
Aichach-Friedberg
Regen und Kälte bremsen den Borkenkäfer in Aichach-Friedberg aus

Plus Forstexperten fordern Wachsamkeit und Mut zum großzügigen Fällen von befallenen Bäumen, um den Borkenkäfer-Befall klein zu halten. Krisen halten den Holzpreis niedrig.
Schlimm schaut es aus in Deutschlands Wäldern. Große Flecken sind braun. In Hessen, im Sauerland, im Harz, in Oberfranken, in den neuen Bundesländern und bei unseren Nachbarn in Tschechien ragen großflächig Stämme von Fichte und Kiefer ohne Nadeln in den Himmel. Und wie schaut’s im Wittelsbacher Land aus? Nicht so gut – für den Borkenkäfer! Über 40 Waldbauern wollten sich im Forst bei Oberbernbach (Stadt Aichach) auf den aktuellen Stand bringen lassen. Denn der Borkenkäfer ist der Fichtenschädling Nummer eins.
Dieses Jahr scheinen die heimischen Wälder von dem Buchdrucker, eine Art des Borkenkäfers, aber weniger befallen zu sein. Ralf Lojewski, Förster im Revier Aichach, erklärt das mit 180 Litern Regen an vier Junitagen und kalten Nächten in den ersten Maiwochen. „Das hat den Buchdrucker ganz schön ausgebremst“, so Lojewski. Bei uns habe deshalb die erste Brut statt der normalen sechs Wochen Entwicklungszeit bis zu neun Wochen gebraucht. „Wir in Schwaben sind privilegiert. Um unseren Regierungsbezirk herum wird noch viel Käferholz anfallen“, prognostizierte Förster Martin Hollfelder von der Waldbesitzervereinigung Aichach.
Aichach-Friedberg: Forstexperten fordern Mut zum großzügigen Fällen
Dennoch fordern die Forstexperten von den Waldbesitzern Wachsamkeit und den Mut zum großzügigen Einschlagen von befallenen Bäumen. Im Wald bei Oberbernbach hat der Buchdrucker den beiden Förstern ideales Anschauungsmaterial beschert. 50 Festmeter Fichtenholz mussten gesägt werden, um den massiven Befall zu stoppen. Und einige befallene Fichten müssen noch gefällt werden.
Ein Stamm liegt am Boden. Mit dem Beil schält Forstanwärter Alois Reichenberger Rinde ab, und es kommen längsverlaufende Hauptgänge zum Vorschein. In diese senkrechten Gänge legt das Weibchen bis zu 60 Eier. Die Raupen des Buchdruckers fressen von hier aus waagerechte Quergänge, welche den Transport von Nährstoffen unter der Baumrinde unterbrechen.

Klimawandel verändert Forstwirtschaft
Obwohl die teils über 30 Meter hohen Fichten im 40-Meter-Radius weg sind, sieht das Gelände keineswegs aus wie frisch gerodet. Auf dem Boden wachsen flächendeckend junge Fichten nach. Dazwischen schimmern auch eine Tanne und einige Eichen. Wie in dem etwas älteren Jungbestand nebenan werden hier Eichen, Buchen und Lärchen mit hochkommen. Im Hintergrund steht eine ganze Gruppe an Lärchen. „Die Lärche gilt als stabil, sie wird bei uns 200 Jahre alt“, sagte Ralf Lojewski. Die Gruppe könne also stehen bleiben, bis die nächste Fichtengeneration zur Erntereife komme.
Lojewski erinnerte seine Zuhörer daran, dass an der Wetterstation in Mühlhausen im Jahr 2018 zum ersten Mal eine Jahresdurchschnittstemperatur von 10 Grad gemessen worden sei. „Bei diesen Temperaturen wird die Fichte nicht mehr 100 Jahre alt“, so Lojewski. Das müsse sie auch nicht. Wenn die Fichte in verringerter Standzahl zusammen mit Weißtanne, Eiche, Birke, Ahorn, Buche und sogar mit der Vogelbeere aufwachse, könne sie auch schon mit 60 Jahren geerntet werden.
Sturm Sabine: Schadholz ist inzwischen vermarktet
Als im Februar der Sturm Sabine übers Land zog, waren danach allein im Bereich der Waldbesitzervereinigung (WBV) Aichach 10.000 Festmeter Fixlängen zu vermarkten. Und dies, obwohl der Holzmarkt durch die hitze-, dürre- und käfergemachte Dauerkatastrophe als gesättigt galt. „Der Holzpreis sank von 60 Euro auf bis zu unter 30 Euro“, berichtete Förster Martin Hollfelder von der Zeit nach Sabine. Trotzdem hat die WBV Aichach laut Hollfelder das Sturm-Schadholz verkaufen können – die Mitglieder bekommen dafür einen Mischpreis von 49,50 Euro pro Festmeter. Alle Holz-Lagerplätze bis auf den bei der Feuerwehr in Oberbernbach seien inzwischen geräumt.

Hollfelder erinnerte daran, dass im vergangenen Jahr um diese Zeit bereits 600 Festmeter Käferholz vermarktet gewesen seien. Aber auch in diesem Jahr ist der Schädling aktiv. Gerade habe er einen Anruf abgearbeitet. Der Anrufer sprach von einem einzigen Baum, an dem die Rinde ab sei. „Als ich im Wald fertig war, hatte ich Bäume angezeichnet, die rund 50 Festmeter Holz bringen“, berichtete der WBV-Förster. Und der Preis? „Derzeit lässt sich frisches Käferholz mit noch intakter Rinde, vorne und hinten weiß, für 46 Euro verkaufen“, so Hollfelder.
Langholz ist sehr gefragt
Hackschnitzel würden derzeit alle auf Halde gehackt – für nur mehr einen Euro pro Schütt-Raummeter. Die Kiefer sei derzeit unverkäuflich, so der WBV-Mann. So geht es nach seiner Einschätzung erst einmal auch weiter. Bis November gebe es sicher keine Preisanhebungen, schätzt Hollfelder. „Wenn aber alles gut läuft, dann kann es danach schon wieder in den 70er-Bereich gehen. Es kann sich aber auch in Richtung 50 Euro pro Festmeter bewegen.“ Fakt ist, dass Schnittholz teurer geworden ist. Die Säger bezahlen derzeit also weniger für den Rohstoff und verlangen mehr für ihr Produkt.
Martin Hollfelder hat am Ende auch eine gute Nachricht für seine Klientel: Langholz sei sehr gefragt. Bei einer Länge von 18 Metern sollte der stehende Stamm aber einen Durchmesser auf Brusthöhe von mindestens 60 Zentimetern aufweisen, sagt er. „Wenn hier jemand eine Wagenladung zusammen-bringt, dann sind 80 Euro pro Festmeter drin.“
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