Gifte in bunten Waschmitteln: Vor allem Senioren und Kinder sind gefährdet
Sie kommen so schön bunt und duftend daher. Immer mehr schöne, bunte, aber hochgiftige Reinigungsmittel bedrohen mehr und mehr auch die Gesundheit von älteren Menschen.
Sie sind lustig bunt und haben poppige Verpackungen, doch in ihrem Inneren lauert eine giftige Gefahr: Haushaltsmittel. Immer mehr Reinigungsmittel duften nach Zitrone oder Beeren verkauft.
Doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Haushaltsmittel zum Teil sehr giftig sind und inzwischen längst nicht nur die Gesundheit von Kindern bedrohen. Auch immer mehr alte Menschen vergiften sich mit Putzmitteln. "Im hohen Alter, bei bestimmten Erkrankungen und beginnender Demenz leidet der Geschmackssinn", sagen Fachleute des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), wo seit 50 Jahren die Nationale Kommission zur Bewertung von Vergiftungen angesiedelt ist. Dort will man deshalb die Prävention nun auf Alte ausweiten.
Giftige Haushaltsmittel: Wenn Senioren Putzmittel trinken
"Weil viele alte oder demente Menschen weniger schmecken, trinken sie auch größere Mengen der Substanz. Und wenn sie Symptome entwickeln, ist oft niemand da, der Hilfe holt - ganz anders als bei Kleinkindern", erklärt Kommissionsgeschäftsführer Axel Hahn vom BfR.
Müsste man das Gift nicht schmecken? Eigentlich schon. Aber bei alten Menschen und Kleinkindern helfen auch Bitterstoffe, wie sie einigen fruchtig oder blumig duftenden Reinigungs- und Schädlingsbekämpfungsmitteln bereits zugesetzt werden, wenig. "Die Bitterstoffe haben nicht den durchschlagenden Schutzeffekt, den wir uns von ihnen erhofft hatten", sagt Hahn. Denn: Auch kleine Kinder spucken eklig Bitteres nicht unbedingt aus, sondern schlucken es manchmal auch reflexhaft schnell herunter.
Vorallem neue Gel-Waschmittel bereiten den Experten Sorgen. Sie haben eine wasserlösliche Folie, werden deshalb auch Gel Caps genannt. Sie schauen aus wie Riesenbonbons: Bunt, glänzend verpackt und mit weicher, glatter Oberfläche. Sie wirken regelrecht appetitlich, aber nicht schrecklichen Folgen. "Doch die Caps enthalten im Vergleich zu anderen Waschmitteln deutlich höhere Konzentrationen an Tensiden", sagt Hahn. Das Gesundheitsrisiko beim Verschlucken ist also wesentlich größer.
Vor allem vor den Gel Caps warnen die Experten
In Frankreich, Großbritannien oder Italien, wo die Gel Caps schon länger auf dem Markt sind, steigt die Zahl der Anfragen an die Giftzentralen seitdem stetig - und auch in Deutschland sind bereits zahlreiche Fälle dokumentiert. "Wir haben vermehrte Anfragen zu diesen Waschmitteln", sagt auch Michael Deters vom Giftinformationszentrum in Erfurt, das für Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zuständig ist. Seit 2013 wurden dort 70 Fälle gemeldet. Erste Hersteller haben jedoch bereits auf die Kritik reagiert, Produktfarben und Verschlüsse verändert.
"Wir könnten solche Trends noch viel schneller erkennen, wenn wir endlich ein nationales Vergiftungsmonitoring hätten", sagt Hahn. Vergiftungsfälle werden in Deutschland bisher nicht systematisch erfasst und ausgewertet - weil Geld für Personal fehlt. Nur auf Nachfrage liefern die einzelnen Giftinfozentralen deshalb ans BfR zu. "Ein zentrales Register wäre sinnvoll, denn sonst stellt sich immer die Frage, ob eine Häufung nur ein regionales Problem ist", sagt auch Deters.
Das BfR hat eine Gift-Info-App
Für die nächsten Wochen sieht Deters vor allem wieder Anfragen zu den Frühjahrsblühern voraus - mit den typischen Verwechslungen von leckerem Bärlauch mit giftigen Herbstzeitlosen oder Maiglöckchen. "Zum Glück stellen wir im Laufe der Jahre jedoch fest, dass viele Pflanzen gar nicht so giftig sind, wie wir dachten. Es geht also in Zukunft vor allem darum, unnötige Übertherapie zu vermeiden. Denn in den meisten Fällen kann man sich entspannen", sagt Hahn. 2015 soll eine neue Klassifizierung der Giftigkeit von Pflanzen erscheinen. Deren Ergebnisse fließen auch in die Gift-Info-App des BfR ein, die seit Sommer 2013 besorgten Eltern via Smartphone Hilfe bietet.
Die drittmeisten Anfragen zu möglichen Arzneimittelvergiftungen bei Kindern erhalten die Giftinformationszentren übrigens, weil die Kleinen Mamas Pille geschluckt haben - die beruhigende Antwort der Fachleute darauf lautet: Bis zu einer Monatspackung kein Handlungsbedarf. dpa/AZ
Die Diskussion ist geschlossen.