Draußen ist es noch dunkel, wenn in diesen Tagen der Wecker bei Mitgliedern der Kreisgruppe des Bayerischen Jagdverbands Landsberg (BJV) klingelt und sich die Frauen und Männer auf den Weg zu den Wiesen und Feldern in der Region aufmachen. Ausgerüstet mit Körben und Kisten, Kescher, Gummihandschuhen und einem Drohnenkoffer steuern sie auf ihren Einsatzort in den jeweiligen Revieren im Landkreis Landsberg zu. Ziel ihrer Mission: Möglichst viele Kitze, die derzeit noch im hohen Gras kauern, vor dem Mähtod oder einer schrecklichen Verstümmelung zu schützen.
Ehrenamtlich kümmert sich das rund 50-köpfige Team, dem auch die Schondorferin Sabine Pittroff angehört, darum, die Wiesen vor der Mahd auf Kitze zu durchforsten, aber auch nach anderen Wildtieren wie Hasen, Igel oder Fasan- und Kibitzgelegen zu suchen. „Wir haben in unserem Landkreis rund 80.000 Hektar Flächen in vier Zonen eingeteilt“, berichtet Pittroff. Pro Zone kümmert sich ein Team um die Kitzrettung. Durch diese Einteilung sei die Anfahrt zum jeweiligen Einsatzort nicht mehr so weit. In aller Regel gut gelaunt und mit einem warmen Getränk im Gepäck geht es also in aller Herrgottsfrühe los.
Die Feinabstimmung jeder Einsatzgruppe wird per WhatsApp vorgenommen
„Für jeden Tageseinsatz im jeweiligen Jagdrevier wird für die Feinabstimmung unter allen Beteiligten eine eigene WhatsApp-Gruppe eingerichtet, die am Abend nach dem Einsatz wieder gelöscht wird“, erläutert Pittroff. In dieser Gruppe erfahren die Teilnehmenden auch, die Anzahl und Größe der anzufliegenden Flächen. „Im vergangenen Jahr hatten wir beispielsweise eine Anfrage mit insgesamt 15 Flächen.“ Wo sich die Helferinnen und Helfer genau treffen, zeigt ein Blick auf den „Google-Stecknadelpunkt“, dank dem niemand lange suchen muss.

Am Einsatzort angekommen, geht es auch schon los, denn die Zeit drängt. Wichtiger Parameter ist die wärmende Sonne. Schönes Wetter ist Mähwetter und damit auch Einsatz-Wetter für die Kitzrettung. Sobald aber die Sonne über dem Horizont aufsteigt, können die Monitore der mit Wärmebildkameras ausgestatteten Drohnen die Tierkörper nur noch schwer von warmen Steinen, Boden oder Blättern unterscheiden. Die Drohnen werden von Pilotinnen und Piloten geflogen, die dafür ausgebildet worden sind.
Ohne Wärmebilddrohne wäre die Chance, Rehkitze im hohen Gras aufzuspüren, sehr gering
Wird ein Rehkitz auf dem Monitor erkannt, schlägt die Stunde der Helferinnen und Helfer: Bestückt mit Kescher, die Hände in frische Gummihandschuhe gesteckt, einem Büschel frischem Gras und einem Korb geht es zügig durch das taunasse Gras. Die Richtung gibt die Drohne vor, die in etwa sieben Metern Höhe über der Liegestelle des Kitzes stehen bleibt. Über Funk werden die Helfer zum Kitz dirigiert. Gerade zu Beginn der Kitzrettungs-Saison Ende April sind die Tiere noch so klein, dass sie zwischen den Gummistiefeln der Helfenden kaum auffallen. „Ohne die Wärmebilddrohne hätten wir keine Chance, die kleinen Tiere zu finden.“

Vorsichtig, aber rasch, wird das aufgefundene Kitz in den Korb gelegt und aus der Wiese an einen sicheren, schattigen Platz am Rand gebracht und dort abgestellt. „Mittlerweile bringen wir an den Körben auch noch Hinweisschilder an, dass man diesen bitte nicht umdrehen soll, um das Kitz freizulassen“, sagt Sabine Pittroff. In einem solchen Fall würde das Kitz nämlich wieder an seine Fundstelle im Gras zurückkehren und wäre dem Mähdrescher hilflos ausgeliefert. „Ich schaue so gerne in die glücklichen Gesichter unserer Helferinnen und Helfer, wenn das Kitz gerettet im Korb liegt“, beschreibt Pittroff die Motivation für dieses Ehrenamt.
Es sei nicht selbstverständlich, dass sich Menschen morgens vor der Arbeit die Zeit nehmen, die Verantwortung zu übernehmen, Tierleben zu retten. Um so mehr gebe es dieses gute Gefühl, in einem Team von Gleichgesinnten diese wertvolle Hilfe leisten zu können. Kitzrettung ist Teamarbeit, geleistet von den Helfenden, den Jagdaufsehern und Pächtern, die mit ihren Landwirten im Kontakt stehen und möglichst viele Wiesen vor der Mahd durchforsten zu können.
Die ehrenamtlichen Kitzretter suchen weitere Mitstreiter
Um zu vermeiden, dass mangels Kapazitäten immer noch Kitze dem Mähdrescher zum Opfer fallen, wirbt der Jagdschutz- und Jägerverein Landsberg um weitere Ehrenamtliche. Gesucht werden zum einen Helferinnen und Helfer, die gefundene Kitze aus den Wiesen in Sicherheit bringen, aber auch Pilotinnen und Piloten, die, ausgestattet mit dem kleinen Drohnenführerschein, die Tiere aus der Luft aufspüren. Der theoretische Teil kann, wie Sabine Pittroff berichtet, kostenlos und online, ab einem Alter von 16 Jahren, beim Luftfahrtbundesamt absolviert werden. Praxisflüge und Trainingsmöglichkeiten bietet der Jagdschutz- und Jägerverein an.
Um die Organisation der Kitzrettungen im Landkreis Landsberg zu erleichtern, wurde der Landkreis in vier Bereiche aufgeteilt: Landsberg Nord mit den Gemeinden Prittriching, Egling, Scheuring, Obermeitingen, Hurlach, Kaufering, Weil und Geltendorf. Kontaktaufnahme, wenn ein Mahdtermin ansteht, ist für diesen Bereich über die Telefonnummer 015679/185943 möglich. Landsberg Zentral mit den Gemeinden Igling, Landsberg, Schwifting, Penzing, Finning, Hofstetten und Pürgen, Kontakt: 015679/185988. Landsberg Süd mit den Gemeinden Unterdießen, Vilgertshofen, Thaining, Reichling, Rott, Apfeldorf, Kinsau, Denklingen und Fuchstal, Kontakt: 015678/762869. Ammersee West mit den Gemeinden Eching, Greifenberg, Eresing, Windach, Schondorf, Utting und Dießen, Kontakt: 015679/185924.
Nähere Informationen für alle Interessierten gibt es auch auf der Homepage des Vereins unter www.jagd-landsberg.de oder nach einer E-Mail an drohenwesen@jagd-landsberg.de.
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