
Tierschützer kämpfen gegen Tierversuche an der Augsburger Uniklinik

Plus Auf dem Augsburger Medizin-Campus sollen Tierversuche möglich sein. Eine Petition dagegen wurde schon 18.000 mal unterzeichnet. Die Uniklinik will auf das Projekt nicht verzichten.
Der geplante Aufbau einer Tierversuchsabteilung am Augsburger Uniklinikum polarisiert die Augsburger. Eine Petition des Vereins Ärzte gegen Tierversuche, die sich gegen das Projekt stellt, hat mittlerweile über 18.000 Unterschriften. Auch der Tierschutzverein Augsburg macht gegen die Tierversuche mobil und spricht von einer „Jahrhundertchance“ für eine tierversuchsfreie Forschung. An der Uni betont man dagegen die Bedeutung von Tierversuchen – für die Forschung und den Uni-Standort.
Der Baubeginn für das „Zentrum für integrierte und translationale Forschung“ (ZeIT) ist nach Uni-Angaben frühestens für 2022 vorgesehen, 2027/2028 soll das Gebäude in Betrieb genommen werden. Dort sollen Grundlagen- und klinische Forschung zusammengebracht werden. Für 35 Millionen Euro soll in diesem Zentrum auch eine Abteilung für Tierversuche aufgebaut werden.

Tierschutzverein will Petition gegen Tierversuchszentrum unterstützen
Zu den Gegnern zählt neben „Ärzte gegen Tierversuche“ auch der Tierschutzverein Augsburg. Heinz Paula, Vorstandsvorsitzender des Tierschutzvereins, kündigte am Freitag an, die Petition von Ärzte gegen Tierversuche „breit“ zu unterstützen. Neben dem Auslegen von Info-Material und Unterschriftenlisten werde man auch die Social-Media-Kanäle für die Petition nutzen. „Der Vorstand war der Meinung, dass es in Augsburg keine Tierversuche geben kann“, so Paula. Tierversuche seien eine Methode des 19. Jahrhunderts, mit denen man nicht die Fragen der heutigen Zeit beantworten könne. „In Augsburg wird die Jahrhundertchance vergeigt, die erste tierversuchsfreie Uniklinik zu werden“, so Paula.
Stephanie Schuhknecht, Landtagsabgeordnete der Grünen und ebenfalls im Vorstand des Tierschutzvereins, kritisiert den geringen Nutzen von Tierversuchen. So hätte etwa Contergan keine Nebenwirkungen bei den Versuchstieren ausgelöst, beim Menschen hingegen schon. Zur Erinnerung: Das Beruhigungsmittel Contergan war Ende der 50er-Jahre unter anderem gegen Schwangerschaftsübelkeit eingesetzt worden. Viele Kinder kamen danach mit Missbildungen zur Welt.
Universität Augsburg betont Notwendigkeit der Tierversuche
Zurück zum Zentrum für translationale Forschung. Da der Landtag im nächsten Haushalt noch die Mittel für das Gebäude bewilligen müsse, will Schuhknecht mit ihrer Fraktion dort auch Änderungsanträge stellen. Als Oppositionspartei sei dieses Verfahren nicht sehr aussichtsreich. „Deshalb wollen wir versuchen, das Thema vor den Haushaltsberatungen zu setzen“, kündigt Schuhknecht an. Auch wenn die Positionierung ihrer Fraktion zu dieser Frage noch nicht abgeschlossen ist, sei man sich grundsätzlich bewusst, dass man Tierversuche nicht von heute auf morgen abschaffen könne. „Wir wissen, es braucht einen Übergang, aber wir wissen auch, wir müssen reduzieren“, sagt die Abgeordnete der Grünen. Für sie liege die Zukunft in alternativen Methoden wie Zellkulturen oder dem Züchten von künstlichen Organen. „Die Eröffnung des Gebäudes ist erst in acht Jahren, da kann sich noch so viel tun.“
Die Universität Augsburg betont dagegen die Notwendigkeit der Tierversuche. Corina Härning von der Uni-Pressestelle sagt: „Trotz aller Bemühungen der biomedizinischen Forschung, auf Tierversuche zu verzichten, gibt es Fragestellungen und Erfordernisse, die nicht durch alternative Ansätze zu beantworten sind.“ Bei der Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit neuer Medikamente und Impfstoffe sei man beispielsweise auf Tierversuche angewiesen, so Härning weiter.

Uniklinik Augsburg: Keine Spitzenforschung ohne eigene Tierversuche
Auch sie ist der Ansicht, dass alternative Verfahren weiterentwickelt werden sollen. „Die Entwicklung neuer Methoden zur Reduktion von Tierversuchen und die Erforschung medizinischer Fragestellungen, die sich aktuell nur durch Tierversuche beantworten lassen, sind aber zwei völlig verschiedene Ansätze. Es wäre unverantwortlich, drängende medizinische Fragen unbeantwortet zu lassen, weil man zunächst ein ganz neues Instrumentarium entwickeln möchte“, erklärt Härning.
Der Aufbau einer tierexperimentellen Abteilung ist für das Uniklinikum Augsburg auch eine Standortfrage. Medizinische Spitzenforschung komme an keiner Uniklinik in Deutschland ohne eigene Tierversuche aus, sagt Härning. „Sollen also renommierte Wissenschaftler nach Augsburg geholt werden, muss eine Infrastruktur vorhanden sein, die unter anderem tierexperimentelle Forschung ermöglicht.“ Zumindest bis Ende des Jahres wird die Debatte weitergehen. Dann ist die Übergabe der Petition an den Landtag geplant.
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