
Aichacher zahlt 13 Monate lang keine Miete


Ein 36-Jähriger aus Aichach mietet eine Wohnung an, obwohl er sie nicht zahlen kann. Vor Gericht spricht er von einem Missverständnis. Und beschuldigt den Vermieter.
Immer waren andere schuld, oder es handelte sich um ein Missverständnis. So jedenfalls verteidigte sich ein 36-Jähriger aus Aichach, der bereits mehrere Vorstrafen hatte und gestern wegen Betrugs vor dem Aichacher Amtsgericht stand. Der Angeklagte hatte im August 2015 einen Mietvertrag über eine Wohnung abgeschlossen, obwohl er wusste, dass er die Miete nicht zahlen kann, lautete der Vorwurf. Richter Walter Hell sah in ihm den klassischen Betrüger. Auf den 36-Jährigen kommen noch weitere Klagen zu.
Bis heute hat der Angeklagte keinen Cent der monatlichen Miete in Höhe von 790 Euro an den Vermieter gezahlt, wohnt aber noch immer in dessen Wohnung. Er beteuerte: „Ich bin kein schlechter Mensch. Ich hatte nie vor, zu betrügen.“ Fakt ist allerdings, dass der 36-Jährige, der sich als „selbstständiger ITler“ bezeichnet, gerade mal ein paar Hundert Euro verdiente, als er den Mietvertrag unterschrieb.
Angeklagter macht psychische Erkrankung verantwortlich
Das hatte er zuvor weder dem Vermieter noch der Maklerin erzählt. Ganz im Gegenteil: In einer Selbstauskunft, die der Selbstständige im Namen seiner Firma für sich selbst gab, führte er ein Nettoeinkommen von 2800 Euro an. Der Vermieter bestätigte das als Zeuge: „Er hat immer darüber geredet, wie super seine Geschäfte laufen.“
Vor Gericht redete der Angeklagte vor allem darüber, wie schwer er es im Leben gehabt habe und wie ihn eine psychische Erkrankung belaste. „Die Krankheit zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben“, betonte er. Seine Krankheit habe es auch unmöglich gemacht, seinen Beruf weiter auszuüben.
2012 hatte sich der Mann als ITler selbstständig gemacht. Damals wohnte er noch bei seiner Mutter. Rund 200 bis 300 Euro habe er monatlich verdient, sagte der 36-Jährige aus. Bis 2015, als er den Mietvertrag für eine eigene Wohnung abschloss, sei der Verdienst auf 1600 Euro nach oben geschnellt.
Vermieter hat bis heute keine Kaution bekommen
Seine Antwort auf die Frage des Richters, warum er dann Nettoeinkünfte von 2800 Euro angegeben habe: „Aufgrund der kommenden Auftragslage hätte es gestimmt.“ Richter Hell sah das anderes: „Das war ja allenfalls eine vage Hoffnung.“
Der Vermieter allerdings hat bis jetzt weder eine Kaution noch Miete von dem 36-Jährigen bekommen. Das erste halbe Jahr hatte das Jobcenter die Miete übernommen. Seit April zahlt das Arbeitsamt jedoch nur mehr rund 460 Euro. Den Rest müsse der Angeklagte übernehmen, erklärte der Vermieter.
Nach Ansicht des 36-Jährigen hat ihn der Vermieter erpresst, weil er einen höheren Mietzins haben wollte. Der Vermieter berichtete dagegen, dass der Angeklagte unter anderem von ihm gefordert habe, ihm die Hälfte der Mietschulden zu erlassen, dann würde er ausziehen. Wegen Verleumdung würde er ihn als Nächstes verklagen, kündigte der Vermieter an. Ende des Monats wird die Räumungsklage gegen den 36-Jährigen verhandelt.
Der Betrüger muss ins Gefängnis
Richter Hell folgte in seinem Urteil weitgehend dem Plädoyer von Staatsanwältin Wiebke Kurth. Sie hatte eine fünfmonatige Bewährungsstrafe gefordert. Für eine Bewährung sah der Richter jedoch keine Grundlage mehr und verurteilte ihn zu einer fünfmonatigen Gefängnisstrafe. „Ich sehe keine Fakten, die belegen, dass Sie nicht wieder straffällig werden“, sagte er zu dem Angeklagten.
Denn erst wenige Tage, bevor dieser den Mietvertrag abgeschlossen hatte, war er wegen Betrugs zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Angeklagte sagte dazu zwar: „Das waren Missverständnisse.“ Doch Hell war überzeugt: „Sie sind der klassische Betrüger.“ Gegen das Urteil will der 36-Jährige Berufung einlegen.
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