Dunkle Abgründe und Räuberlegenden
Autor Maximilian Czysz ist in seinem Buch „Mordsgeschichten“ den „kleinen und großen Sünden unserer Vorfahren“ um 1900 auf der Spur. Im Schwäbischen und im Altbayerischen: Da darf ein Räuber natürlich nicht fehlen
Der moralische Zeigefinger des Zeitungsredakteurs sticht zwischen den Zeilen geradezu heraus: „Möge dieser Fall jedem Radfahrer zur Warnung dienen, ja recht vorsichtig zu sein beim Fahren durch Ortschaften.“ Bebenhausen bei Babenhausen, August 1897, ein sechsjähriges Mädchen wird von einem Velocipedisten überfahren und schwer verletzt. Unter „fortwährendem Erbrechen“ liegt das Mädchen „krank darnieder“. Das Fahrrad wird damals, entlehnt aus dem Französischen – oft Velociped („Schnellfuß“) genannt. Auf der Duden-Internetseite können wir zu Velociped „Gebrauch veraltet“ nachlesen. „Veraltet“ – doch im Jahr 1897 scheint die aus heutiger Sicht überschaubare Geschwindigkeit eines Velocipeds die Menschen bisweilen an ihre Grenzen zu bringen. Die Episode, die Maximilian Czysz in seinem Buch „Mordsgeschichten“ berichtet, ist lange her. Doch sie wirkt auf eine seltsame Weise aktuell. Und „Mordsgeschichten“? Allein der Titel des 208 Seiten umfassenden Buches, das jetzt in der Reihe „Augsburger Allgemeine Exklusiv“ erschienen ist, lässt ahnen, dass es hier um mehr geht als um unvorsichtige Radler.
„Mordsgeschichten“: Der Titel deutet einen durchaus heftigen Widerspruch des Lebens an. Wir sprechen von „Mordsspaß“ oder „Mordsgaudi“. Aber da ist eben auch der wohl größte Abgrund, in den sich ein Mensch hineinbewegen kann. Der Mord. Einem anderen Menschen, womöglich dem, den man liebt, das Leben nehmen. Es ist diese Widersprüchlichkeit, die über alle Zeiten hinweg die Menschen gleichermaßen abgestoßen, aber auch fasziniert hat. Und vielleicht ist es die scheinbare Abgeschiedenheit der Provinz, in der wir dieser Widersprüchlichkeit am intensivsten begegnen.
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