Es ist schon ein seltsamer Zufall, dass zwei der beeindruckendsten und mutigsten Landkreis-Wassersportler aus Schondorf am Ammersee kommen. Und sich nicht persönlich kennen. Der 25-jährige Bootsbauer Paul Piendl umrundete, wie berichtet, bis Ende vergangenen Jahres mit seinem Einmaster „Wasa“ in knapp vier Jahren die Welt, legte 32.000 Seemeilen (über 59.000 Kilometer) auf dem Wasser zurück. Janik Prottung (30) war zwar „nur“ 49 Tage, vier Stunden und sechs Minuten sowie 2723 Seeeilen (5068 km) unterwegs, doch der Unternehmensberater und Bayernliga-Handballer (Ismaning) vom Ruderclub „Wilde Woge Schondorf“ hat ebenfalls ein alles andere als alltägliches Abenteuer hinter sich: Er nahm an der härtesten Ruderregatta der Welt teil mit seinem Schulfreund Danny Schleicher (30). Sie überquerten im Ruderboot den Atlantik. Unsere Redaktion hat mit Prottung über die Vorbereitung, die drei Jahre dauerte, und das Rennen gesprochen.
Die Regatta „World’s toughest Row“ startete in San Sebastian auf La Gomera (Kanaren), das Ziel des deutschen Teams „Not today row“ war der „English Harbour“ der Antillen-Insel Antigua. Dazwischen lagen viel Wasser, mehr Sonne als erwartet, bis zu 16 Meter hohe Wellen, viel Zeit und wenig Schlaf. „50 Tage ziehen sich“, erzählt Prottung. „Zwei Leute, ein Boot und der Atlantik – mehr war da ja nicht.“ Er gibt zu: „Auch wenn die Stimmung an Bord meistens positiv-optimistisch war, geht man sich natürlich irgendwann mal auf den Geist. Aber das vergeht schnell, man ist ja schließlich aufeinander angewiesen.“
Die beiden Freunde wechselten sich im Zwei-Stunden-Rhythmus ab – zwei Stunden Rudern, zwei Stunden Schlaf in einem „Einmannzelt“, auf dem wie ein Segelschiff mit GPS und Satellitentelefon ausgestattetem 60.000 Euro teuren Ruderboot. Und das 24 Stunden lang, am Tag wie in der Nacht. Wie verkraftet man so eine ungewöhnliche Belastung? „Wir konnten das zuvor nie groß trainieren. Aber der Körper kriegt das erstaunlich gut hin.“ Auch die etwas ungewohnte Ernährung stellte kein größeres Problem dar: „Zwei Drittel waren gefriergetrocknetes Essen – Risotto, Spaghetti mit Tomatensoße, sogar Beef Stroganoff. Der Rest Nüsse und ungesunde Dinge wie Snickers und Gummibärchen“. Gewichtsverlust am Ende der Reise: „Erstaunlicherweise nur zwei Kilo.“
Nach knapp 50 Tagen auf dem Meer ist das Ziel für Jannik Prottung und Danny Schleicher in Sichtweite
Ein Rudertrip über den Atlantik -. wie kommt man überhaupt auf so eine Idee? Sie wurde auf Bali geboren, wo Janik seinen Freund Danny im Rahmen einer Weltreise besuchte: „Da hat er mir ,nach vier Bier‘ davon erzählt, Anfang 2020 haben wir uns dann angemeldet.“ Dazu muss man wissen: Prottung hatte bis dahin mit Rudern Nullkommanichts am Hut: „Ich bin zuvor noch nie gerudert.“ Erst im Rahmen der Vorbereitung auf die Regatta (unter anderem Boot kaufen, Sponsoren suchen, Kleidung aussuchen, Essen vorbereiten) begann die dreigeteilte, sportliche Arbeit: „Rudern lernen, auf dem Boot und in Hotel-Gyms, Kraft- und Ausdauertraining sowie Gewichtsaufbau.“
Während der Vorbereitung auf das große Abenteuer zugunsten des Bildungs-Projekts „Ozeankind“ (Umweltbildung für Kinder und Kampf gegen Plastikmüll) lernte Prottung dann bei einem Firmenevent am Ammersee Alexandra und Alexander Bayer vom Schondorfer Ruderverein kennen. „Da war schon klar, dass ich über den Atlantik rudern werde. Sie waren von meiner Idee begeistert, und ich habe mich dann dem Verein angeschlossen.“
Jannik Prottung sagt über seine Atlantik-Überquerung: „Es hat Spaß gemacht.“
Knapp 50 Tage auf dem Meer, fast immer allein („nach drei Tagen haben wir von den anderen 37 Booten keins mehr gesehen“) – und dann endlich, nach 1780 Stunden auf dem Meer am Ziel: „Das war unbeschreiblich. Und höchst emotional, von so einer Menschenmasse und einigen Verwandten, wie meiner Mutter und Dannys Schwester, empfangen zu werden. Eine richtige Welle der Euphorie…“ Und am Ende landeten sie unter allen Teilnehmenden – gestartet werden konnte allein, zu zweit oder zu dritt – im Mittelfeld. Bei den Zweier-Teams wurden sie Dritte.
Seit kurzem lebt Prottung in Berlin, das Atlantik-Abenteuer ist Geschichte. Was ist außer Erinnerungen geblieben? „Ein tiefsitzendes Selbstbewusstsein und eine sehr erdende Erfahrung. Und vor allem die Erkenntnis: Es hat Spaß gemacht.“ Bleibt die Frage, ob er schon das nächste Projekt plant. Da lässt sich der Atlantik-Ruderer aber noch nicht in die Karten schauen: „Ich habe da schon etwas im Kopf – aber das ist noch nicht spruchreif …“
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