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Foto: Foto: Schule
Foto: Foto: Schule

Mit Mobbingvorwürfen an der Kühbacher Schule musste sich jetzt das Landgericht Augsburg beschäftigen.

Aichach
30.09.2011

Mobbingvorwürfe gegen Schule: Eltern verurteilt

Von Nicole Simüller

Das Landgericht Augsburg hält an einem Urteil des Amtsgerichts Aichach auf üble Nachrede fest, mindert aber das Strafmaß: Ein Ehepaar aus Kühbach muss eine Geldstrafen zahlen.

Ein zermürbender Rechtsstreit um vermeintliches Mobbing an der Kühbacher Schule ist gestern am Landgericht Augsburg zu Ende gegangen. Wegen übler Nachrede wurden in zweiter Instanz ein 36-Jähriger zu einer Geldstrafe von 3600 Euro und seine Ehefrau (32) zu 1800 Euro verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.

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Richter Klaus Jelinek zeigte sich darüber „erschüttert, was hier abgegangen ist“. Denn die Auseinandersetzung zwischen den nicht vorbestraften Eltern und der Schule schwelt seit fast zwei Jahren (wir berichteten). Nachdem die Familie in den Markt Kühbach gezogen war, besuchten ab 2009 drei der vier Kinder dort die Schule. Die Eltern beschwerten sich massiv über Lehrer, die ihre Kinder mobben würden, und über die Unterrichtsverhältnisse. Sie schalteten diverse Behörden ein, die die Beschwerden als „nicht begründet“ ablehnten. Daraufhin zeigten die Eltern vier Lehrer, darunter den Schulleiter, wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Nötigung und Verleumdung sowie die zwei Leiter des Staatlichen Schulamts in Aichach wegen „Begünstigung von Mobbing“ an.

Anzeige wegen Verleumdung

2010 stellte die Staatsanwaltschaft alle Verfahren ein. Begründung: keine strafbaren Handlungen erkennbar. Nun zeigten die Lehrer die Eltern wegen Verleumdung an. Das Amtsgericht Aichach verurteilte die Eheleute im April zu je 4800 Euro Geldstrafe wegen übler Nachrede. Am selben Tag legte das Paar Berufung ein. Doch das Urteil des Amtsgerichts ist nun gültig – zumindest was den Sachverhalt angeht. Denn das Paar verzichtete gestern auf eine erneute Beweisaufnahme und forderte lediglich eine geringere Strafe.

Stephan Gerstenmeier, Anwalt des Mannes, gab eine Erklärung für beide Angeklagte ab. Diese hätten demnach nur ihre Kinder schützen wollen. Sie hätten „nie bewusst die Unwahrheit gesagt“, sondern ihren Kindern sowie der Schulpsychologin und dem Jugendamtmitarbeiter geglaubt. Diese beiden hatten aber die angesprochenen Aussagen am Amtsgericht nicht wiederholt.

Gerstenmeier ging auf die von den Eltern kritisierten Vorfälle an der Schule ein. Das kritisierten Staatsanwalt Franz Wörz und Nebenklagevertreter Günter Rieger als Rechtfertigung und brachte Rektor Alfons Kreppold auf die Palme. Lauter werdend verwies er auf Bestnoten, die die Schule bei anonymen Befragungen der Eltern erhalten habe. Die Angeklagten hätten „Krieg in dieser Sache“ gegen die Schule geführt – bis zwei Tage vor dem Prozess auch im Internet.

Meist mit gesenktem Blick

Die Eltern hatten zuvor in der verlesenen Erklärung eingeräumt, „überschnell reagiert“ und Unbewiesenes behauptet zu haben. Sie sicherten zu, keine unbewiesenen Behauptungen gegen die Schule und die Lehrer mehr zu erheben. Meist mit gesenktem Blick, teils lächelnd, saß der 36-Jährige neben seiner Frau. Ihre Anwälte hatten die beiden aufgefordert, sich nicht zu äußern. Im Saal verfolgten Vertreter des Schulamtes Aichach und der Kühbacher Schule den Prozess.

Richter und Schöffen schlossen sich in ihrem Urteil Staatsanwalt Wörz an. Dieser hatte 90 Tagessätze à 40 Euro für den Mann und 90 Tagessätze à 20 Euro für die Frau gefordert. Er warf beiden vor, „massive Vorwürfe“ erhoben zu haben, „die hinten und vorne nicht zutrafen“.

Nebenklagevertreter Günter Rieger nannte keine Zahlen, bat aber indirekt um eine höhere Geldstrafe als Wörz: „Man darf nicht vergessen, in welcher Art und Weise hier unbescholtene Leute beleidigt wurden.“ Dr. David Hansen, Verteidiger der Mutter, unterstrich, dass das Ehepaar sich „gewissermaßen entschuldigt“ habe. Anders als das Amtsgericht sehe er bei den Eltern keinen Vorsatz, falsche Behauptungen aufzustellen. Sie hätten sich auf die Aussagen ihrer Kinder verlassen. Für die Mutter sollten daher die Tagessätze auf 90 reduziert werden.

Der zweite Verteidiger forderte 60 Tagessätze à 40 Euro und bat um Rücksicht auf die drohende Entlassung seines Mandanten bei einer Verurteilung. Dieser ist als Beamter auf Probe beschäftigt. Richter Jelinek redete am Ende beiden Seiten ins Gewissen. Er forderte die Vertreter der Schule indirekt auf, in Zukunft „mit ähnlichen Problemen anders, zielführend“ umzugehen.

Den Eltern hielt er einen „Rundumschlag“ vor, mit dem sie den „Bogen überspannt“ hätten. Noch nicht entschieden ist über die Zivilklage der Schule gegen das Paar. Die Schule fordert unter anderem 1000 Euro, die für Schulprojekte verwendet werden sollen, und eine Unterlassungserklärung. Die Kinder besuchen mittlerweile andere Schulen.

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