
Auf AfD-Parteitag Holocaust verharmlost: Politiker verurteilt

Ein 60-jähriger Mann trug beim AfD-Parteitag in Augsburg ein Plakat bei sich, das den Holocaust verharmloste. Nun stand er vor Gericht und wurde verurteilt.
Er stellte sich vor dem Amtsgericht in Augsburg als Opfer dar. Seit seinem Eintritt in die AfD sieht sich ein 60-jähriger Lokalpolitiker aus Nordrhein-Westfalen immer mehr Gewalt ausgesetzt. Er werde angepöbelt, bespuckt und getreten. Um sich dagegen zu wehren, habe er ein Schild gebastelt, es abfotografiert, auf Twitter geteilt und beim AfD-Bundesparteitag im vergangenen Jahr in Augsburg hochgehalten - darauf stand: „Hetze in Deutschland“. Darunter zeigte das Plakat einen gelben Davidstern mit der Aufschrift „Jude“ und verwies auf die Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland. Daneben waren das AfD-Logo und die Zeitangabe „2013 bis ?“ zu sehen. Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst einen Strafbefehl wegen Volksverhetzung gegen den 60-Jährigen erwirkt. Der legte allerdings Einspruch ein und stand nun wegen Volksverhetzung vor dem Amtsgericht in Augsburg. Dem Lokalpolitiker wurde vorgeworfen, die Verfolgung der Juden während der Zeit des Nationalsozialismus zu verharmlosen, indem die Stimmung gegen die AfD mit dem Holocaust an den Juden verglichen werde.
„Hätte ich da ein Gummibärchen draufmachen sollen?“, fragte der aufgebrachte Angeklagte während der Gerichtsverhandlung am Freitag. Er schnaubte und übergab an seinen Anwalt, Moritz Bode aus Augsburg. „Mein Mandant ist emotional“, tat Bode die Äußerung des Lokalpolitikers ab und versuchte ihn vor Richter Julian Mertes zu erklären. „Ihm geht es nicht darum, den Holocaust zu verharmlosen“, sagt Bode. Er wolle lediglich darauf aufmerksam machen, dass er seine Meinung nicht frei äußern könne - seit er Mitglied der AfD sei. Sein Mandant wirkte wenig einsichtig und legte nach: „Ich kann mir vorstellen wie sich Juden gefühlt haben“.
Prozess in Augsburg: Mann wegen Volksverhetzung verurteilt
Anfangs verlief der Prozess noch wie üblich: Der Staatsanwalt Stephen Soßna verlas die Anklageschrift und führte aus, dass dem Lokalpolitiker bewusst war, dass seine Aktionen öffentlichkeitswirksam gewesen seien. Anschließend gab Rechtsanwalt Bode die Erklärung des Angeklagten ab. Danach sollten die beiden Zeugen aussagen, doch auf die verzichtete der Richter vollends. Es entwickelte sich ein Streitgespräch zwischen Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt und dem Angeklagten. In dem warf der 60-Jährige dem Staatsanwalt immer wieder vor, seine Interpretation des Plakats mit dem gelben Davidstern misszuverstehen.
In Abrede den Tweet veröffentlicht zu haben und das Plakat hochgehalten zu haben stellte er nicht. Allerdings versuchte der Angeklagte zunächst den Richter zu überzeugen, dass auf dem Plakat ein Davidstern abgebildet sei, der keinen Bezug zum Holocaust habe. Dann versuchte er sich als jemanden darzustellen, der systematisch aus der Gesellschaft ausgeschlossen werde und seine Meinung nicht frei äußern dürfe. „Es gibt mittlerweile Gaststätten, auf denen steht: AfD-Mitglieder nicht willkommen“, sagt er vor Gericht.
Richter Julian Mertes ließ das nicht so stehen. „Die Bewertung der AfD steht in dieser Verhandlung nicht zur Frage.“
Der Staatsanwalt erläuterte dem Angeklagten, dass eben jener Sachverhalt: die Situation der AfD mit der Verfolgung der Juden während der NS-Zeit zu vergleichen, in Deutschland strafbar ist. Er nahm Bezug auf den eindeutigen Davidstern, der auf dem Plakat abgebildet war. „Ein Stern, auf dem Jude steht, assoziiere ich mit dem Nationalsozialismus. Solch einen Vergleich kann ich nicht einfach so laufen lassen“, sagt er. Deshalb plädierte der Staatsanwalt auf eine Bestrafung von 90 Tagessätzen á 50 Euro - also insgesamt zu einer Strafe von 4500 Euro. Er sah den Tatbestand der Volksverhetzung als bewiesen an, nicht zuletzt durch die Aussagen des Angeklagten vor Gericht. „AfD-Mitglieder werden nicht systematisch entrechtet“, sagt er.
AfD-Lokalpolitiker wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 4500 Euro verurteilt
Der Strafverteidiger beharrte in seinem Plädoyer auf seine vorherigen Aussagen, räumte aber ein, dass sich über die Qualität der Botschaft streiten ließe. Seinem Mandanten sei es darum gegangen, dass kein Mensch wieder eine solche Situation wie die Juden während des Nazi-Regimes erleben soll. Er forderte einen Freispruch.
Richter Julian Mertes befand den 60-jährigen Lokalpolitiker der Volksverhetzung für schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 4500 Euro. In seiner Begründung sagte der Richter, der Angeklagte habe heute eine 50:50 Chance auf einen Freispruch gehabt. Während der Gerichtsverhandlung habe er diese aber nicht genutzt.
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