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Streitheim: Aus nach mehr als 100 Jahren? Soldatenverein Streitheim kämpft ums Überleben

Streitheim

Aus nach mehr als 100 Jahren? Soldatenverein Streitheim kämpft ums Überleben

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    Wenn der Vorsitzende Gerhard Nentwich bis zum 18. März keinen Nachfolger findet, muss sich der Soldaten- und Kameradschaftsverein Streitheim nach mehr als 100 Jahren auflösen.
    Wenn der Vorsitzende Gerhard Nentwich bis zum 18. März keinen Nachfolger findet, muss sich der Soldaten- und Kameradschaftsverein Streitheim nach mehr als 100 Jahren auflösen. Foto: Marcus Merk

    Vor drei Jahren feierte der Soldaten- und Kameradschaftsverein Streitheim noch sein 100-jähriges Bestehen - eine große Feier mit Festzelt. Nun steht der Verein vor dem Aus. Denn nach rund acht Jahren als Vorsitzender gibt Gerhard Nentwich sein Amt auf. Ein Nachfolger konnte trotz aller Bemühungen bislang nicht gefunden werden. Die Zeit läuft dem 75-Jährigen davon. Es ist nicht die erste große Krise.

    Wenn sich bis zur eigens einberufenen Versammlung am Dienstag, 18. März, niemand findet, muss sich der Verein auflösen. „Ich habe bereits auf der Jahreshauptversammlung im letzten Jahr einen Nachfolger gesucht. Damals wollte das keiner machen. Auch ein Jahr später gibt es niemanden.“ Für Nentwich einfach nur traurig. „Wir stehen für Frieden und Demokratie, was gerade in der heutigen Zeit unheimlich wichtig ist. Es ist sehr schade, wenn ein Traditionsverein begraben werden muss“, so der Streitheimer, der seit 1978 in dem Zusmarshauser Ortsteil wohnt.

    Er selbst kann nicht mehr weiter machen. „Ich würde natürlich noch mithelfen und beraten, aber ich will mich künftig mehr um meine Enkelkinder kümmern. Mit 75 Jahren darf man den Stab langsam einmal weitergeben.“ Doch das wird aller Voraussicht nicht der Fall sein. „Wir haben alles versucht, viele Gespräche geführt, aber niemand wollte sich der Verantwortung stellen. Ich bin sehr enttäuscht.“ Mit „wir“ meint Nentwich auch Zusmarshausens Bürgermeister Bernhard Uhl, der ebenfalls niedergeschlagen ist. „Wir hatten auch versucht, dass jemand von der Feuerwehr in Doppelfunktion einspringt, weil es ja viele Schnittmengen gerade bei den Aktivitäten und Mitgliedern gibt. Wir haben viel unternommen, leider ohne Erfolg.“

    Soldatenverein stand 2017 schon einmal vor der Auflösung

    Gegründet wurde der Verein 1922 in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg. Die vereinseigene Fahne bildet dies noch heute ab. Dort ist ein Kriegsrückkehrer zu sehen, der von seiner Frau samt Säugling in Empfang genommen wird. „Damals wurde der Verein als Solidargemeinschaft gegründet, um einander zu unterstützen. Und natürlich wollte man verhindern, dass es wieder einen ähnlichen Krieg gibt. Soldatenvereine sind Horte der Demokratie“, erklärt Nentwich, der einst als passives Mitglied angefangen hat und sich später von seinem Vorgänger überreden ließ, als Vorsitzender zu übernehmen. „Schon 2017 stand der Verein auf der Kippe, dann habe ich es halt aus Mangel an Alternativen gemacht.“

    „Wir pflegen Kameradschaft und Tradition“, sagt Nentwich nicht ohne Stolz. Besonders kommt dies zum Ausdruck bei den Fahnenweihen. Höhepunkt ist der Volkstrauertag. Jährlich gedenken die Mitglieder ihrer gefallenen Kameraden durch Kranzniederlegungen. „Wir leisten Friedensarbeit. Es wäre fatal, wenn die wegfällt.“ Das Problem sieht Nentwich aber nicht nur bei seinem Verein. „Es wird immer schwieriger für alle Vereine. Der Nachwuchs zieht weg oder hat in der heutigen Zeit schlichtweg keine Zeit mehr und setzt andere Prioritäten. Ich fürchte, dass wir nicht der letzte Verein sein werden, den es trifft.“

    Streitheimer Verein sucht händeringend Vorsitzenden

    Insgesamt gibt es im Gemeindegebiet drei Soldatenvereine. Mit mehr als 60 Mitgliedern sind die Streitheimer eigentlich gut aufgestellt. Neun Personen helfen im Vorstand mit. „Wir haben wirklich einige Mitglieder und auch helfende Hände, aber die Arbeit als Vorsitzender ist doch nochmals etwas anderes“, so Nentwich, dessen Enkel in Würzburg wohnen. „Pro Woche muss man schon ein paar Stunden für den Verein opfern.“ Erst vor ein paar Jahren hat der Verein die Fahne restaurieren lassen, was mit dem Stück passieren wird, steht noch nicht fest. Nentwich: „Vielleicht kommt es in ein Museum oder wir bringen es bei der Feuerwehr unter. Zum Wegschmeißen ist sie in jedem Fall zu schade und zu teuer.“

    Während die Streitheimer kurz vor der Auflösung stehen, gibt es etwas weiter südlich Grund zur Freude. Der Soldatenverein Oberschöneberg feiert im Juni seinen 150. Geburtstag. Vor Kurzem beging der Krieger- und Soldatenverein Dinkelscherben dasselbe Jubiläum. Dessen Vorsitzender Gerhard Aumann übergab die Gründungsunterlagen in einer kleinen Feierstunde an die Gemeinde. Auch sein Verein stand bereits vor der Auflösung, tat sich dann aber mit der Reservistenkameradschaft zusammen. „Es wird immer schwieriger, Menschen für das Ehrenamt zu begeistern“, so Aumann.

    Das wissen sie beim Soldaten- und Kameradschaftsverein Streitheim nur allzu gut. Noch haben Nentwich und Co. die Hoffnung nicht aufgegeben. „Prinzipiell kann das jeder machen. Egal, ob jung oder alt, ob Frau oder Mann, ob aus Streitheim oder aus Augsburg.“ Wer Interesse hat, kann sich telefonisch unter 015128407587 melden.

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