verschobenen Positionen zeigten. Mit einem Schlag wurde Einstein weltberühmt. "Lichter am Himmel alle schief", titelte im November 1919 die New York Times. "Einsteins Theorie triumphiert."
Heute zählt die Allgemeine Relativitätstheorie gemeinsam mit der Quantenmechanik zu den großen physikalischen Theorien des 20. Jahrhunderts - und ihr Schöpfer Einstein wird wohl immer zu den bescheidensten Wissenschaftsstars aller Zeiten gehören. "Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig", schrieb er 1952, drei Jahre vor seinem Tod.
AZ/AFP
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