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Dießen : Baustellen-Konzert in Dießen: Das Publikum feiert Konstantin Wecker

Dießen

Baustellen-Konzert in Dießen: Das Publikum feiert Konstantin Wecker

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    Ein Baustellen-Konzert gab der Münchner Liedermacher Konstantin Wecker im künftigen Carl-Orff-Museum in Dießen. Am Klavier begleitete ihn Jo Barnikel.
    Ein Baustellen-Konzert gab der Münchner Liedermacher Konstantin Wecker im künftigen Carl-Orff-Museum in Dießen. Am Klavier begleitete ihn Jo Barnikel. Foto: Thorsten Jordan



    Die Generalsekretärin der Carl-Orff-Stiftung, Judith Janowski, war sich schon bei der Begrüßung der rund 150 Gäste auf der Baustelle zum neuen Carl-Orff-Museum in Dießen sicher: „Dies wird heute ein Genuss für alle Carl Orff-Fans, alle Konstantin Wecker-Fans - und alle Fans von Baustellen-Konzerten.“ Tatsächlich absolviert das Münchner Liedermacher-Urgestein Konstantin Wecker, an seiner Seite der kongeniale Pianist und seit 35 Jahren Seelenverwandte Jo Barnikel, einen Auftritt in einer ungewöhnlichen Location: dem künftigen Dauerausstellungssaal des erst zur Hälfte fertiggestellten Dießener Carl-Orff-Museums, kurz COMU genannt.

    Durch die Eintrittsgelder zu dieser einmaligen Benefizgala – die beiden Musiker treten ohne Gage auf – kam ein mittlerer fünfstelliger Betrag zustande. Der Reinerlös kommt ausschließlich sozialen Projekten und dem schwerpunktmäßigen Inklusionsprogramm des COMU zugute. Konstantin Wecker, der ewige Weltverbesserer, zögerte jedenfalls nicht lange bei seiner Zusage für diesen speziellen Event. Und feixt am Ende des gut 90-minütigen Gigs, dass dies sein erstes Baustellen-Konzert in seiner endlos scheinenden Karriere gewesen ist.

    Judith Janowski, die Generalsekretärin der Carl-Orff-Stiftung, begrüßte die Gäste beim Baustellen-Konzert mit Konstantin Wecker.
    Judith Janowski, die Generalsekretärin der Carl-Orff-Stiftung, begrüßte die Gäste beim Baustellen-Konzert mit Konstantin Wecker. Foto: Thorsten Jordan

    Allen äußeren Widrigkeiten zum Trotz haben sämtliche Besucher, in meist edles Zwirn gewandet, unter ihnen auch Dießens Altbürgermeister und Kuratoriumsvorsitzender Bürgermeister Herbert Kirsch, Bürgermeisterin Sandra Perzul und Landrat Thomas Eichinger, viel Vergnügen an dem Gebotenen. Was am Vollblut-Einsatz der beiden Ausnahmekünstler auf der provisorischen Bühne liegt. Vor allem Wecker ist ein leidenschaftlicher Entertainer durch und durch, der nicht nur unnachahmlich singen, sondern auch mal launig, mal nachdenklich Anekdoten zum Besten geben kann.

    Der Dießener Komponist Carl Orff ist das große Idol des Münchner Liedermachers Konstantin Wecker.

    Das Programm beginnt mit dem programmatisch-positiven „Leben im Leben“, danach liest der Ur-Münchner Auszüge eines Artikels von ihm, der 1999 in der Süddeutschen Zeitung erschien und eine Hymne auf sein großes Idol Carl Orff ist. Im Anschluss wird es noch persönlicher, denn es ist der Song „Für meine Söhne“, gewidmet seinen beiden Sprösslingen Valentin und Tamino. Jo Barnikel hält dem Maestro bei diesem wie bei allen anderen akustischen Beiträgen den Rücken frei mit seinem perlend-zärtlichen Klavierspiel.

    Den wehmütigen Monolog „Für meinen Vater“ unterlegt Wecker gar mit dem Evergreen „Nessun’ dorma“ aus Giacomo Puccinis Oper „Turandot“. Denn: „Mein Papa und ich haben viel zusammen gesungen, als ich ein Junge war, vor allem Arien von Puccini. Er war ein toller Prinz Kalaf, ich eine prima Prinzessin Turandot“, schmunzelt Wecker, während er in Nostalgie schwelgt.

    Eine hartnäckige Verletzung bremst Konstantin Wecker ein wenig aus – aber nur körperlich.

    Den Großteil des Repertoires im COMU bilden allerdings flammende Appelle des Pazifisten und Antifaschisten gegen das Wiedererstarken der Nazi-Ideologie und der permanenten weiteren militärischen Aufrüstung. Poetisch verpackt zwar, aber zutiefst politisch letztendlich. Auch ein Essay des Anarchisten Erich Mühsam schafft es auf die Liste. Eher die Ausnahme ist ein zärtliches Stück für den Quantenphysiker - und Intimus - Hans-Peter Dürr, 2014 verstorben, betitelt „Gefrorenes Licht“.

    Konstantin Wecker merkt man am Montag sein Alter von 77 Jahren durchaus an. Seine Stimme ist weiterhin fordernd, doch aufgrund einer hartnäckigen Verletzung ist er inzwischen nicht mehr der Berserker und Wirbelwind von einst. Stattdessen schlurft er ein wenig, wenn er sich über die Bühne bewegt, der Rücken ist leicht gebeugt. Es gibt kaum „Wecker-Klassiker“ zu hören an diesem Abend, die Stimmung ist eher zurückhaltend und versöhnlich. Nur am Ende kommt noch eine Art Boogie namens „Utopia“. Und es erklingt der unvermeidliche deutsch-italienische Rausschmeißer „Questa Nuova Realtà“.

    Jetzt steht das Publikum und klatscht frenetisch Applaus. Also Zugabe, keine Frage! Zunächst der mit der österreichischen Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek verfasste Appell „Mehr als ein Traum“, der zum Desertieren von sämtlichen Angriffskriegen aufruft. Danach die Hymne, die er für den homosexuellen Cantautore Lucio Dalla verfasste: der Evergreen „Caruso“. Und schließlich noch die in Noten gepackte bajuwarische Lebensphilosophie „Tropferl im Meer“. Das war es dann. Höchste Zeit fürs „Meet & Eat“, bei dem auch die Künstler nicht fehlen. Schee war’s. Vor allem schee berührend.

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