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Foto: Martin Golling
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Fritz Egner erzählt aus seinem „Leben zwischen Rhythm & Blues".

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So hatte das Büchereiteam um Brigitte Lechner die Tische mit alten Vinylscheiben dekoriert.

Lesung
14.03.2017

Fritz Egner erzählt in Aindling von seinem Leben mit der Musik

Von Martin Golling

Die Radiolegende berichtet im Pfarrheim von seinen Begegnungen mit Stars der Musikbranche und wie er zum Hörfunk kam

„Mein Leben zwischen Rhythm & Blues“ heißt das Buch, mit dem Radiolegende Fritz Egner seine Begegnungen mit Stars, Strippenziehern und Großverdienern, aber auch mit Scharlatanen, Wor-kaholics und Amateuren der Musikbranche beschreibt. Wie nebenbei wird daraus seine Biographie. Der 270-Seiten-Schmöker liegt neben ihm, als er im Saal des ausverkauften Aindlinger Pfarrheims daraus – nein – nicht liest, sondern redet, von Erlebnis zu Episode.

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Nach einer Stunde klappt er den Deckel zu, denn so, freisprechend und einfach erzählend, ist Fritz Egner jener Mensch, dessen Stimme aus unzähligen Rundfunksendungen und zahlreichen Fernsehproduktionen bekannt ist.

An Ostern 1956 setzte der siebenjährige Fritz zum ersten Mal einen Saphir auf eine Vinylscheibe, und es tönt „Tutti Frutti“ von Little Richard durchs Zimmer, durch die Türe und durchs Haus. „Mein Vater wähnte sich entsetzt im Dschungel“, berichtet Egner, und das hundertfache Nicken im Saal bestätigt diese Erfahrung.

Bisher seien im Hause Egner höchstens „Zwei rehbraune Augen“ oder Gediegenes von Peter Alexander zu hören gewesen. Und nun: Kulturschock. „Und ich? Ich hörte die ganze Urkraft dieser Musik. Wir haben eine neue Welt entdeckt, ja sogar einen anderen Planeten“, beschreibt Egner eindringlich die seither nie endende Faszination. Er setzt sogar noch eins drauf: „Wenn du das Glück hast, dass dich diese Musik so mitreißt, dann ist das wie ein Aufputschmittel ohne Nebenwirkungen.“ Beinahe hätte es doch Nebenwirkungen gegeben, denn die Sucht nach neuen Platten ließ Egner zum Ladendieb werden, doch die liebenswerte Verkäuferin ließ ihn ziehen.

Als er 1969 beim New-York-Besuch keine Karte mehr fürs Broadway Musical ergattert, macht er sich – als einziger weißer U-Bahnfahrer – auf den Weg zur Apollo-Bar in Harlem. Zum Konzert eines damals in Deutschland ziemlich wenig bekannten namens James Brown. „Ein Urerlebnis. Ich war so euphorisiert, dass ich den Rückweg zu Fuß durch den Central Park antrat – und das 1969, als Weißer! Wahnsinn, Martin Luther King war gerade ermordet worden (4. April 1968, Anm. d. Red.).“

Nach dem Studium, als Egner bereits in einem Labor arbeitet, hört der passionierte AFN-Hörer, dass sie bei den amerikanischen Radiomachern einen Toningenieur suchen. „Ich fühlte mich wie ein Hochstapler, als ich mich dort beworben habe. Aber sie nahmen mich“, grinst Egner noch heute über den frechen Coup.

Als der eingeteilte Moderator einmal verschläft, übernimmt Egner selbst die Sendung, bekommt zuerst einen Rüffel vom Chef und anschließend Lob von entscheidenden Hörern. Fünf Jahre werden es bei AFN, ehe ihm kein Geringerer als Thomas Gottschalk „durch Zufall“ die Tür beim Bayerischen Rundfunk öffnet. Zeitgleich arbeitet er bei Warner Brothers und lernt die „Szene hinter den Künstlern“ kennen. Von Anfang an lässt sich Egner von seinen Interviewpartnern ein Audioautogramm auf Band sprechen. Die berühmte Stimme der Soulgöttin verkündet so auch im Aindlinger Pfarrsaal: „Here is Diana Ross! Fritz, I love you.“

Irgendwann im Laufe des Abends, mitten im Erzählen, schreckt Egner auf: „Ich habe nicht auf die Uhr geguckt. Ich weiß nicht, wann geht die letzte U-Bahn bei euch?“ Und wieder brandet Lachen auf und Beifall für einen weiteren guten Gag.

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