
Staufalle: Diedorfer wollen mit Dobrindt sprechen


Wenn die Region heute den Ausbau der Autobahn 8 feiert, wollen 40 Diedorfer den Verkehrsminister sprechen. Denn westlich von Augsburg gibt es eine Staufalle.
Sie haben die laufenden Nummern 440 und 441 und danach ist die Liste noch lange nicht zu Ende. Millionen türmen sich zu Milliarden, ehe alle 1864 Straßenbauvorhaben aufgezählt sind, welche der Bund in den kommenden Jahren bezahlen und in seinem neuen Verkehrswegeplan auf aussichtsreicher Stelle aufnehmen soll. Nur wenige werden am Ende das Rennen machen und deshalb wird heute für Nummer 441 demonstriert.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wird nach viereinhalb Jahren Bauzeit in Burgau die neue sechsspurige A8 zwischen Augsburg und Ulm für den Verkehr eröffnen. Damit sollte sich eine der größten Staufallen in der Region erledigt haben. Von der Lösung einer anderen Problematik ist man derzeit immer noch weit entfernt: der Umfahrung für die durch Diedorf verlaufende B300.
40 Diedorfer wollen mit Dobrindt sprechen
Deshalb fährt heute ein Bus mit gut 40 Diedorfern nach Burgau, um Dobrindt die Dringlichkeit des Anliegens zu verdeutlichen. Weil es sich bei der Eröffnung an der Raststätte Burgauer See aber um eine geschlossene Veranstaltung handelt, war auch das nicht so einfach. Bei einem Termin im Landratsamt Günzburg wurden die Konditionen festgezurrt. „Wir haben jetzt eine Zusage, dass sich Herr Dobrindt nach der Veranstaltung eine Viertelstunde Zeit für unser Anliegen nehmen wird“, sagt Högg. Im Gegenzug verzichten die Diedorfer auf öffentlichkeitswirksame Transparente und Zwischenrufe. Högg hofft, dass es was bringt. „Die Umfahrung bewegt die Diedorfer seit 30 Jahren. Ich habe den Eindruck, dass jetzt wieder Bewegung reinkommt. Die Aktionen unseres Arbeitskreises haben zuletzt immer mehr Gehör gefunden.“
Die Diedorfer hatten sich schon einmal auf dem Weg zur Umgehung gewähnt, welche ihren Ort und den Neusässer Stadtteil Vogelsang schützen soll. Das Straßenbauamt hatte die Planung für die dreispurige Straße entlang der Bahnlinie in Angriff genommen, bis Ende des Jahres sollte das sogenannte Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sein. Mit der fertigen Baugenehmigung in der Tasche hatte man sich gute Chancen ausgerechnet, vom Bund finanziert zu werden. Doch es kam anders: Die Behörden stoppten die Planungen. Die Begründung aus München: So lange nicht mehr sicher sei, ob die Bahnlinie zwischen Augsburg und Dinkelscherben ausgebaut wird, könne man auch die Straße nicht fertig planen.

Auch über den Bahnausbau wird letzten Endes in Berlin im Zuge des neuen Verkehrswegeplanes entschieden und für beide Vorhaben gilt: Gibt es jetzt kein grünes Licht, verschwinden sie auf lange Jahre in der Schublade, vielleicht für immer. Und deswegen demonstrieren die Diedorfer heute, deswegen machten sie mit einer Protestaktion im Mai die Bundesstraße dicht, schickten 3000 Unterschriften nach Berlin.
Jahrzehntelanges Gerangel in Gessertshausen
So viel Einigkeit gibt es paar Kilometer weiter westlich nicht. In Gessertshausen hat sich der Gemeinderat nach jahrzehntelangem Gerangel auf eine Trasse festgelegt, auf der die Straße entlang der Bahnlinie um den Ort verlaufen soll. Die Entscheidung für Projekt Nummer 440 fiel knapp aus und Bürgermeisterin Claudia Schuster glaubt nicht, dass die Diskussion damit endgültig zu den Akten gelegt ist. Gegner wie Befürworter warteten nun einmal ab, was in Berlin entschieden werde, sagt Schuster.
Für Gessertshausen gab es mehrere Lösungsvorschläge, restlos überzeugen konnte keine. Für die jetzige Trasse an der Bahn, gut drei Kilometer lang und mehr als 20 Millionen Euro teuer, müssen Gebäude weg, darunter ein erst zehn Jahre altes Ärztehaus. Zudem ist die Verkehrsentlastung mit über 11000 Fahrzeugen am Tag geringer als bei anderen Varianten. Laut Schuster war sie aber der Vorschlag mit den höchsten Realisierungschancen, wobei Schuster warnt: „Es werden noch viele Jahre ins Land gehen, bis wir so weit sind.“ Man müssen nun einen Schritt nach dem anderen gehen. Ob diese Schritte nach 30-jähriger Diskussion ans Ziel führen? Der Bundestagsabgeordnete Hansjörg Durz verbreitet vorsichtigen Optimismus, die Bürgermeister Högg und Schuster haben gelegentlich schon laut über einen Plan B nachgedacht – nämlich, wie die Anwohner besser vor der Blechlawine geschützt werden könnten, die sich tagtäglich durch die Orte wälzt. Während über eine durchschnittliche bayerische Bundesstraße 10000 Fahrzeuge am Tag brettern, liegt diese Zahl in Diedorf doppelt so hoch. Für Gessertshausen gehen Schätzungen für das Jahr 2020 von 18000 aus.
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