Vor 20 Jahren wurde Dolly geklont
Dolly sorgte vor 20 Jahren für eine wissenschaftliche Sensation - und machte zugleich vielen Menschen Angst. Was mit dem süßen Lamm anfing, entwickelte sich schnell zum Zoo.
Am 23. Februar 1997 gab es erste Berichte über die Geburt des äußerst ungewöhnlichen Bergschafs. Dolly war der erste Klon eines erwachsenen Säugetiers. Das Klontier schürte weltweit Ängste und löste eine Grundsatzdiskussion über Ethik in der Wissenschaft aus. Denn mit dem erfolgreichen Klon stellte sich die Frage, ob es zukünftig auf geklonte Menschen geben könnte.
Heute steht Dolly ausgestopft in einer Vitrine des Royal Museums im schottischen Edinburgh. Sie entstand mit Hilfe des somatischen Zellkerntransfers (SCNT). Um den Klon zu schaffen, entfernten Forscher um Ian Wilmut und Keith Campbell vom Roslin-Institut bei Edinburgh bei einer Eizelle den Zellkern, in dem die Erbinformation steckt. An seiner Stelle platzierten sie den Zellkern einer Körperzelle. Die veränderte Eizelle wurde dann in einer Nährlösung zur Teilung angeregt und einer Ersatzmutter eingepflanzt.
Nach Schaf Dolly wurde trotz ethischer Fragen weiter geklont
Doch Dolly reichte nicht, das Klonen wurde trotz Ängsten und ethischen Fragen fortgeführt. Auf das Bergschaf folgte ein wahrer Klontier-Zoo. Besonders beliebt sind noch immer Pferde und Rinder, die für die Zucht geklont werden. "In den USA wird zum Beispiel das Sperma von geklonten Bullen verkauft", sagt Christoph Then vom Institut Testbiotech in München, das sich mit den Folgen der Gen- und Biotechnologie beschäftigt. "Es gibt dort auch Firmen, die in begrenztem Maße geklonte Rennpferde anbieten."
Auch aus anderen Gründen wird heute geklont. In China etwa wurde eine Klon-Kuh geboren, die ein zusätzliches Gen erhalten hatte, um die Fleischqualität zu steigern. In Südkorea werden erfolgreiche Drogenschnüffelhunde geklont - oder eben die verstorbenen Vierbeiner trauernder Hundebesitzer. Davon ist man in Deutschland weit entfernt. Hier wird das Klonen vor allem für die medizinische Forschung eingesetzt.
So werden an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München zum Beispiel Schweine geklont, die an Diabetes oder Mukoviszidose erkrankt sind. "Man kann an diesen Tieren testen, wie die Krankheit verläuft und ob Medikamente wirken. Das ist eine sehr wichtige Ergänzung zu Experimenten mit Mäusen", so Eckhard Wolf vom Genzentrum der LMU. Für solche Tiermodelle verändern Wissenschaftler häufig auch die Erbsubstanz, um dem Klon gezielt neue Eigenschaften zu verpassen. Das kann zum Beispiel von beschleunigtem Wachstum bis hin zu Resistenzen gegen Krankheitserreger reichen.
Das Kalb Uschi war der erste deutsche Klon
Professor Wolf klonte als erster Wissenschaftler in Deutschland ein Säugetier: Das Kalb Uschi kam 1998 auf die Welt. "Uschi wurde mehrfache Großmutter und war klinisch gesund", berichtet er. So gut erging es dem Klonschaf Dolly nicht. Gelenkbeschwerden und ein Lungenleiden machten ihr zu schaffen. Dolly musste schließlich im Alter von nur sechs Jahren eingeschläfert werden. Normalerweise werden Schafe im Durchschnitt fast doppelt so alt.
Dolly war am 5. Juli 1996 in Schottland geboren worden. Erst Monate später gingen die Forscher mit ihrem wissenschaftlichen Durchbruch an die Öffentlichkeit. Dolly lebte - zum Schutz vor Klongegnern und Hagelkörnern - in einem streng bewachten Betonblock und zerkaute Pillen mit Nahrungskonzentrat. Gras zupfen durfte der Klon nicht.
Doch wie auch Uschi zeigt: Ein vorzeitiger Tod muss kein typisches Schicksal eines Klon-Tiers sein. Forscher um Kevin Sinclair von der Uni Nottingham machten einen Gesundheitscheck bei 13 geklonten Schafen im Alter von sieben bis neun Jahren. Das entspricht einem Menschenalter von etwa 60 bis 70 Jahren. Vier der Tiere namens Debbie, Denise, Dianna und Daisy stammen aus derselben Zelllinie wie Dolly, besitzen also das gleiche Genmaterial. Die Schafe zeigten keine Zeichen frühzeitigen Alterns. Klon-Tiere könnten ein langes und gesundes Leben führen, schrieb das Team im Fachjournal "Nature Communications".
Klon-Mensch ist für viele Kritiker ein Horrorszenario
Dennoch gibt es viel Kritik am Klonen von Tieren, auch weil viele Versuche scheitern und dabei Embryonen sterben. "Ich bin aus Tierschutzgründen dagegen", sagt Then von Testbiotech. Eines seiner Argumente: Die Vielfalt werde dadurch reduziert. Für besonders wichtig hält der promovierte Tierarzt mit Blick auf Klon-Fleisch die Transparenz und Wahlfreiheit für den Verbraucher: "In Großbritannien sind bereits geklonte Tiere in den Handel gelangt."
Ein Horrorszenario für viele Kritiker ist die Erschaffung eines Klon-Menschen. Die Raelianer-Sekte hatte vor Jahren lauthals verkündet, solche menschliche Kopien seien bereits geboren und unter uns - gesehen hat man sie allerdings nie und Experten hatten auch damals schon den Wahrheitsgehalt sehr stark angezweifelt. Das Klonen von Menschen lehnt auch Dolly-Schöpfer Wilmut übrigens strikt ab. "Wie soll ich damit klarkommen, mit jemandem zusammenzuleben, der genau so ist wie ich?", fragte er in einem Interview. "Ich glaube, die meisten von uns fänden es ziemlich schwierig, mit sich selbst zu leben." dpa/sh
Die Diskussion ist geschlossen.