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Foto: ManEtli, Fotolia (Symbolbild)
Foto: ManEtli, Fotolia (Symbolbild)

Die Bindungserfahrungen in den ersten beiden Lebensjahren haben entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung von Kindern. Eltern sollten aber keine Angst haben, etwas falsch zu machen.

Landkreis Augsburg
12.09.2018

„Das Bauchgefühl der Eltern ist meist goldrichtig“

Von Steffi Brand

Julia Unger weiß als Self-Mentorin um die Unsicherheiten junger Eltern in puncto Bindungserfahrungen. Dabei ist es ganz simpel.

Sabine und Florian sind frischgebackene Eltern eines kleinen Mädchens. Die Freude ist groß, doch nicht weniger groß ist die Sorge, etwas bei dem kleinen Wesen falsch zu machen. Um die Versorgung ihres Kindes macht sich die Kinderkrankenschwester keine Sorgen, aber Sabine hat sich informiert und weiß: Die Bindungserfahrungen der ersten zwei Jahre sind entscheidend.

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Doch wie funktioniert das eigentlich mit den Bindungserfahrungen, die entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des Kindes haben?

Wichtig ist, im Dschungel der Tipps und Ratschläge seinen eigenen Weg zu finden

Die ersten Bindungserfahrungen erlebt ein Kind noch vor der Geburt, weiß Julia Unger, Sozialpädagogin bei der St. Gregor Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Natürlich hat es die Mutter leichter, eine Bindung zum Baby aufzubauen. Allerdings entsteht auch eine Bindung zwischen dem Vater und dem Ungeborenen, wenn dieser die Schwangerschaft aktiv miterlebt, bei Vorsorgeuntersuchungen dabei ist und mit dem Baby kommuniziert.

Aktiv beeinflussen lässt sich die Bindung zwischen Eltern und Kind dann vor allem in den ersten Lebensjahren. Die Unsicherheit, wie das mit der Bindung zwischen Eltern und Kind funktionieren solle – wie auch Sabine und Florian sie hegen –, sei ganz typisch für junge Eltern, verrät die Sozialpädagogin. Doch sie weiß auch: „Die meisten Eltern machen es ganz automatisch richtig.“ Es gehe darum, das Kind gut zu versorgen und feinfühlig mit ihm umzugehen. Feinfühlig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es für eine positive Bindungserfahrung essenziell wichtig ist, das Kind und das Verhalten wahrzunehmen, zu sehen, zu verstehen und angemessen zu reagieren.

Ein Patentrezept, was denn nun eine richtige Reaktion sein kann, kann niemand aushändigen. Wichtig ist, im Dschungel der Tipps und Ratschläge seinen eigenen Weg zu finden. Das Ziel positiver Eltern-Kind-Interaktion ist es, die Ausbildung des Urvertrauens der Kinder nachhaltig zu unterstützen. Julia Unger, die eine Zusatzausbildung als Self-Mentorin hat, macht Mut: „Das Bauchgefühl der Eltern ist vorhanden. Sie müssen sich nur selbst mehr vertrauen.“ Wer zu verkopft ist, der tut sich oft schwer, eine vertrauensstiftende Bindung aufzubauen.

Mit dem Nachwuchs kuscheln, spielen und aktiv da sein

Wie wichtig diese ersten Bindungserfahrungen sind, zeigt sich im Grund ein ganzes Leben lang. Wer positive Bindungserfahrungen in den ersten Lebensjahren gemacht hat, weist später eine bessere Gehirnentwicklung auf, lernt leichter, kann sich im Leben besser positionieren und kommt besser mit Schwierigkeiten klar. Dahinter verbirgt sich ein vergleichsweise simples Prinzip, denn wenn ein Kind kein Urvertrauen hat und sich ständig selbst rückversichern muss, blockiert dies Teile des Gehirns, die nicht aktiv zum Lernen verwendet werden können.

Positive Bindungserfahrungen zu vermitteln, ist dabei noch einfacher als die ganzen Theorien, die dahinter stecken. Mit dem Nachwuchs zu kuscheln, zu spielen und aktiv da zu sein – das sind die Tipps von Julia Unger. „Und das ist weder Zauberei noch ein Hexenwerk“, weiß die Sozialpädagogin. Klappt es aus irgendwelchen Gründen in den ersten beiden Lebensjahren nicht mit den positiven Bindungserfahrungen, ist das schade, aber nicht dramatisch. „Bindungserfahrungen können ein Leben lang nachgeholt werden“, erklärt die Self-Mentorin und ergänzt: „Alte Erfahrungen werden dabei überschrieben.“

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