Es war eine Kombination aus Tag des offenen Denkmals und Wohnungsbesichtigung, als am Freitagvormittag die ehemalige Kunstanstalt Jos. C. Huber in der Dießener Johannisstraße zum Zwecke einer Besichtigung aufgesperrt wurde. 20 Interessierte waren an dem kalt-trüben Februartag gekommen.
Zielgruppe der Veranstaltung sind in erster Linie Personen und Gruppen, die sich an der Ideenwerkstatt für die seit Jahrzehnten weitgehend leer stehende Industriebrache im Ortszentrum interessieren und bis 31. März dazu ein Konzept beim Markt Dießen einreichen wollen. Und allem Anschein nach könnten am Ende dieser Frist durchaus einige Ideen eingegangen sein. Andere Besucher lockte aber auch die Gelegenheit, einen ansonsten verschlossenen „Lost Place“ zu erkunden, etwa einen Mann und eine Frau aus Finning, während ein früherer Schriftsetzer der Kunstanstalt an den Ort zurückkehrte, an dem er von 1973 bis 1990 gearbeitet hatte.
Die Sternsinger waren zuletzt 2001 in der Kunstanstalt
In der ehemaligen Kunstanstalt, seit Kurzem auch denkmalgeschützt, bieten sich nicht nur vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, sondern es ist vor allem auch einiges zu tun, um diese Nutzungsmöglichkeiten zu realisieren. Der Gebäudekomplex hat an dem seit inzwischen bald 30 Jahren bestehenden weitgehenden Leerstand baulich gelitten, beispielsweise am Glasdach des Innenhofs, durch das Wasser dringt. An einer Tür des früheren Wohnbereichs ist abzulesen, dass die Sternsinger letztmals 2001 ihren Segenswunsch hinterlassen haben. Die Räume und Hallen sind weitgehend leer geräumt, ein paar Möbel, Waschbecken und Kloschüsseln stehen herum, ein Fahrrad, eine Mülltonne, Putz bröckelt ab, die vielen blinden Fensterscheiben lassen teilweise nur wenig Licht herein. Es bedarf einiger Fantasie, sich vorzustellen, was daraus gemacht werden könnte.

Einige Ideen sind in den vergangenen Monaten aber schon skizziert worden, unter den Besucherinnen und Besucher stellte sich am Freitag vor allem auch die Frage, wie viel Geld in das Objekt investiert werden müsste und was es überhaupt für wirtschaftlich darstellbare Nutzungen gibt. Eine Besucherin, die mit weiteren Interessenten ein Nutzungskonzept bei der Gemeinde abgeben will, zeigt sich erst einmal „total erschüttert“, wie sehr sich der bauliche Zustand in den vergangenen Jahren verschlechtert hat.

Sie sieht in der Industriebrache aber weiterhin die Möglichkeit, einen Ort der Begegnung für Dießen zu machen. Solche Orte gebe es immer weniger, sagt sie, und macht dies am Kaffeehaus „als die kleinste Einheit von Demokratie“ fest: Die Preise in der Gastronomie seien inzwischen so hoch, dass viele Menschen es sich nicht mehr leisten könnten, regelmäßig einen Kaffee zu trinken und dabei anderen Menschen zu begegnen.
Ein Besucher sieht auch den Markt Dießen in der Verantwortung für die Kunstanstalt
In diese Richtung denken auch ein Mann und eine Frau, die für eine andere Gruppe gekommen sind: Die Finanzierung werde freilich die große Hürde sein, meinen sie. Denkbar wäre eine Mischung: Aus profitablen Nutzungen wie Wohnungen könnten nicht oder nur wenig profitable Nutzungen wie Räume für soziale Aktivitäten querfinanziert werden.

Ein Architekt, der, wie er sagt, mit dem Thema Kunstanstalt zunächst einmal nur „schwanger gehe“, glaubt aber auch, dass sich die Gemeinde als Eigentümerin nicht ganz herausnehmen könne, wenn es darum geht, die Kunstanstalt wieder mit Leben zu erfüllen, und benennt dabei die Stichworte Denkmalschutz und Altlasten. Als Architekt sieht er auch praktische Herausforderungen: Wie können Stellplätze geschaffen, wie der rückwärtige Hof von der Johannissstraße aus erschlossen werden?

Im Spiel will auch der Verein Freie Kunstanstalt bleiben, der sich schon seit vier Jahren um die Gebäude des früheren Verlagsunternehmens, die der Markt Dießen geerbt hatte, bemüht. Das machen drei Vertreter dieses Vereins deutlich, die nach knapp einer Stunde wie die meisten anderen ihre Besichtigung schon wieder beendet hatten.
Eine weitere Besichtigungsmöglichkeit besteht am Dienstag, 25. Februar, ab 14 Uhr, Anmeldung unter bauamt@diessen.de.
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