Haustiere trotz Allergie: Diese Tiere sind für Allergiker geeignet
Für Allergiker sind nicht alle Haustiere geeignet. Wir erklären, welche Tiere auch bei einer Allergie möglich sind.
Die Haustier-Wahl bei einer Allergie ist nicht einfach. Katze, Kaninchen, Kamel oder Chamäleon? Das ist der sechsjährigen Jana ziemlich egal. Hauptsache sie bekommt endlich ein Haustier. Seit Monaten liegt sie damit ihren Eltern in den Ohren. Doch die Familie hat ein Problem: Janas zweijähriger Bruder hat mehrere Nahrungsmittelallergien und leidet an einer schweren Neurodermitis. Welches Tier kann sich die Familie anschaffen, ohne dass sich seine Beschwerden verschlimmern?
Noch vor wenigen Jahren hätte man einer Allergiker-Familie wie dieser von Haustieren strikt abgeraten. Es erschien klar, dass Tiere in Allergiker-Haushalten die Probleme weiter verschlimmern können. Ganz so eindeutig ist die Lage inzwischen nicht mehr. „Haustiere, vor allem Hunde, können auch vor Allergien schützen“, sagt Professor Claudia Traidl-Hoffmann, Chefärztin der Umweltmedizin am Klinikum Augsburg und Direktorin des Instituts für Umweltmedizin der TU München. Sie bezieht sich dabei auf neuere Studien, die ergaben, dass sich Hundehaltung bei Risikokindern positiv auswirkt. Doch noch ist nicht eindeutig, welche Empfehlungen für die Praxis man daraus ableiten kann. Daher sollten sich betroffene Familien von einem Allergologen beraten lassen, bevor sie sich ein Tier anschaffen.
Haustiere für Allergiker: Katzen sind bei einer Allergie tabu
Eine große Rolle spielt, ob Kinder schon Symptome einer Allergie haben oder nur als gefährdet gelten, weil allergische Erkrankungen in der Familie gehäuft vorkommen. Die Neigung zu Allergien (Atopie) wird nämlich zu einem großen Teil vererbt. Wer schon eine Allergie hat, dem bleibt nichts anderes übrig, als die Auslöser möglichst zu meiden. Oft kommen weitere Allergien hinzu, wenn Atopiker lange Zeit aggressiven Allergenen – etwa Katzenhaaren – ausgesetzt sind. Daher raten Experten meist von felltragenden Haustieren wie Katze, Kaninchen und Meerschweinchen ab, wenn ein Familienmitglied an allergischen Erkrankungen wie Asthma, Neurodermitis oder allergischem Schnupfen leidet.
„Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass ein Kind mit Neurodermitis eine Tierhaarallergie entwickelt, wenn es ständig mit diesen Allergenen in Kontakt kommt“, sagt Professor Thomas Fuchs, Vizepräsident des Ärzteverbands Deutscher Allergologen und Leiter der Allergologie der Universitätsmedizin Göttingen. „Katzen, Meerschweinchen und Hamster sind besonders gefährlich, und zwar genau in dieser Reihenfolge.“ Er rät daher zu großer Vorsicht – auch weil es tragisch wäre, wenn Kinder im Fall einer Allergie ihr Tier wieder abgeben müssten. Der Immenstädter Hautarzt und Allergologe Professor Torsten Schäfer sagt: „Vor allem kleine Nagetiere mit Fell sind für Neurodermitiker ungeeignet.“ Ähnliches gelte auch für Asthmatiker. Bei Tieren ohne Fell, etwa Schildkröten oder Fischen, ist das Allergierisiko dagegen gering. Allenfalls kommt es manchmal vor, dass sich Allergien gegen Fischfutter entwickeln.
Bei Gefährdung für eine Allergie sind Haustiere sogar gut
Wenn Kinder keine Beschwerden haben, gelten andere Empfehlungen. Sie brauchen nicht auf ein Haustier zu verzichten – im Gegenteil. Offenbar wirkt es sich sogar positiv aus, wenn allergiegefährdete Kinder mit Hunden aufwachsen. „Grundsätzlich ist die Idee, dass man Allergien verhindert, indem man Kinder von Allergenen fernhält, mittlerweile überholt. Das gilt für die Tierhaltung wie für die Ernährung“, sagt Traidl-Hoffmann. So hat etwa die vor einem Jahr veröffentlichte internationale LEAP-Studie („Learning Early About Peanut Allergy“) ergeben, dass Kinder mit hohem Allergierisiko seltener Erdnussallergien bekommen, wenn sie schon als Baby regelmäßig mit erdnusshaltigem Essen gefüttert wurden. „Heute weiß man, dass die frühe Konfrontation mit Allergenen zur Toleranzentwicklung beitragen kann“, sagt die Expertin. Schon vor Jahren fanden Forscher bei Kindern, die auf dem Bauernhof aufgewachsen sind, weniger Allergien. Insbesondere das Zusammenleben mit Kühen wirke sich positiv aus, meint Traidl-Hoffmann: „Traditionelle Tierhaltung, bei der Tier und Mensch unter einem Dach leben, scheint gerade für Risikokinder eine schützende Wirkung zu haben.“
Für Städter lässt sich das kaum machen. Sie könnten aber über einen Hund nachdenken: Der aktuellen Leitlinie „Allergieprävention“ zufolge erkranken Kinder, die zusammen mit einem Hund aufwachsen, seltener an Neurodermitis, zum Teil auch an Asthma. „Hundehaltung ist nicht mit einem erhöhten Risiko verbunden. Eventuell wirkt sie sogar präventiv“, fasst der Dermatologe Schäfer zusammen, federführender Autor der Leitlinie. Die Gründe dafür sind unklar. „Hunde tragen vieles ins Haus, was das Immunsystem der Kinder stimulieren kann“, sagt Schäfer. Und eine frühe Immunstimulation, so vermutet man heute, kann vor Allergien schützen. Bei Katzen funktioniert dieser Mechanismus allerdings nicht. Bei ihnen ergab sich kein schützender Effekt; manche Studien zeigten sogar, dass sich Katzenhaltung bei Risikokindern negativ auswirkt. Daher sollten sich betroffene Familien keine Katze anschaffen, heißt es in der Leitlinie.
Warum Katzenhaltung eher mit Risiken verbunden ist, ist unklar. Katzenallergene, die sich in Speichel, Tränenflüssigkeit und Hautschuppen der Tiere befinden, gelten als besonders stabil und aggressiv. So erklärt der Dermatologe Fuchs: „Bei diesen Allergenen handelt es sich um winzige Partikel, die sehr tief in die Schleimhäute eindringen.“ Die Partikel haften an Staubteilchen und werden darüber im ganzen Haus verteilt. Sie sind jahrelang nachweisbar.
Eine Katze wäre für Janas Familie also nichts. Einen Hund dagegen, so findet Traidl-Hoffmann, „sollen sie sich ruhig anschaffen“. Der Dermatologe Fuchs äußert sich da zurückhaltender: „Ein Hund geht vielleicht“, sagt er. Wirklich raten möchte er zu einer solchen Anschaffung nicht. Einfacher zu beurteilen ist die Situation, wenn im Haushalt bereits ein Tier lebt: Nur deshalb, weil ein Baby ein erhöhtes Allergierisiko hat, muss man das Haustier laut Leitlinie nicht weggeben – und das gilt in der Regel auch für Katzen. Weil die Studienlage hinsichtlich Katzen nämlich widersprüchlich ist, haben die Autoren auf eine allgemeine „Empfehlung zur Abschaffung“ verzichtet.
Auch hypoallergene Haustiere können Allergien auslösen
Und was ist von hypoallergenen Katzen- und Hunderassen zu halten, die auch für Tierhaarallergiker geeignet sein sollen? Leider wenig, so heißt es beim Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB). „Die Tiere sind nicht frei von Allergenen und können durchaus auch unterschiedliche Allergenmengen aufweisen“, erkärt Anja Schwalfenberg vom DAAB. Offenbar hängt es nicht von der Rasse, sondern von individuellen Faktoren ab, wieviele Allergene ein Tier produziert.
Jana jedenfalls hat es geschafft, ihre Eltern von einem Haustier zu überzeugen. Die Familie hat sich für recht exotische Tiere entschieden: nämlich für zwei Weißbauchigel. Gesundheitliche Probleme haben sie den Kindern bislang nicht bereitet. Aber: Die Tiere sind nachtaktiv und zum Kuscheln eher ungeeignet.
Die Diskussion ist geschlossen.