
Dieter Mittermeier nimmt Abschied von „seiner“ Bücherei


Der Dinkelscherber hat fast 60 Jahre lang die Bücherei geleitet. Er erzählt, was sich über die Jahre geändert hat und warum Lesen immer noch so wichtig ist.
Ein Leben ohne Bücherei? Für Dieter Mittermeier schwer vorstellbar. Er hatte gerade lesen gelernt, da wurde der Bub schon gefragt, ob er nicht in der Bücherei mithelfen wolle. Der Kleine zögerte nicht lang – und schon wenige Jahre später wurde er der Leiter der Gemeindebücherei Dinkelscherben. Das war 1960, als er 16 Jahre alt und seine Lehre zum Flugzeugbauer machte. Die Arbeitsstellen hat er seitdem mehrmals gewechselt, war zuletzt Geschäftsführer bei der Sozialstation Zusmarshausen und genießt jetzt seinen Ruhestand. Doch seinem Ehrenamt ist er treu geblieben.
Mittermeier ist das Gesicht der Dinkelscherber Bücherei, er hat sie über Jahrzehnte geprägt. Pfarrer Alfons Prestele hatte sie zwischen 1946 und 1948 errichtet, um möglichst viele Menschen zum Lesen zu animieren. Dieter Mittermeier ist also fast seit Anfang an dabei. 58 Jahre führte er die Bücherei, jetzt hat er das Amt abgegeben. „Ich werde nächstes Jahr 75, da tut man sich nicht mehr so leicht“, erklärt er. Gerade die Verwaltungsarbeit und die Verantwortung seien stressig und belastend. 600 bis 800 Stunden hat er jährlich in die Bücherei investiert.
Am meisten freut er sich, wenn Kinder und Jugendliche in die Bücherei kommen
Aber keine Angst: In „seiner“ Bücherei werden ihn die Besucher weiterhin antreffen. Noch bis Ende des Jahres will er seine Nachfolgerin Gabi Kuen einarbeiten, den Jahresabschluss und die Statistik mit ihr gemeinsam machen. Die Zusammenarbeit mit den Menschen habe ihm immer besonders viel Spaß gemacht – und aus vielen Büchereibesuchern hat er Mitarbeiter rekrutiert. Etwa 35 sind derzeit ehrenamtlich aktiv.
Besonders wichtig ist dem Rentner die Arbeit mit Kindergärten und Schulklassen. Sie besuchen ihn regelmäßig in die Bücherei – und das will er auch künftig weiter machen. Wenn die Kinder und Jugendlichen in die Bücherei kommen, liest er vor, erklärt, wie die Ausleihe funktioniert, stöbert mit in den Regalen, macht Spiele mit Texten und Sprichwörtern. Mittermeier geht es darum, eine Begeisterung für Lesen und Sprache zu wecken. Er weiß, dass das in vielen Familien kein großes Thema mehr ist. „Viele Eltern haben keine Zeit mehr zum Vorlesen.“ Dabei sei das für die Entwicklung so wichtig. „Bei Handy, Computer und Fernsehen fehlt einfach das Kino im Kopf.“
Die Begeisterung fürs Lesen und die Bücherei konnten Dieter Mittermeier und seine Frau Maria weiter geben: Tochter Melanie ist Bibliothekarin bei der Diözese Bamberg, Sohn Stefan vertreibt Bibliothekssoftware. Und wenn die Enkel zu Besuch sind, dann gehört ein Ausflug ins Bücher-Paradies im Pfarrzentrum selbstverständlich dazu. Sowieso sind die Mehrheit der Bücherei-Kunden Kinder.
Die Gemeindebücherei hat 1000 aktive Nutzer
Dass Bücher für Menschen aber nicht immer interessant sind, das ist nichts Neues, weiß Mittermeier aus seiner langen Erfahrung: Als immer mehr Fernseher in die Wohnzimmer einzogen und dann auch noch in den Achtzigerjahren die Privatsender starteten, da gab es in der Bücherei eine richtige „Flaute“, erzählt er. „Seit 20, 30 Jahren ist unsere Bücherei aber richtig im Aufwind.“ Die Ausleih- und Medienzahlen hätten seitdem ständig zugenommen, erklärt Mittermeier und zeigt seine jährliche Statistik: 2017 haben die 1000 aktiven Nutzer der Dinkelscherber Bücherei – 600 davon sind zwölf Jahre oder jünger – 16.000 Medien ausgeliehen. Im Bestand sind derzeit fast 20.000 Medien. Der Großteil davon sind Bücher, es gibt aber auch Zeitschriften, CDs und DVDs.
Den Bestand regelmäßig zu erneuern, das ist eine der größten Herausforderungen. „Da muss man rigoros sein und die alten Sachen aussortieren“, sagt Mittermeier. Das tue zwar weh, aber: „Wenn sie niemand mehr ausleiht, dann nehmen sie nur Platz weg.“
Bei den Erwachsenen sind Krimis und Thriller besonders beliebt – „so wie im Fernsehen eben auch“, sagt Mittermeier. „Aber wir achten beim Einkaufen schon darauf, dass wir auch andere Bücher anbieten.“ Und wenn man die Leute auf bestimmte Titel aufmerksam mache, dann liehen sie auch diese aus. Stark eingebrochen ist dagegen das Interesse an Sachbüchern, Reiseliteratur und Kochbüchern. „Die Leute holen sich die Infos aus dem Internet“, sagt Mittermeier. E-Books gibt es in der Bücherei Dinkelscherben bisher noch nicht – das könnte die nächste Neuerung sein.
Davon gab es in den vergangenen Jahrzehnten viele. Siebenmal ist die Bücherei umgezogen, seit 1995 ist sie im Pfarrzentrum untergebracht. Und seit 2000 gibt es es zusätzlich eine Schulbücherei in der Grund- und Mittelschule. Mit dem Umzug ins Pfarrzentrum gab es die wohl wichtigste Neuerung: den ersten Computer. Dieter und Maria Mittermeier erinnern sich, wie sie damals jedes einzelne Medium digital im System erfasst haben. Bis dahin hatte jedes einzelne Buch eine Karteikarte, jetzt reicht ein Strichcode.
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