
Dinkelscherben/Augsburg
Landgericht entscheidet: Dinkelscherber Heim darf schließen

Dem Bürgermeister ist nach der Entscheidung zum Heulen zumute. Ein Aktionsbündnis überlegt jetzt, einen Protestmarsch zu organisieren.

Der Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die geplante Schließung des Seniorenheims in Dinkelscherben ist abgelehnt. Die 3. Zivilkammer am Landgericht Augsburg unter Vorsitz von Dr. Thomas Bartholy entschied gestern, dass die Beschlüsse zum Ende der Einrichtung rechtmäßig sind und nicht dem Stiftungszweck entgegenstehen. Das heißt: Das Heim kann wie vom Betreiber geplant Ende Juni geschlossen werden. Als Bürgermeister Edgar Kalb gestern von der richterlichen Entscheidung erfuhr, war er niedergeschlagen. Er sagte: „Da ist einem doch zum Heulen zumute.“
Der Gemeinde läuft die Zeit davon
Er hält den Beschluss zur Schließung für rechts- und satzungswidrig und hatte deshalb als neues Mitglied des Verwaltungsausschusses den Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt. Jetzt soll der Gemeinderat entscheiden, ob gegen die Entscheidung der Zivilkammer Widerspruch eingelegt wird. Rein rechtlich wäre das möglich. Kalb: „Uns läuft aber die Zeit davon. Die Verlagerung des Seniorenheims nach Zusmarshausen läuft ja schon.“
Klar ist nur: Eine Sanierung der Einrichtung in Dinkelscherben würde mindestens acht Millionen Euro kosten
Die Kritik an den Plänen reißt nicht ab. Jörg Bartusch, der von 1978 bis 2017 Allgemeinarzt in Dinkelscherben war, schreibt in einem Leserbrief: „Mich erbost, dass all die Jahre innerbaulich gesetzliche Vorgaben nicht ausreichend ausgeführt wurden, obwohl jeder Bewohner rund 300 Euro pro Monat an Investitionsabgaben zahlen musste und noch muss. Wohin sind die Gelder geflossen? In den Neubau nach Zusmarshausen?“ Der Anwalt der Hospitalstiftung, Guntram Baumann, erklärte dazu jüngst: Die Investitionszulage werde zum einen zur Tilgung von Zinsen, zum anderen für Reparaturen in der Einrichtung verwendet. In den vergangenen Jahren sei zum Beispiel das Leitungssystem des Spitals erneuert worden.
Ein funktionierendes Heim bei der zu erwartenden demografischen Entwicklung der Bevölkerung zu schließen, widerspricht jeglicher Vernunft
Genaue Zahlen nannte er nicht – auch nicht zum Vermögen der Hospitalstiftung. Klar ist nur: Eine Sanierung der Einrichtung in Dinkelscherben würde mindestens acht Millionen Euro kosten – zu viel für die Stiftung. Dr. Bartusch, der in seiner aktiven Zeit bis zu 40 Patienten im Stift betreute und nach seiner Schilderung meist zufriedene Bewohner und Angehörige erlebt hatte, hält dagegen: „Mit etwas gutem Willen lassen sich die erforderlichen Veränderungen sukzessive stemmen, wobei wohl auch Fördermittel – ob staatlich oder privat – zu beantragen möglich wären.
Ein funktionierendes Heim bei der zu erwartenden demografischen Entwicklung der Bevölkerung zu schließen, widerspricht jeglicher Vernunft, ist zudem unsozial und auch unchristlich.“ Der Allgemeinarzt kündigt an: „Wir alle in Dinkelscherben und Umgebung werden vehement um den Erhalt der 413-jährigen Hospitalstiftung kämpfen.“ Am Mittwoch findet das nächste Treffen des Aktionsbündnisses gegen die Schließung statt. „Wir machen weiter. Noch kraftvoller“, kündigt Josef Guggemoos vom Aktionsbündnis an. Thema wird auch ein Protestmarsch in Augsburg sein.
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