
Die Modelleisenbahn in Neusäß steht still

Plus Keine Ausstellung, keine Einnahmen, laufende Kosten: Der Modelleisenbahnclub Neusäß kämpft mit den Corona-Auswirkungen. Er nutzt die Situation für neue Ideen.
Ein Samstagnachmittag im Januar im Bahnhofsgebäude Westheim. Normalerweise findet an den ersten Wochenenden dieses Monats im dortigen Klubheim des Modelleisenbahnclubs Neusäß (MECN) die Neujahrsausstellung statt. Zahlreiche Modelleisenbahnfans aus ganz Schwaben geben sich dann die Klinke in die Hand, um die Spur-Null-Anlage im Maßstab 1:45 im Betrieb zu erleben. Nicht so in diesem Jahr. In den Klubräumen herrscht fast gähnende Leere. Das Vereinsleben ruht und es fehlen die Einnahmen.
Nur zwei MECN-Mitglieder, Andreas Gorbauch und Vereinschef Siegfried Schuster, treffen sich im renovierten Bahnhof. Der private Gebäudebesitzer hat neue Fenster im Erdgeschoss einbauen lassen. Im Vereinsbüro muss daher die Fensterlaibung neu gespachtelt und gestrichen werden.
Eine 80 Quadratmeter große Modelleisenbahnanlage in Neusäß
Die beiden kümmern sich an diesem Tag auch um die rund 80 Quadratmeter große Modelleisenbahnanlage. Der Verein betreibt sie seit 1984. Auf der großen Fläche wird analog mit einer Pulsbreitensteuerung gefahren. Darüber hinaus betreibt der Club eine digitale Modulanlage. Eine Stelle wird von den Vereinsmitgliedern besonders unter die Lupe genommen. Dort gab es immer mal wieder Kontaktprobleme auf den Gleisen. Diesem Fehler wollen die beiden nun auf den Grund gehen und beheben.
Der MECN präsentiert seine mit viel Liebe zum Detail aufgebaute Landschaftsanlage thematisch und optisch jährlich unter einem wechselnden Motto. "In den Tagen vor der Ausstellung werden flugs die Züge, Autos und Signale getauscht“, erzählt Dieter Rothenfußer auf Nachfrage. Er ist 2. MECN-Vorsitzender. "Und schon wähnt sich der Besucher im mittleren Westen der USA und ein anderes Mal in den französischen Mittelgebirgen.“ Die Besucher tauchen oft mit staunenden Augen in die faszinierende Welt der Miniatureisenbahnen ein. Nicht zuletzt deswegen sei der Termin im Januar ganz dick in den Kalender vieler großer und kleiner Eisenbahnfans eingetragen, ergänzt Vereinschef Siegfried Schuster.
Modelleisenbahn in Neusäß: Hygienekonzepte für Vereine sind schwierig
Insofern treffe der Lockdown das Vereinsleben hart, macht er aufmerksam. Aber auch in den Monaten davor wäre an eine Ausstellung nicht zu denken gewesen. "Nicht jeder Verein ist in der Lage, die erforderlichen Hygienekonzepte personell oder örtlich umzusetzen“, informiert Rothenfußer. Hinzu komme, dass das MECN-Vereinsheim nur einen Eingang aufweise und dadurch die übliche „Einbahnstraßenregelung“ zur Einhaltung der Abstände bei Veranstaltungen nicht möglich sei.

Zurück zu den beiden arbeitenden Mitgliedern. Sie haben sich diesmal zusätzlich einen warmen Pulli untergezogen. "Natürlich lassen wir bei derart reduziertem Klubbetrieb die Heizung nicht voll durchlaufen“, meint Siegfried Schuster. Das liege auch an den hohen Nebenkosten für Strom, Wasser und Heizung, die vom Verein zusätzlich zur Miete aufzubringen seien, verdeutlicht er. Der Vereinschef weist darauf hin, dass durch die Einnahmen der Neujahrsausstellung ein großer Teil dieser Kosten abgedeckt werden. "In diesem Jahr lebt unser Verein von den Rücklagen oder von Spenden einzelner Mitglieder“, sagt Rothenfußer unabhängig davon und streift damit das Thema Finanznot. "Allein durch die Mitgliedsbeiträge können unsere Kosten bei weitem nicht gedeckt werden.“
Der Modelleisenbahnclub Neusäß schaut trotz Corona nach vorne
Die Vereinsspitze gewinnen der Corona-Pandemie und der verordneten ruhigen Zeit aber auch etwas Positives ab. "Viele aufgeschobene Kleinreparaturen und Wartungsarbeiten, für die ansonsten oft die Zeit fehlt, können jetzt nach und nach erledigt werden“, erläutert Schuster.
Gleichzeitig denkt der Verein trotz schwieriger Situation nach vorne. Die bestehende Anlage sei seit einiger Zeit auch landschaftlich fertiggestellt, berichtet Rothenfußer. Deshalb juckt es den Eisenbahnern im Bahnhof Westheim bereits unter den Fingern. "Schon bald soll eine Erweiterung der Anlage in Angriff genommen werden“, verrät der 2. Vorsitzende lächelnd. Die Planungen für einen großen Kopfbahnhof seien fast abgeschlossen.
So freuen sich die Vereinsmitglieder schon auf das kommende Frühjahr und den Frühsommer, wenn Impfungen und hoffentlich zurückgehende Corona-Zahlen einen Schritt in die Normalität erlauben und wieder Leben in den Club einzieht. Die Planung für die Neujahrsausstellung 2022 steht jedenfalls bereits als Prioritätspunkt auf der Tagesordnung für die nächstmögliche Jahreshauptversammlung fest.
Lesen Sie auch:
Die Diskussion ist geschlossen.