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„Richard Oehmanns Derblecken in Dießen: Politisches Kabarett zwischen Märchenland und Realität im Singspiel erleben“

Dießen

Derblecken in Dießen: Vom armen Scheuerlein bis zu Söder im Märchenland

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    Richard Oehmann derbleckt in der Dießener Buchhandlung Colibri.
    Richard Oehmann derbleckt in der Dießener Buchhandlung Colibri. Foto: Dagmar Kübler

    Derblecken und das obligatorische Singspiel kennt man vom Nockherberg in München. Nun kam es nach Dießen in die Buchhandlung Colibri in Form von Richard Oehmann, Autor und Regisseur des Singspiels. Er hatte Fragmente aus fast fertigen Singspielen dabei, die nie gespielt wurden – wegen der Coronapandemie und dem Ausbruch des Ukrainekrieges – aber auch von verworfenen Passagen. Das hatte viele Singspiel-Fans angelockt.

    Für die Band schreibt Oehmann auch Texte und ebenso für Doctor Döblingers Kasperltheater. Vielleicht baut ihm das die Brücken zum Singspieltexten, denn die Politik mutet ja gelegentlich auch wie ein Kasperltheater an. Denkt man nur an Andreas Scheuer, dem Oehmann mit „Autoschmuser Andi“ ein musikalisches Denkmal setzt. Oder an Hubert Aiwanger, der im Singspiel so treffend überspitzt dargestellt, gern sein eigenes Süppchen kocht (und sich dabei aber auch reichlich bekleckert) und dem Oehmann auch die „Brennsuppen-Polka“ widmete. Zitat dazu, das im Original-Singspiel nicht enthalten war: „Leute, die kein Konzept haben, nehmen gern mal trübe Brühe.“

    Richard Oehmann schreibt auch Texte für Doctor Döblingers Kasperltheater

    Oehmann sei der Pfahl im Fleisch der Kleingeistigen und seit er reden könne, wisse er alles besser, hatte Anton Gruber vom Colibri den 1967 geborenen Weilheimer vorgestellt. Und so hatte Oehmann auch gleich am Puls der Zeit die Milliardenverschuldung der Bundesregierung durchleuchtet und mit wunderbaren Reimen belegt wie: „Muttis dürfen zuhause bleiben, während Kinder Exen schreiben, denn die Kita hat kein Personal. Durch Suggestion raus aus dem Jammertal.“ Und natürlich arbeitete er sich auch an Ministerpräsident Markus Söder ab. Dieser steht und bewegt sich nicht, reißt Themen an sich und verfolgt sie nicht weiter, so Oehmann: „Die Kunst ist, aktiv zu sein und dabei stehen zu bleiben.“

    Nach einigen Ausschnitten aus dem aktuellen Singspiel ging Oehmann zurück ins Jahr 2017, in die erste Amtszeit des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, wo Seehofer, Hofreiter und Aigner singen: „Zu viel Erkenntnis soll uns nicht lähmen, wir haben es einfach nicht besser gewusst.“

    Mit Politgrößen des Jahres 2022 geht Richard Oehmann aufs Volksfest

    Um dann ins Jahr 2022 zu springen zum fast fertigen Singspiel, das aufgrund des Kriegsausbruchs in der Ukraine nie aufgeführt wurde. Nun durften die Fans im Colibri erfahren, was sie verpasst haben, nämlich ein Leben nach der Coronapandemie, im Intro der Schäfflertanz, der in München einst das Ende der Pest verkündete.

    Das Singspiel war auf einem Volksfest angesiedelt, Treffpunkt der Politiker wird die Geisterbahn, mit der man ähnlich wie beim Film „Zurück in die Zukunft“ in die Vergangenheit zurückfahren und sie verändern kann – wovon Markus Söder reichlich Gebrauch macht, um doch noch Kanzler zu werden. Auch auf dem Volksfest wird sich die Ampel wieder einmal nicht einig, heißt so ein Fest doch je nach Region Schützenfest, Kirmes oder Fischmarkt. Wie wenig die Vertreter der Ampelparteien miteinander können zeigt, dass sie nicht einmal auf dem Fest etwas finden, das allen Spaß macht.

    Richard Oehmann begeistert mit Worten, die Bilder entstehen ganz vom selbst im Kopf der Zuhörenden

    Die aufgedrehte Schulze mit ihren grünen Vorstellungen trifft auf die bereits regierende und daher desillusionierte Baerbock und singt das Lied vom „Kleinen grünen Schmetterling“. Baerbock fragt sich, warum sie immer in der zweiten Reihe steht und alle nur nach Robert fragen: „Er kommt von Kühen und Schweinen und ich vom Völkerrecht.“ Schulze und Aiwanger nähern sich beim Poli-Tinder-Date auf der Suche nach Koalitionspartnern an und Söder reist ins Märchenland, trifft dort den armen Andi Scheuerlein mit der Mautbüchse und tröstet ihn mit den Worten: „So ein Untersuchungsausschuss ist doch nur ein Zeichen dafür, dass man sich etwas getraut hat. So etwas kriegt man schnell mal als aktiver Typ, das ist wie eine Geschlechtskrankheit.“

    Ein Abend nur mit Worten, die Bilder entstehen ganz von selbst im Kopf, wenn man das Format des Singspiels kennt. Am Ende großer Applaus für Richard Oehmann, der beim Vortragen treffend und spritzig in alle Rollen geschlüpft war.

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