Wer sind meine Eltern?
Mit 20 erfuhr Vladimir Schuster, dass er adoptiert ist. Das war ein Schlag. Nun gründet er eine Gruppe für erwachsene Adoptierte.
Irgendwie war da immer diese Ungewissheit im Leben von Vladimir Schuster*. Er sah so ganz anders aus als seine Eltern. Oft sprachen Leute ihn drauf an. „Ist halt so“, meinten seine Eltern dann. Sie sind Deutsche aus Kasachstan, die Ende der 90er Jahre als Spätaussiedler nach Deutschland kamen – helle Haare, helle Haut, nicht besonders groß. Vladimir ist groß. Und er ist ein dunkler Typ mit orientalisch anmutender Augenpartie. Als er 16 war, hielt er die Ungewissheit nicht mehr aus, fragte seine Mutter: „Bin ich adoptiert?“ Sie reagierte entsetzt. Wie er so etwas glauben könne. „Wir sind deine Eltern.“ Als er 21 war, sagte sie ihm doch die Wahrheit, an Weihnachten, nachdem es einen Familienstreit gegeben hatte. „Es war ein Schlag“, sagt Vladimir Schuster. „Man fühlt sich seiner Identität beraubt.“ Seitdem geht dem Studenten das Thema nicht mehr aus dem Kopf, er recherchierte im Internet, suchte andere mit ähnlichem Schicksal. Jetzt gründet er eine Selbsthilfegruppe für erwachsene Adoptierte.
Adoptionen gehen in Deutschland stark zurück, 2014 waren es 3800. Im Augsburger Jugendamt ist Margit Schiefelbein dafür zuständig. Mehr als zwei Adoptivkinder im Jahr vermittelt sie nicht. Auch die Zahl der Auslandsadoptionen sei seit dem Haager Adoptionsübereinkommen 1993 gesunken, das nur noch anerkannte Vermittlungsagenturen zulässt. „Es kann nicht mehr jeder in ein ukrainisches Waisenhaus fahren und sich ein Kind aussuchen.“ Hinzu kommen in Augsburg um die 15 Stiefelternadoptionen, davon mehrere mit gleichgeschlechtlichen Paaren. „Das Modell Adoption kommt nicht mehr zum Tragen“, sagt Schiefelbein. Verhütung, Abtreibung, bessere Einkommensverhältnisse auch für Alleinerziehende haben das geändert. Und: In Deutschland ist ein uneheliches Kind keine Schande mehr.
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