Im Studio Rose in Schondorf konnte das Publikum am vergangenen Mittwochabend den Berliner Schauspieler Hans-Jürgen Schatz erleben. Bekannt aus den Fernsehserien „Die Schwarzwaldklinik“ und „Der Fahnder“, veranstaltet der 66-Jährige mittlerweile vor allem Lesungen. Im Studio Rose las er die Geschichte „Der kleine Grenzverkehr“ von Erich Kästner.
Hauptsächlich für seine bis heute beliebten Kinderbücher wie „Emil und die Detektive“ oder „Das fliegende Klassenzimmer“ berühmt, schrieb Kästner auch zahlreiche Erzählungen für Erwachsene, häufig mit politischer Aussage. Dazu zählt etwa „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ von 1931 über die Unruhen und den Sittenverfall der späten Weimarer Republik.
Mit „Der kleine Grenzverkehr“, alternativer Titel „Georg und die Zwischenfälle“, rückte Schatz einen weniger bekannten Roman Kästners ins Rampenlicht. In einer kurzen Einführung erklärte er, wie der Roman 1937 unter völlig anderen politischen Umständen geschrieben wurde, als er dann ein Jahr später erschien.
In Erich Kästners Roman „Der kleine Grenzverkehr“ spielen die Unterschiede zwischen Deutschland und Österreich eine große Rolle
Im Roman spielen die deutsch-österreichische Grenze und die Unterschiede zwischen beiden Ländern eine große Rolle. So etwa der österreichische Linksverkehr. Im Veröffentlichungsjahr 1938 hingegen ist bereits der „Anschluss“ Österreichs vollzogen. Dieser habe Auswirkungen auf die Straßenverkehrsordnung Österreichs gehabt. „Man fuhr nun auch hier ganz rechts“, so Schatz. Im Schnelldurchgang umreißt Schatz grob die Handlung und stellt die Charaktere vor, um dann zügig ins Vorlesen einzusteigen.
Der in Tagebuchform verfasste Roman erzählt in leichtem Ton davon, wie der Berliner Schriftsteller Georg Rentmeister einen Sommer in Salzburg verbringt, um dort die Festspiele zu besuchen. Aufgrund von Beschränkungen zur Ausfuhr von Devisen darf er jedoch nicht mehr als zehn Reichsmark pro Monat nach Österreich einführen.
Es beginnt ein mit viel Situationskomik erzählter Spießrutenlauf. Georg mietet sich in Bad Reichenhall auf der deutschen Seite ein, und pendelt jeden Tag mit dem Autobus über die Grenze nach Salzburg. Dort genießt er das schöne Leben, geht ins Theater, Casino und Café. Sein spärliches Budget ist schnell aufgebraucht. Er beginnt, sich bei seinem Freund Karl, sowie später auch seiner Angebeteten Konstanze durchzuschnorren. Die Liebesgeschichte wird zum Katz-und-Maus-Spiel, als die beiden Turteltäubchen versuchen, ihre Verlobung vor Konstanzes Vater geheimzuhalten.
Das Chaos ist perfekt, als sich herausstellt, dass Konstanze nicht die ist, für die sie sich ausgibt. Die Handlung wird immer vertrackter. Realität und Fiktion verschwimmen immer mehr. Die Erzählung funktioniert also auf mehreren Ebenen: Eine Verwechslungskomödie fungiert als „Spiel im Spiel“, die Romanhandlung spiegelt diese, und auf der dritten Ebene stellt der Roman selbst eine Farce dar.
Hans-Jürgen Schatz gibt den Charakteren unterschiedliche Stimmen und setzt gezielt Pointen.
Hans-Jürgen Schatz liest an einem schlichten Holzschreibtisch in der linken hinteren Ecke des kleinen Ausstellungsraums mit klarer Stimme. Als würde man live einem Hörbuch lauschen, zieht der Schauspieler mit seiner Mimik, Gestik und abwechslungsreichen Betonung das Publikum in die Atmosphäre des Romans hinein.
Zum ersten Mal trat er hier in der Gegend auf. Den mitgebrachten Lesestoff habe er eigens wegen der südlichen Handlungsorte für den Abend ausgewählt. Mit viel Spielfreude gab er den Charakteren unterschiedliche Stimmen und setzte gezielte Pointen. Das kam beim Publikum sehr gut an, das sich über die lebendige Vorstellung des Romans freute.
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