Wilde Beschimpfungen musste sich ein Feuerwehrmann aus dem nördlichen Landkreis anhören, als er im Juli bei einem Verkehrsunfall den Verkehr regelte. Ein heute 21-Jähriger beschimpfte ihn als „Nazi“ und „Hurensohn“ und drohte ihm mit der Faust. Wegen Beleidigung und Bedrohung musste er sich deshalb vor dem Jugendgericht am Amtsgericht Aichach verantworten. Dort fiel er Jugendrichterin Eva-Maria Grosse wegen Respektlosigkeit auf.
Der Feuerwehrmann konnte sich noch gut an den Einsatz erinnern. Die Stelle, an der er den Verkehr regelte, sei ein Engpass gewesen. Als er einen Bus kommen sah, signalisierte er dem Auto, in dem der Angeklagte als Mitfahrer saß, dass er anhalten sollte. Das habe der Fahrer aber ignoriert und sei stattdessen in die Kreuzung gefahren. Er habe ihm wohl etwas unwirsch zu verstehen gegeben, dass er die Kreuzung räumen solle, räumte der Feuerwehrmann ein. Beleidigt habe er die Insassen des Autos aber nicht.
Feuerwehrmann beleidigt und bedroht: Angeklagter spricht von „hitzigen Diskussionen“
Das hatte nämlich der Angeklagte ausgesagt. Laut seiner Aussage war es zwischen dem Fahrer des Wagens, seinem Bruder, und dem Feuerwehrmann zu hitzigen Diskussionen gekommen und er habe seinem Bruder zum Abschluss „Scheiß Hurensohn“ hinterhergerufen. Der 21-Jährige äußerte auch eine Vermutung, warum der Feuerwehrmann so hitzig reagiert haben soll: „Er war ein bisschen überfordert mit der Situation.“
Dass sein Bruder mit dem Wagen anschließend umkehrte, wieder zurückfuhr und er den Feuerwehrler zur Rede stellte, bezeichnete der 21-Jährige vor Gericht als „nicht die geschickteste Lösung“. Während sie „ein bisschen angefangen haben zu diskutieren“, wurden auch Anwohner auf das Geschehen aufmerksam. Laut der Aussage des Angeklagten sollen sie ihn beschimpft und beleidigt haben. „Ich habe mich von allen Seiten bedroht gefühlt.“ Einen alten Herrn habe er daraufhin beleidigt, nicht aber den Feuerwehrmann, sagte der 21-Jährige aus.
Eine 23-jährige Feuerwehrfrau schilderte den Vorfall anders. Als das Auto wieder zurückgekommen sei, sei es ihnen fast über die Füße gefahren, sagte sie aus. Der Angeklagte sei ausgestiegen und habe ihren Kollegen als „Nazi“ und „Hurensohn“ beschimpft und ihn mit der Faust bedroht. Weil er immer lauter wurde, seien auch mehrere Anwohner rausgekommen und hätten schließlich gesagt, dass sie die Polizei holen. Das bestätigte auch der Feuerwehrmann. Der Angeklagte habe mit geballten Fäusten so dicht vor ihm gestanden, dass er nicht mal zu seinem Funkgerät greifen konnte.
Geldstrafe für 21-Jährigen: Staatsanwalt hält Angeklagtem einen „stressigen Tag“ zugute
Auch wenn der 21-Jährige alle Vorwürfe abstritt, war Staatsanwalt Gregor Prijatelj trotzdem davon überzeugt, dass sich alles wie von den Feuerwehrleuten geschildert abgespielt hatte. Er hielt dem Angeklagten zugute, dass er einen stressigen Tag hinter sich hatte und es eine spontane Tat gewesen war. Nachdem der 21-Jährige eine eigene Wohnung und eine eigene Firma hat, sah Prijatelj bei ihm keine Reifedefizite und sprach sich dafür aus, ihn nach Erwachsenenrecht zu verurteilen. Er plädierte für eine Geldstrafe in Höhe von 1600 Euro. Sein Mandant sei damals noch keine 21 Jahre alt gewesen, sagte Verteidiger Ralf Schönauer, der sich für Jugendrecht aussprach. Die Auflagen stellte er ins Ermessen des Gerichts.
Jugendrichterin Grosse schloss sich der Sichtweise der Staatsanwaltschaft an. Der Feuerwehrmann habe einfach seinen Job gemacht und der Tag sei für ihn genauso stressig gewesen wie für den Angeklagten, so Grosse. „Er hatte sich im Gegensatz zu Ihnen aber unter Kontrolle.“ Es sei einfach unmöglich, einen Feuerwehrmann, der ehrenamtlich den Verkehr regle, so anzugehen, fand die Richterin. Auch wenn der Vorfall 18 Tage vor dem 21. Geburtstag gewesen war, sah Grosse bei dem Angeklagten keine Reifeverzögerung. Mit Blick auf das Handy des Angeklagten, das während der Verhandlung zweimal geklingelt hatte, war sie der Meinung, dass er eher ein Problem mit Respekt habe. Für die Jugendrichterin war es eine Premiere, dass sie einen Jugendlichen nach Erwachsenenrecht verurteilte. Wegen Beleidigung und Bedrohung verdonnerte sie ihn zu einer Geldstrafe in Höhe von 1600 Euro.
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