
Ein Zimmerermeister wird Instrumentenbauer


Johann Kraus hat sich für seinen Ruhestand ein besonders Hobby ausgesucht: Er baut Hörner aus Holz – und zwar in stundenlanger Handarbeit.
Mit dem Ruhestand ist das so eine Sache. Viele freuen sich, dass sie nun nicht mehr jeden Tag in die Arbeit müssen. Aber sie wollen auch eine neue Aufgabe. Ganz ruhig soll der Ruhestand schließlich auch nicht sein. Das fand auch Johann Kraus aus Zusamzell. Als der Zimmerermeister in Rente ging, war für ihn klar: Er will weiterhin was aus Holz machen. Aber was? „Da fehlte mir die Idee“, erzählt er. Dann sah er im Fernsehen einen Beitrag über einen Alphornbauer – und sein neues Hobby war geboren.
Nachdem er in seinem Berufsleben vor allem Treppen und Holzhäuser gefertigt hatte, widmet sich Johann Kraus jetzt dem Instrumentenbau. Und die entstehen in seiner Werkstatt in Zusamzell ganz in Handarbeit, so wie es früher üblich war. „Da merkt man erst mal, wie lange es dauert, einen halben Millimeter wegzuschleifen“, sagt Kraus. Am schwierigsten seien die Rundungen der Röhren.
Für das Alphorn brauchte er mehr als 100 Stunden
Als erstes hat er ein Alphorn gebaut. Mehr als 100 Stunden Arbeit stecken darin. Eine genaue Anleitung gab es dafür nicht, nur ein Buch als Vorlage. Kraus hat sich alles selbst erarbeitet. Der Zimmerer hat das Alphorn aus Fichte gefertigt und mit Peddigrohr umwickelt. 3,67 Meter ist das beeindruckende Instrument lang. Zunächst war es 25 Zentimeter kürzer. Doch da war der Grundton ein Fis – das Horn hätte man so nicht mit anderen Instrumenten zusammen spielen können, erklärt Kraus. Also musste es tiefer werden: Er verlängerte das Alphorn, jetzt hat es eine F-Stimmung.
Wenn Kraus hineinbläst, durchdringt ein eindrücklicher Ton den Raum. „Ich habe mich selbst gewundert, dass das so gut klingt – so strahlt“, sagt Kraus stolz. Und so hat er gleich noch zwei weitere Instrumente aus Holz gebaut: einen Büchel (eine Art Trompete) und ein Hirtenhorn. Als nächstes will er eine Art Saxophon bauen. „Aber erst im Winter, jetzt im Sommer habe ich genug zu tun“, sagt Kraus. Ein richtiger Unruheständler also.
Ventile haben seine Holzinstrumente alle keine, die Tonhöhe wird nur durchs Mundstück verändert. Wobei: „Für mich geht es nicht ums Spielen, sondern ums Machen.“ So wird es auf den Kraus’schen Instrumenten wohl also erst mal kein Konzert geben. Nach Noten spielen kann er damit auch nicht, aber ein paar Tonfolgen entlocken. Um Melodien zu spielen, bleibt Kraus da lieber bei seinem Flügelhorn, mit dem er seit mehr als 30 Jahren im Musikverein Altenmünster spielt. Von seinem Hobby hat er erst wenigen erzählt. Ganz geheim halten kann er es aber auch nicht: Wenn er auf den Hörnern spielt, sind die Nachbarn alle ganz schnell wach.
Die Diskussion ist geschlossen.