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Vor 100 Jahren
16.06.2014

Wie der Erste Weltkrieg mit einer riesengroßen Panne begann

Deutsche Soldaten ziehen im August 1914 in den Krieg.
Foto: Dpa

Der Erste Weltkrieg steht für grausames Töten. Er begann vor 100 Jahren. Mit einer seltsamen Aktion in einem kleinen luxemburgischen Städtchen. Und einer riesengroßen Panne.

Man kann – erst recht in Bayern – den Schreckensruf gut verstehen, der sich da am 1. August 1914 gegen 18 Uhr rund um den Bahnhof des kleinen Ortes Troisvierges in Luxemburg verbreitete: „D’Preise sën do!“ Aus der moselfränkischen Mundart, die die Luxemburger sprechen, ins Schriftdeutsche übertragen: Der Feind schlechthin – der pickelhaubige Preuße – war in das Ländchen eingefallen. Noch vor dem offiziellen Kriegsbeginn am 2. August jenes europäischen Schicksaljahres drang er mit aufgepflanztem Bajonett in das kleine Großherzogtum in den Ardennen ein. Fünf Militärfahrzeuge mit 100 Mann des Infanterie-Regiments 69 aus Trier überschritten hier im Dreiländereck Luxemburg/Belgien/Deutschland die erste Grenze im Ersten Weltkrieg. Die eisernen Würfel waren gefallen.

Freilich, „d’Preise“ wurden ihrem Ruf, doch nicht so schnell zu schießen, zunächst durchaus gerecht. Leutnant Feldmann und seine Truppe eroberten ziemlich kampflos den strategisch bedeutsamen Bahnhof Troisvierges. Hier liefen nicht nur die Schienenstränge der Strecken nach Belgien und in das Deutsche Reich zusammen, sondern auch die Telegrafenlinien zwischen den drei Staaten. Ein ausgesprochener Hotspot also.

Beim Bahnhofsvorsteher entschuldigt

Pistolenschwingend sorgte Feldmann mit der Androhung, ansonsten von der Waffe Gebrauch machen zu müssen, dafür, dass der Morseapparat zerstört wurde. Seine Mannen rissen auch gleich Schwellennägel heraus und bauten meterweise Gleise ab. Doch schon gegen 20 Uhr an jenem 1. August 1914 erreichte den Offizier der Befehl, sich sofort hinter die deutsche Grenze zurückzuziehen. Artig entschuldigte er sich bei Bahnhofs-Vorsteher Jules Thiry für den Einmarsch in das neutrale Land mit den Worten: „Es war ein Irrtum, dass wir gekommen sind.“

Ein „Irrtum“ mit kurzem Verfallsdatum. Schon um 5 Uhr des folgenden Morgens trafen sich der Offizier und der Stationsbeamte an dem unterhalb des Städtchens gelegenen Bahnhof wieder. Der Dialog der beiden war lakonisch. Feldmann: „Da sind wir wieder.“ Thiry: „Das habe ich ein wenig geahnt.“

Von Irrtum keine Rede mehr. Diesmal blieben „d’Preise“ vier Jahre. Bis der Große Krieg vorbei war, der vor nunmehr 100 Jahren hier, an den Abhängen der Ardennen, seinen verfrühten Anfang nahm. Das Tohuwabohu in Troisvierges steht dabei für das Allgemeine im Besonderen: für verheerendes Krisenmanagement beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Der Kaiser in Berlin und andere Potentaten entschieden nächtens im Nachthemd über Krieg und Frieden. Gleichsam zwischen Tür und Angel öffneten sie die Pforten der Hölle.

Troisvierges, heute 3017 Einwohner, ist mit seiner Beschaulichkeit ein ziemlich unspektakulärer Ort des Erinnerns. Nirgendwo ist eine Spur der zweifelhaften Glorie düsterer kriegerischer Symbolorte wie Verdun, Ypern oder Langemarck zu entdecken. Am außergewöhnlichsten ist noch, dass die Kommune gleich drei Namen trägt: Troisvierges (französisch: drei Jungfrauen); Ëlwen (bedeutet in der Landessprache letzeburgisch: Elfen); Ulflingen (deutsch).

Anschluss an die große weite Welt

Zunächst flüchtig belebt als Ziel von Pilgerreisen zu mythologischen drei Jungfrauen, hatte das waldreiche Idyll im Schiefergebirge nach 1866 Anschluss an die große weite Welt gefunden, als die Eisenbahnen in Richtung Belgien und Deutschland gebaut wurden. Rasch entwickelte sich der Knotenpunkt zu einem kleinen Eisenbahner-Städtchen mit bis zu 270 Bahn-Beschäftigten. Spätestens im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 war die Bedeutung des Schienenverkehrs für militärischen Nachschub und Truppentransporte auch hier an der Nahtstelle zweier „Erbfeinde“ offenkundig geworden: das Großherzogtum als Pufferstaat zwischen Frankreich und Deutschland.

Ortsbild und Lokalhistorie in Troisvierges sind nicht nachhaltig von dem Ereignis geprägt worden. Der Schauplatz der Episode, der alte Bahnhof, ist längst plattgemacht. Er wich einer neuen Allerweltsstation. Als einzige geschichtliche Reminiszenz findet sich hinter dem Publikumsschalter noch eine eingerahmte Fotografie des alten Empfangsgebäudes.

Verblasst wie dieses Bild ist auch die Erinnerung der allermeisten Bürger an die Merkwürdigkeiten vor 100 Jahren. Zumindest bei denen, die an diesem Tag das direkt am Bahnhof gelegene Café Clees besuchen. Die Gäste, die hier den abendlichen „Absacker“ genießen, reagieren mit Schulterzucken. Ebenso Lehrer Albert Hamen bei einem Gespräch im Rathaus. Bei seinen Schülern sei das Thema nicht präsent, sagt er, allenfalls bei einzelnen Älteren. Sein Kollege André Pletsch gibt zu bedenken, dass die Hälfte der Einwohner Ausländer seien, Zugezogene und junge Menschen. Also gewiss nicht die klassische Klientel für Lokalhistörchen.

Damit die große Stunde des kleinen Städtchens nicht ganz dem Vergessen anheimfällt, findet heute am Bahnhof eine Gedenkzeremonie statt. Auch eine Fotoausstellung ist geplant. Immerhin hat es Troisvierges ja in die europäischen Geschichtsbücher geschafft. Darin finden sich zwei Erzählmuster, weshalb ausgerechnet hier die Historie für wenige Stunden Zwischenstation machte und der Krieg einen Tag zu früh begann. Die eine Version ist politisch nicht ganz korrekt; die andere ziemlich plausibel.

Politisch nicht ganz korrekt dürfte die Variante sein, der Aufmarsch noch vor der für den 2. August festgelegten Mobilisierung der deutschen Heere sei keinesfalls eine irrtümliche Grenzplänkelei gewesen. Vielmehr schlugen nach dieser Darstellung „d’Preise“ wohldurchdacht zu. Das entschuldigende Stichwort dabei: verstärkter Bahn- und Grenzschutz. Noch 1870/71 hatte Preußen nämlich dem kleinen Nachbarland unterstellt gehabt, sich nicht neutral verhalten, sondern eine feindselige Haltung eingenommen zu haben. Kurzerhand hatte deshalb das neu geschaffene Deutsche Reich die Luxemburger Staatsbahnen zunächst auf 40 Jahre gepachtet – klar, dass die Preußen deshalb am 1. August 1914 auf „ihrem Bahnhof“ in Troisvierges für alle Fälle präsent sein wollten.

Der zweite, politisch korrektere Anlass zu Leutnant Feldmanns Einmarsch und raschem Rückzug nach wenigen Stunden hat mit dem hysterischen Agieren aller Großmächte gegen Ende der sogenannten Juli-Krise – der diplomatischen Aktivitäten angesichts der näher rückenden Feindseligkeiten – zu tun. Längst lag überall Pulvergeruch in der Luft. Es ging nur noch darum, der Gegenseite dafür die Verantwortung zuzuschieben. Die alles entscheidende Frage war dabei, ob England Frankreich und Russland zur Seite tritt oder neutral bleibt.

In dieser Stunde allergrößter Gereiztheiten gab sich Berlin allzu lange der Illusion hin, dass London nicht mobilmache. Das Reich wollte mit allen Mitteln vermeiden, durch Verletzen der Neutralität Luxemburgs und Belgiens Großbritannien einen Vorwand zum Kriegseintritt zu liefern. Deshalb wurde Feldmanns Trupp auf allerhöchste Order Seiner Majestät Wilhelm II. am 1. August zurückgepfiffen.

Eine Krisensitzung nach der anderen

Aus der Abfolge von Telegrammen, Ultimaten, Krisensitzungen samt Verkünden des „Zustandes drohender Kriegsgefahr“, Teil- und allgemeinen Mobilisierungen und finalen Kriegserklärungen am Ende der „Juli-Krise“ seien nur drei Szenen herausgegriffen:

1. August, 1.30 Uhr. In London fährt Premier Asquith mit dem Taxi zum Buckingham-Palast, um den König aufzuwecken. Er bittet Georg V., der sich einen braunen Morgenrock angezogen hat, an den Zaren zu appellieren, die russische Generalmobilmachung vom 30. Juli zu stoppen. Es ist die erste dieses Weltkrieges.

1. August, 17 Uhr. Telegramm des Berliner Botschafters in London, dass die Briten angeblich neutral bleiben wollen, falls Deutschland auf einen Angriff gegen Frankreich verzichtet. Kaiser Wilhelm untersagt Truppenbewegungen, bis eine Nachricht über das definitive Verhalten Londons eintrifft. Als Generalstabschef Helmuth von Moltke seinen obersten Kriegsherrn bittet, die Besetzung Luxemburgs nicht zu verhindern, weil sonst die dortige Bahn nicht beschlagnahmt werden könne, antwortet Majestät kurz angebunden, dann solle er „andere Bahnen“ benutzen. Gipfel der Zumutung: Wilhelm will in letzter Sekunde den Aufmarschplan für den Krieg noch ändern. Moltke ist am Boden zerstört.

1. August, 23 Uhr. Die wohl gespenstischste aller Nachtsitzungen findet im Berliner Schloss statt. Moltke sucht Wilhelm II. in dessen Schlafzimmer auf. Der ist schon im Nachthemd; darüber hat er nur einen Militärmantel geworfen. Der deutsche Botschafter in London hat kurz zuvor alle Hoffnungen zunichtegemacht, dass die Briten neutral bleiben. Wilhelm II. zu Moltke: „Jetzt können Sie machen, was Sie wollen.“

Alles Weitere war seit 1905 im Schlieffen-Plan festgelegt, benannt nach dem Vorgänger Moltkes. Seither rühmten sich deutsche Militärs demonstrativ: „Wir kennen den Weg nach Paris.“ Er führte im Prinzip durch ein Nadelöhr: zwei Korridore in Südbelgien und Luxemburg. Für den erwarteten Zwei-Fronten-Krieg war vorgesehen, zunächst mit der Masse des Heeres Frankreich anzugreifen und im Osten Russland hinzuhalten.

Vor allem der rechte deutsche Flügel sollte im Raum Paris die Streitkräfte des Nachbarlandes niederringen. Spitzen dieses Flügels standen denn auch vier Wochen nach Kriegsbeginn nur noch 20 Kilometer von der französischen Hauptstadt entfernt. Dann ereignete sich jedoch das, was jenseits des Rheins als „Wunder an der Marne“ gilt. In Deutschland dagegen kann man wegen haarsträubender strategischer und kommunikativer Pannen und dem Versagen der militärischen Führung nur von „Murks an der Marne“ sprechen.

Von diesem Zeitpunkt an – Anfang September 1914 – erstarrte auf Jahre die Front im Westen. Es begann auf 700 Kilometern ein Stellungskrieg mit allem, was die Haager Landkriegsordnung so hergab. Kleines mörderisches Detail: Allein für den Nahkampf hatten die Deutschen 27 verschiedene Modelle spezieller „Grabendolche“ parat. Zu den Massenmetzeleien mit solchen und anderen Waffen fiel einem französischen General nur ein: „Krieg ist das nicht, es ist Wahnsinn.“

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