An die jüngste 83:86-Niederlage bei den Würzburg Baskets wollte Emanuel Richter gar nicht mehr erinnert werden. „Wir haben unser schlechtestes Spiel gemacht, Würzburg sein bestes. So etwas kommt einmal in der Saison vor. Aber wir wollen das aus den Köpfen löschen“, hatte der Trainer der Basketballer der BG Hessing Leitershofen/Stadtbergen den Seinen während der Woche eingeimpft. Doch im richtigen Sportlerleben lässt sich halt nicht so einfach die Reset-Taste drücken, wie bei einem Computerspiel. Diese Pleite konnten sich die Kangaroos aber anscheinend nicht so leicht aus den Trikots schütteln und kassierten gegen die Basketball Löwen Erfurt in der 2. Bundesliga Pro B vor 920 Zuschauern die zweite Niederlage in Folge. Teilweise wirkten sie bei der am Ende bitteren 85:91-Klatsche wie in Schockstarre. Besonders in der Schlussphase zitterten die Hände.
„Wie kann man sich nur so dumm anstellen?“, ärgerte sich ein Kangaroos-Fan beim Verlassen der Stadtberger Sporthalle. 37 Sekunden vor Schluss hatte man beim 85:85 noch alle Trümpfe in der Hand. Doch Dragos Diculescu versemmelte den Ball beim Einwurf, so dass die Gäste zum 85:87 trafen. 6,2 Sekunden vor dem Ende passierte Tin Udovicic das selbe Missgeschick, so dass man sich nicht einmal mehr in die Verlängerung retten konnte. Im Gegenteil: Die nur mit acht Spielern angetreten Erfurter nutzten das Tohuwabohu im BG-Team zum 85:91-Endstand. Durch diese zweite Niederlage in Folge konnten die Kangaroos die Steilvorlage des Tabellenführers Köln Rhein Stars, der ebenfalls zu Hause nach Verlängerung gegen Speyer verlor, nicht nutzen. Statt von den Rheinländern die Tabellenführung wieder zu übernehmen ist der Kampf um die Spitze in der Südgruppe der PRO B nun zu einem Vierkampf angewachsen, da Speyer und auch die Fellbach Flashers nun lediglich noch zwei Punkte hinter dem bis vor Kurzem noch klar dominierendem Spitzenduo liegen.
Hessing Kangaroos kommen früh aus dem Konzept
Erfurt hatte die Hausherren von Anfang an mit einer körperlich aggressiven und hautengen Manndeckung genervt, nahm den Kangaroos damit die Lust am Basketball und brachte sie aus dem Konzept. Insgesamt 21 Turnovers leisteten sich die Kangaroos, ein viel zu hoher Wert für ein Spitzenteam. Die Foulbelastung tat ein übriges. Die Thüringer gingen 30 Mal an die Freiwurflinie, die BG lediglich deren 14 Mal. Spielzüge waren in einer zerfahrenen und vom Kampf geprägten Partie kaum zu sehen. Teilweise wurde im griechisch-römischen Stil um den Ball gerungen. Vor allem Tim Udovicic tat sich im Bodenkampf hervor und eroberte einige Bälle. Beim 10:16 nahm Richter die erste Auszeit, brachte mit Olivier Bogol einen weiteren großen Spieler, so dass man zur ersten Pause wenigsten wieder auf 25:27 herankam. Sehr früh musste die BG dabei auf Ferenc Gille verzichten, der mit gesundheitlichen Problemen ausgewechselt wurde.

Trotzdem schien sich im zweiten Viertel dann das Blatt zu wenden. Drago Diculescu mit einem zirkusreifen Wurf, bei dem er mit dem Rücken zum Korb stand, und Christian Hinckson mit zwei Dreiern hielten die Kangaross in diesem zähen Ringen auf Biegen und Brechen im Spiel. Die Konzepte der Teams hätten unterschiedlicher nicht sein können: Die Gäste, die in der gesamten Partie nur zwei Dreier trafen, spielten den Ball immer wieder unter den Korb auf ihr routiniertes Duo Noah Kamdem und Paul Albrecht. Die beiden erzielten zusammen 51 Punkte und 21 Rebounds - gegen sie hatte die Stadtberger eigentlich kein Mittel parat. Die Offensive der Kangaroos endete viel zu oft in schlecht herausgespielten Dreipunktewürfen. Nur zehn von 38 Versuchen fanden den Weg ins Ziel. Viel zu selten attackierte man den Korb direkt. Dass dies eine Alternative hätte sein können, zeigte einige Male Elias Marei und auch Asa Williams. Nachdem Kapitän Jannik Westermeir eine starke Einzelleistung mit der Sirene abgeschlossen hatte, führten die Gastgeber zur Pause mit 47:44. Doch dieser Vorsprung fühlte sich trotzdem irgendwie wie ein Rückstand an.
Stadtberger Basketballer verlieren trotz später Führung
Und tatsächlich: Wenig später lief man wieder einem 47:50 hinterher. Asa Williams und Dragos Diculescu sorgten immer wieder für Momenta, doch nutzten konnte man diese nicht wirklich. Im Gegensatz zur BG machten die Basketball Löwen nämlich kaum Fehler. Nochmal schienen die Kangaroos auf die Siegerstraße einzubiegen, als Olivier Bogosch zum 72:72 ausglich, Tin Udovicic mit einem Dreier und Asa Williams sowie Elias Marei vier Minuten vor Schluss auf 79:74 stellten. Die höchste Führung der Einheimischen. Doch dann vergaben Bogol und Udovicic ihre Freiwürfe und beim 83:79 war dann endgültig der Ofen aus. Die letzten zwei Minuten entwickelten sich fatal. Drei Einwürfe hintereinander brachte man nicht an den Mann. Dabei scheiterte der Einwerfer jedes Mal direkt an 2,05-Meter-Mann Lenni Kunzewitsch. Die Erfurter nahmen diese Geschenke dankend an und konnten am Ende - wahrscheinlich sogar etwas überraschend für sie selbst - einen Auswärtssieg bejubeln. Und die BG Hessing Leitershofen/Stadtbergen stand mit leeren Händen da.

Im anstehenden Derby bei den TSV Oberhaching Tropics müssen sich die Kangaroos jetzt auf die Hinterbeine stellen, wenn sie wieder in die Erfolgsspur kommen wollen. Dann steht die Länderspielpause an, ehe es am Samstag, 1. März, dann in eigener Halle zum Spitzenspiel gegen den Dritten aus Speyer kommt. In den weiteren acht Spielen vor den Play-Offs geht es nicht nur um die Qualifikation als solche, sondern auch um eine bestmögliche Ausgangsposition für die Heimrechte. Demzufolge wäre es hilfreich, bereits jetzt in den Play-Off Modus überzugehen. (mit asan)
BG Hessing Leitershofen/Stadtbergen: Williams (17), Marei (14), Duarte, Gille (2), Hinckson (89; Borgol (6), März (8), Westermeir (6), Theiß (2), Diculescu (15).Udovicic (5).
Die Stimmen zum Spiel
BG-Headcoach Emanuel Richter: „21 Turnovers, noch dazu direkt in die Hände des Gegenspielers, dann wird es schwierig. Der Ausfall von Ferenc Gille hat uns auch nicht in die Karten gespielt. Mangelnden Einsatz kann ich dem Team nicht vorwerfen und trotz 91 Gegenpunkte haben wir in der Verteidigung besser als in Würzburg gespielt. Für das schwere Spiel in Oberhaching nächste Woche müssen wir aber viel verbessern, das ist klar.
BG Co-Trainer Martin Jankov: In den entscheidenden Phasen haben wir Erfurt viel zu viele Offensivrebounds überlassen und auch an der Freiwurflinie einige Optionen liegen gelassen. Die Dreierquote war mit 28 Prozent letztendlich auch unter unserem Schnitt.
BG-Kapitän Jannik Westermeier: Erfurt hat einen guten Job gemacht, das muss man anerkennen. Sie hatten nur elf Turnovers. Wir müssen nun in jedes Match hineingehen, als wäre es bereits ein Play-Off Spiel, um die notwendige Intensität aufzubauen, bevor es eben in die Play-Offs geht. Sonst ist man da schnell draußen im Modus Best of Three.
Kangaroos Geschäftsführer Wayne Chico Pittman: Wir sind nicht clever genug gewesen, vielleicht zu unerfahren gegen einen abgezockten Gegner. Die Niederlage ärgert mich gewaltig, die Turnovers am Ende gehen so nicht. Wir werden gemeinsam mit jedem Spieler in aller Ruhe analysieren, wie der Einzelne das wieder besser hinbekommen kann, um auf die Siegesstraße zurückzukehren. Nicht vergessen möchte ich, den Fans zu danken, die Unterstützung war erneut wieder sensationell. (asan)
,
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden