Rund 1000 Menschen haben sich am Samstag, einen Tag vor der Bundestagswahl, in Dießen versammelt, um mit der Initiative „Ammersee taucht auf gegen Rechts“ für Solidarität, mehr Menschlichkeit und gegen Rechts zu demonstrieren. Ausgestattet mit Bannern, Fahnen und Plakaten mit Aufschriften wie: „Deine Stimme gegen Rechts und für Europa“, „Die Welt ist bunt aus gutem Grund“ oder „Nie wieder ist jetzt“ versammelten sich die Demonstrierenden – junge Leute, Familien und Senioren – vor dem Marienmünster. Unterstützt wurde die Aktion vom Bund Naturschutz, Omas gegen Rechts sowie die Amnesty International Gruppe Ammersee.
Nach der Begrüßung durch die Veranstalter setzte sich der Zug, begleitet vom Soundmobil des Musikers Manuel da Col, in Bewegung durch Hofmark, Herrenstraße und Mühlstraße hinunter zum Ammersee, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Dort meldete sich auch der politische Dokumentarfilmer Niklas Wurmb-Seibel zu Wort, der einige Zeit in Afghanistan lebte und zu dessen Familie seit 2015 ein Pflegesohn aus Kabul gehört. „Er ist der beste Bruder für unseren ein Jahr alten Sohn – der lustigste, liebevollste und aufrichtigste Mensch, den meine Frau und ich kennen.“ Doch die Liste der Diskriminierungen gegen Migranten sei lang, betonte er. Seitens der Politik werde ein dystopisches Bild von Migration gezeichnet, und die Zahl der Menschen, die daran glauben, steige infolge des Diskurses.

Als Antwort würden „Schikanen und Symbolpolitik“ angeboten. Der Diskursraum werde – so wie es der amerikanische Präsident vormache – mit Fantasien von Abschottung und Härte geflutet. Dabei gehe es darum, nach Lösungen zu suchen, um die Bedingungen für Menschen mit Fluchtgeschichte zu verbessern, damit sie sich in die Gesellschaft einbringen können. „Dann laufen wir auch nicht mehr Gefahr, ständig auf Sündenbockerzählungen reinzufallen“, sagte der Filmemacher. Zu Wort meldete sich auch Faiz Hussainian-Knapp, der seit 34 Jahren in Deutschland lebt. Er betreue aktuell zwölf Flüchtlinge, die gerne arbeiten möchten, aber keine Arbeitserlaubnis erhalten. „Das finde ich nicht fair“, sagte der gebürtige Afghane, der seit etwa neun Jahren als Sportlehrer an einer Grund- und Mittelschule im Landkreis Landsberg arbeitet.
„Nicht die Migranten sind schuld, dass uns das Wasser bis zum Hals steht, das müssen wir bei der Wahl bedenken“, betonte Gerda Schlosser aus Utting mit Blick auf den Klimawandel, der im Wahlkampf kaum eine Rolle gespielt habe. Schon Albert Einstein habe gesagt: „Kluge Menschen suchen nach Lösungen, dumme nach Schuldigen“, betonte die Klimaschützerin. Die Demonstranten antworteten mit einem Sprechchor: „Klimaschutz jetzt!“
Sprecherin der Initiative: „Politik der vergangenen Jahrzehnte hat Probleme verschärft.“
Das Schlusswort hatte die Initiative „Ammersee taucht auf gegen Rechts“. Deren Erklärung verlas als Sprecherin Steffi Sanktjohanser: Demnach haben die Parteien, die seit Jahrzehnten regieren, die aktuellen Probleme, zum Beispiel in Bereichen wie Klima, Wohnen, Arbeitsbedingungen oder Bildung verschärft. Der Gegensatz zwischen Arm und Reich sei größer geworden, ebenso wie die Umweltzerstörung.
Es gehe in erster Linie darum, Gewinn zu erwirtschaften. So sei Elon Musk der rote Teppich ausgerollt worden, obwohl für ihn Arbeits- und Umweltschutz keine Rolle spielen. „Er durfte seine Tesla-Fabrik in Brandenburg ins Wasserschutzgebiet bauen.“ Ökologische Grenzen würden ignoriert, rechte Parolen von demokratischen Parteien übernommen, von denen die AFD profitiere. „Geschichte wiederholt sich“, Hass und Hetze seien Werkzeuge der AFD, darum gehöre diese Partei verboten. „Wir wollen eine solidarische Gesellschaft und den Ausbau von Solarenergie und Windkraft und keine Gasbohrungen in Reichling oder anderswo, ebenso wie den sofortigen Bau eines Frauenhauses im Landkreis Landsberg, anstatt 120 Millionen Euro für ein neues Landratsamt zu verplempern“, betonte Sanktjohanser mit Blick aufs Lokale. Sie sagte zudem: „Geht wählen, aber überlegt, wem ihr eure Stimme gebt. Bringt euch ein und engagiert euch für Veränderung“.
Zeit für weiteren Austausch und Dialog gab es nach der Demo in der „Freien Kunstanstalt“ in der ehemaligen Schreinerei Graf: „Nun gehe es darum, die Frage zu stellen, was machen wir nach der Wahl, wo sind die Perspektiven“, sagte die Sprecherin.
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