Das Gersthofer Unternehmen Quantron, das 2019 gegründet wurde, hatte sich auf nachhaltige batterie-elektrische und wasserstoff-elektrische Nutzfahrzeuge wie Lastwagen, Busse und Transporter spezialisiert. Damit war die Ausgründung der Firma Haller anfangs sehr erfolgreich. Im August 2023 hatte das Unternehmen einen Auftragsbestand von 100 Millionen Euro gemdlet, besonders viele davon aus den USA. Zuletzt beschäftigte die Firma 100 Mitarbeitende. Doch Ende 2024 meldete Quantron Insolvenz an. Wie Insolvenzverwalter Constantin Graf Salm-Hoogstraeten am Freitag mitteilte, läuft auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Januar 2025 der Geschäftsbetrieb weiter. Und es zeichnet sich eine Lösung ab. Quantron ist nicht der einzige Betrieb aus einer zukunftsträchtigen oder traditionellen Branche im Landkreis Augsburg, der im Moment Schwierigkeiten hat.
Die Wirtschaft im Augsburger Land könnte aufgrund der allgemein angespannten wirtschaftlichen Lage vor einer Bereinigungsphase stehen. Vor einigen Monaten musste „Finkl‘s Motorrad Erlebnis“ aus Schwabmünchen Insolvenz anmelden. Der Familienbetrieb war zuvor jahrzehntelang eine stabile Größe seiner Branche in der Region. Zum wiederholten Mal suchte 2024 auch der Schwabmünchner Blechverarbeitungsspezialist Nusser nach neuen Investoren. Doch es trifft auch Betriebe, die im Grunde in einer Zukunftsbranche tätig sind. Ebenfalls 2024 verloren die Mitarbeiter des Wärmepumpenherstellers Windhager in Gersthofen ihren Arbeitsplatz, weil das österreichische Mutterunternehmen die deutsche Niederlassung mit in die Zahlungsunfähigkeit riss. Was bedeuten diese Entwicklungen für den Wirtschaftsstandort Landkreis Augsburg?
Zahl der Beschäftigten bleibt noch stabil
Immer wieder hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben in den vergangenen Monaten auf die Zurückhaltung vieler Unternehmen im Bereich von Zukunftsinvestitionen hingewiesen. Die sind jedoch nötig, um Betriebe aktuell und konkurrenzfähig zu erhalten. Landrat Martin Sailer sieht für den Landkreis Potenzial vor allem bei den Handwerksbetrieben, wie er am Montag beim Neujahrsempfang der Gemeinde Diedorf sagte. Gerade die würden, etwa durch die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen, sehr wohl investieren und damit auch ein Stück weit in die Zukunft vertrauen. Allerdings weiß auch Sailer: „Viele Kleinbetriebe kämpfen täglich ums Überleben“. Der Landrat kann jedoch auch positive Signale erkennen. Ein solches sei die gleichbleibende Zahl von Beschäftigten im Monat Dezember im Landkreis Augsburg.
Und wie geht es nun bei Quantron weiter? Laut Graf Salm-Hoogstraeten von der Restrukturierungskanzlei BBL hat der Quantron-Gründer, Andreas Haller, selbst vor, das Unternehmen zu sanieren. Mit der Unterstützung eigener Anwälte habe er in den vergangenen Wochen eine Lösung für einen Insolvenzplan erarbeitet, den er Ende Januar beim Insolvenzgericht einreichen wolle.
Die Haller Holding stellt selbst Mittel zur Betriebsfortführung von Quantron zur Verfügung
„Ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bekommen die Mitarbeiter jedoch kein Insolvenzgeld mehr und jetzt muss ein Investor die finanziellen Mittel für den Geschäftsbetrieb zur Verfügung stellen,“ erklärt der Insolvenzverwalter. Dafür habe Andreas Haller auch die Zusage einer auf erneuerbare Energien spezialisierten Investorengruppe aus dem Ausland bekommen. Bis die Investorengelder im Laufe der kommenden Woche eintreffen sollen, habe die Andreas Haller Holding GmbH, eine Gesellschaft aus der Haller-Group, zunächst die notwendigen Mittel zur Betriebsfortführung bis Mitte Januar 2025 zur Verfügung gestellt.
Der Insolvenzverwalter erklärt, damit habe man ein paar Tage Zeit gewonnen. „Und ich hoffe im Interesse aller Beteiligten, dass Herr Haller und seine Investoren der Gesellschaft ausreichend Liquidität zur Verfügung stellen werden, um den Geschäftsbetrieb auch danach fortführen zu können.“ Andernfalls müsste der Insolvenzverwalter den Betrieb einstellen, um nicht die Insolvenzmasse zu schmälern und so die Gläubiger zu schädigen.
Immerhin habe die Investorengruppe der Gesellschaft im Rahmen eines sogenannten Massekredits die finanziellen Mittel für die Betriebsfortführung bis Ende März schriftlich zugesagt. „Bis dahin werden das Insolvenzgericht, der Gläubigerausschuss und ich den Insolvenzplan prüfen.“ Stimmen Gericht und Gläubiger dem Plan im März zu, könnte das Insolvenzverfahren schon zum 1. April wieder aufgehoben werden. Danach müsste der Insolvenzverwalter nur noch überwachen, ob die Ansprüche der Gläubiger entsprechend dem Plan befriedigt werden.
Der Plan des Gründers muss nun seine Tragfähigkeit erweisen
Der am 29. Oktober vergangenen Jahres vom zuständigen Amtsgericht Augsburg zunächst als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellte Graf Salm-Hoogstraeten führt das Unternehmen seitdem mit einer Kernmannschaft von 40 Mitarbeitenden fort und hatte Mitte November auch einen strukturierten Verkaufsprozess für das Unternehmen in die Wege geleitet.
„Zunächst gab es eine ganze Reihe von Interessenten und einige haben auch indikative Angebote vorgelegt. Zum Ende der leider sehr knappen Bieterfrist Ende Dezember gab es jedoch keine bindenden Angebote und so kristallisierte sich das Konzept der Haller-Group als die bestgeeignete Option heraus,“ sagte Graf Salm-Hoogstraeten laut Pressemitteilung. „Für die verbleibenden Mitarbeiter hoffe ich sehr, dass sich der Insolvenzplan des Unternehmensgründers und seiner Investoren als tragfähig erweist.“
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