Eine 84-Jährige stand jetzt vor dem Amtsgericht Landsberg, weil sie gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte, der neben einer Geldstrafe wegen Fahrerflucht auch den Entzug des Führerscheins beinhaltete. Die Frau legte in der Verhandlung ein Schreiben ihres Hausarztes vor, um zu beweisen, dass sich das Ganze nicht wie von der Anklage vorgeworfen zugetragen habe. Die Richterin kam dennoch zu einem anderen Schluss.
Vorgeworfen wird der Frau, die in einer Ammerseegemeinde lebt, dass sie im vergangenen Juli in der Herrenstraße in Dießen ein neben ihrem Auto abgestelltes Fahrzeug beschädigt haben soll und anschließend geflüchtet sei, ohne sich um die Schadenregulierung zu kümmern. Eine Zeugin – die etwa 15 Meter von der Stelle entfernt war und ihre Beobachtungen in der Verhandlung schilderte – berichtete, die Frau sei aus ihrer Sicht zu schnell eingefahren auf den Parkplatz vor einem Geldinstitut. Dann habe das andere Fahrzeug gewackelt und die 84-Jährige sei zügig wieder aus der Lücke raus- und davongefahren.
Ein Arzt bestätigt, dass die Frau in seiner Praxis gewesen ist
Sie habe dort 25 bis 30 Minuten dort gestanden und sei bei ihrem Hausarzt gewesen, betonte hingegen die Angeklagte und legte eine entsprechende Bestätigung vor. In der Verhandlung widersprach sie sich aber auch teilweise. Mal äußerte sie „ich war es nicht“, um zu einem anderen Zeitpunkt zu sagen: „Vielleicht war ich es, aber ich habe nichts bemerkt. Ich habe mich beim Ausparken darauf konzentriert, dass ich das Gitter neben mir nicht touchiere und auf den Verkehr auf der Straße.“ Die Zeugin, die sich auch das Nummernschild notiert hatte, sprach von einem „deutlich wahrnehmbaren Wackeln.“ Dass die 84-Jährige nichts bemerkte, stellte auch Staatsanwältin Rebecca Görtler infrage. „Sie fahren einen Kleinstwagen, da merkt man so etwas eher als in großen Autos. Es ist eine Schutzbehauptung, um den Führerschein nicht zu verlieren.“
Wie die Bescheinigung des Arztes und die Zeugenbeschreibung vom schnellen Einfahren und Ausparken zusammenpassen, wurde in der Verhandlung nicht vollends aufgeklärt. Der Anwalt argumentierte, dass Zeugen das „unsicherste Beweismittel“ seien. Er signalisierte, dass seine Mandantin auch mit einer Einstellung des Verfahrens einverstanden wäre. Andernfalls brachte er weitere Gutachten ins Spiel, um zu prüfen, ob seine Mandantin den Unfall bemerkt haben kann. Sie sehe für eine Einstellung keinen Spielraum und auch keine Notwendigkeit für weitere Gutachten, antwortete die Staatsanwältin.
6700 Euro Schaden am beim Unfall beschädigten Fahrzeug
Der Anwalt der Frau verwies auf „kleine Abriebspuren“ am Lack und dass diese durch eine leichte Berührung zustande gekommen seien, sodass es wie von seiner Mandantin geschildert gewesen sein könnte. Es angesichts einer Schadenssumme 6700 Euro so kleinzureden, kritisierte die Staatsanwältin. Zudem kam in der Sitzung auf, dass am Fahrzeug des Geschädigten auch eine Delle entstanden ist. Richterin Marita Karg äußerte: „Für mich sieht das Schadensbild aus, als sei es beim Einparken entstanden.“
Die Staatsanwältin forderte 90 Tagessätze à 40 Euro sowie den Entzug der Fahrerlaubnis für acht Monate. Die Frau sagte dazu: „Ich könnte nebenher nicht mehr arbeiten, um meine Rente aufzubessern. Auch zu den Ärzten in Herrsching und Landsberg zu kommen, ist ohne Auto sehr schwer. Die Forderung würde mein Leben zerstören.“ Der Verteidiger beantragte einen Freispruch.
Die Richterin verhängte 60 Tagessätze à 40 Euro und acht Monate Fahrverbot. „Die Zeugenaussage ist glaubwürdig und ich bin angesichts der Schadensspuren überzeugt, dass sie es bemerkt haben.“ Zwar habe die Frau den Geschädigten an dessen Wohnort aufgesucht, aber keine Reue gezeigt, die schuldmindernd zu werten sei. Der Betroffene hatte ausgesagt: „Sie hat sich entschuldigt und gesagt, dass sie nichts gemerkt hat und sie sich den Schaden ansehen wolle.“ Richterin Karg verwies darauf, dass die Rechtssprechung in den meisten Fällen geurteilt habe, dass ab einem Schaden von 2000 Euro eine Uneignung vorliege und der Führerschein zu entziehen ist. Die 84-Jährige kann Einspruch gegen das Urteil einlegen.
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