
Gersthofen
Kindesmissbrauch: Verein aus Gersthofen will sensibilisieren

Plus Der Gersthofer Opferschutzverein begrüßt die geplante Verschärfung des Strafmaßes. Denn auch in der Region gibt es immer wieder Fälle.
Es gibt in unserer Gesellschaft etliche Tabuthemen wie Fragen zur persönlichen Finanzsituation und zu Beziehungsproblemen. „Aber auch Kindesmissbrauch und häusliche Gewalt gehören dazu“, weiß Gabriele Schmidthals-Pluta nur zu gut. Als Vorsitzende des Gersthofer Opferschutzvereins Sicheres Leben wird sie mit diesen Themen immer wieder konfrontiert. Die jetzt von der Bundesregierung geplante Strafverschärfung bei sexueller Gewalt an Kindern und die Einstufung als Verbrechen seien längst überfällig, meint sie. Kindesmissbrauch sei ein Dauerthema. Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen oder Misshandlung im häuslichen Bereich erfolge überall und in allen Schichten der Bevölkerung. „Ohne Ausnahme. Auch in unserer Region“, bekräftigt sie.
Schon vor 16 Jahren nach Vanessa-Mord 20.000 Unterschriften übergeben
Bereits vor 16 Jahren hatte der Opferschutzverein mit anderen Organisationen rund 20.000 Unterschriften – vom Vater der 2002 mit unzähligen Messerstichen in Gersthofen ermordeten zwölfjährigen Vanessa liebevoll zu einem Buch gebunden – in Berlin an die damalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries übergeben. Die Forderung lautete: Sexueller Kindesmissbrauch muss als Verbrechen eingestuft werden. „Leider hat dies nichts bewirkt“, bedauert Schmidthals-Pluta. „Wie auch viele andere Versuche von verschiedensten Institutionen.“
Der Verein Sicheres Leben errichtete im Oktober 2018 in der Nähe der Kolping-Kapelle an der Berliner Straße in Gersthofen eine Gedenkstätte mit der Aufschrift „Keine Gewalt gegen Kinder“. Sie ist allen getöteten, misshandelten, missbrauchten und vermissten Kindern gewidmet. Der Verein versucht zu sensibilisieren.
Mehrere Kindesmissbrauch-Opfer in der Region
Dass dies auch in unserer Region dringend notwendig ist, belegt Schmidthals-Pluta mit Fällen aus der Region. So war beispielsweise im westlichen Landkreis ein Vierjähriger Opfer von sexuellem Missbrauch durch eine Erzieherin im Kindergarten geworden. Doch statt sich mit dem Kleinen verbunden und sich über die Tat entsetzt zu zeigen, sei ein Teil der Ortsbewohner schockiert gewesen, dass er sich seinen Eltern anvertraut und diese entsprechend gehandelt hatten.

Aber nicht immer seien die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, verdeutlicht Schmidthals-Pluta. So vertraute sich eine Oma dem Verein an und schilderte ihre Beobachtungen. Demzufolge missbrauchte der Vater ihrer Enkel eine der Töchter. Doch die Mutter schaute weg und sah keine Veranlassung einzuschreiten. „Für eine Anzeige wäre die Aussage des Mädchens notwendig gewesen“, erzählt die Vereinsvorsitzende. „Die Achtjährige war dazu allerdings nicht zu bewegen.“ Bei den Behörden hätten zwar die Alarmglocken geläutet, dennoch bestand keine Möglichkeit, den Vater zu konfrontieren.
Die Eltern schauten weg
Ein anderer Fall, der den Verein über sein Notruftelefon erreichte, beschäftigte die Mitglieder über viele Jahre hinweg. Die heutige junge Frau wurde als Kind circa zehn Jahre lang Opfer sexueller Gewalt im familiären Umfeld. „Die bei dem Kind erkennbaren Anzeichen einer veränderten Persönlichkeit wurden von den Eltern mit Pubertätsauswirkungen oder zickigem Verhalten abgetan“, so Schmidthals-Pluta.
Einheitliche Reaktionen und Symptome gebe es bei den Opfern nicht. „Missbrauchte Kinder und Jugendliche reagieren unterschiedlich auf die Geschehnisse“, betont sie. Fest steht allerdings: „Der sexuelle Missbrauch ist ein häufig traumatisches und damit lebensbestimmendes Ereignis.“
Kontakt Verein Sicheres Leben, Telefon 0821/499090, Internet: www.sicheres-leben-gersthofen.de
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