Baumfällungen: Bürger buhen Stadträte aus
Über 200 Augsburger diskutierten am Montagabend über die geplante Fällung von 34 Bäumen am Herrenbach. Die Stimmung war aufgeheizt.
Über 200 Augsburger diskutierten am Montagabend über die geplante Fällung von 34 Bäumen am Herrenbach. Die Stadt hatte zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, um den Bürgern zu erläutern, warum die Maßnahme nötig ist.
Die Stimmung war aufgeheizt. Auf Transparenten wurde Oberbürgermeister Kurt Gribl scharf angegriffen. „Sieht so Bürgernähe aus?“ „Gesunde Bäume fällen - habt ihr kein Gewissen?“ Dass Gribl im Urlaub ist und die Information seinen Referenten Gerd Merkle (CSU, Bau) und Reiner Erben (Grüne, Umwelt) überließ, veranlasste die Bürger zu Buh-Rufen.
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Wenn ich das richtig verstehe, haben die Stadtoberen die Anwohner des Herrenbaches seit 1967 dem Risiko einer gefährlichen Überschwemmung ausgesetzt - und sind nun spontan über Pfingsten 2018 (Der Heilige Geist?) zu der Eingebung gekommen: „Wir haben einen Punkt erreicht, an dem konsequent und verantwortungsvoll gehandelt werden muss“.
So jedenfalls OB Gribl aus seinem Urlaub, vermutlich zwischen Eis und Nachtisch. Denn wie sonst sollte man sich dieses zugleich Eingeständnis erklären, er und seine ebenso von uns finanzierten Mitstreiter hätten in einer derart gefährlichen Sache jahrelang inkonsequent und ohne Verantwortung gehandelt? Anders jedenfalls lässt sich seine Aussage nicht interpretieren, wenn denn die Hochwasserlage am Herrenbach tatsächlich so gefährlich und brisant wäre (und über Jahrzehnte war), wie nun behauptet.
Nach über 50 Jahren ohne größere Veränderungen am Herrenbach, ohne Überschwemmung und auch Sturm (?) greifen der OB und sein Musketiere jetzt aber knallhart durch: Nieder mit dem unberechenbaren Natur-, Technik- und Freizeit-Idyll - und ganz schnell weg mit den Bäumen. (Die scheint der Grüne Umweltreferent insgesamt nicht so sehr zu mögen - und der Baureferent hofft wohl auf ein paar "Kröten" aus dem Holzverkauf, was verständlich wäre angesichts der Ebbe in der Stadtkasse nicht zuletzt aufgrund der teuren Desaster u.a. beim Bau des Eisstadions und der unsinnigerweise ohne Architekten-Wettbewerb, aber mit viel Rauch durchgedrückten Stadttheater-Sanierung.)
Jetzt aber muss es schnell gehen: Da wird die Rampe für den Holzabtransport schon angelegt, bevor überhaupt die Genehmigung der Bezirksregierung zur Baumfällung vorliegt. Da wird der Termin für die Baumfällung in einer Nacht-und-Nebel-Aktion um mehrere Monate nach vorne gelegt, was Anwohnern die Möglichkeit nimmt, sich sachkundig zu machen und Bedenken sowie Verbesserungsvorschläge einzubringen.
Da wird die Bürgerbeteiligung auf die hochherrschaftliche Mitteilung reduziert, dass jahrzehntealte gesunde Bäume ab morgen gefällt werden und dies vom niederen Volke widerspruchslos hinzunehmen sei. Da wird sowohl Bürgern als auch Stadtrat die Möglichkeit genommen, diese Hau-Ruck-Entscheidung noch überprüfen zu können und Vorschläge zu machen, die sowohl dem Hochwasserschutz als auch dem Erhalt dieses innerstädtischen Juwels gerecht werden.
Schlechter und inkompetenter geht kaum. Eine Reduzierung der Wasserdurchflussmenge für die nächsten vier Wochen und ein solange Stopp aller Eingriffe eröffnet die Möglichkeit, wieder zu Sinnen und zu einem konstruktiven Dialog unter auch Einschaltung externer Sachverständiger zu kommen – und sich damit wieder Respekt zu verdienen. Man kann nur hoffen, dass noch so viel Einsichtsfähigkeit und Verstand in der Stadtspitze vorhanden ist, um sich hier noch einmal einzufangen.
Andernfalls wird man die nächsten Pfingsttage fürchten müssen. Mit welchen Eingebungen wird uns die Stadtspitze dann wohl beglücken wollen: Den Siebentischwald asphaltieren, damit keinem mehr ein Vogel auf den Kopf sch…, das Rathaus einebnen, damit auch sicher keiner mehr im Aufzug stecken bleibt, den Hofgarten pflastern im Kampf um absolute Sicherheit vor Pollenflug und Bienenstich?
Abschließend noch zum Technischen:
Anders als bei der Wertach wird die Wassermenge im Herrenbach-Kanal nicht durch Regenereignisse gesteuert, was hinsichtlich des Hochwasserschutzes einen deutlichen Unterschied macht: Der Querschnitt des Kanals bleibt, anders als bei einem Flussbett, bei dem der Wasserspiegel steigen kann und bei Regen wird, stets konstant. Auch gibt es kein von der Seite ungesteuert zufließendes Wasser. Selbst bei Starkregen fließt damit nicht mehr Wasser durch den Kanal als bei Sonnenschein.
Die praktisch vollständig aus dem Lech kommende Zuflussmenge zum Herrenbach wird dabei über ein System aus verschiedenen Schleusen gesteuert. Deren Ertüchtigung sollte die Anpassung der Wassermengen und damit der Wasserhöhe im Kanalsystem bzw. Herrenbach deutlich beschleunigen können. Bei Voraussage ausgesprochen starker Stürme sollte die Wassermenge so vorsorglich wesentlich schneller reduziert werden können, wenn das überhaupt noch notwendig sein wird.
Denn es dürfte kaum schaden, das 50 Jahre alte Betonbett des Herrenbachs zeitnahe zu sanieren, so wie das kanalabwärts bereits vor Jahren der Fall war. Geschieht das nach aktuellen Standards mit entsprechendem Einbau von Baustahl lässt sich das Kanalbett für sich so stabil auslegen, dass die Dämme für den Hochwasserschutz nicht mehr bedeutsam sind. Bei so in sich selbst stabilem Kanalbett wäre es aus Sicht des Hochwasserschutzes sogar nicht mehr relevant, wenn umfallende Bäume Löcher in den Damm reißen sollten.
Bliebe noch der Fall, dass ein Baum in den Herrenbach stürzt: Dieses Risiko kann man durch regelmäßige Überprüfung der dort stehenden Bäume und Entfernung instabiler Einzelbäume verringern. Gegebenenfalls kann man auch das westliche Ufer gegenüber dem östlichen etwas erhöhen, so dass bei einem Aufstau die über die Seitenwände abfließende Wassermenge in den knapp 10 Hektar großen Kleingartenbereich geleitet würde. (Bei den von der Stadtspitze für den Überschwemmungsfall angegebenen Wassermengen ergäbe dies eine Wasserhöhe von maximal 30 cm auf der Fläche. Nicht schön, wenn das passieren sollte, aber nicht lebensgefährlich und ohne Gefahr für die Wohnbebauung – und dies bei sehr geringer Wahrscheinlichkeit.) usw.
Kombiniert man in diese Richtung gehenden Ansätze mit den geplanten Baumpflanzungen und lässt sich dafür Zeit, wird sich doch eine Lösung finden lassen, die den geplanten Kahlschlag überflüssig macht, den Hochwasserschutz gewährleistet und den besonderen Charakter des Herrenbachs erhält bzw. längerfristig sogar noch qualitativ verbessert. Wäre schön, wenn alle in diese Richtung an einem Strang ziehen würden.
Wenn die technischen Anmerkungen zutreffen, so handelt es sich hier um einen handfesten Skandal. Mit Drohszenarien Fakten schaffen, damit erst gar niemand die Chance hat, gute Alternativen vorzuschlagen, die dann aber evtl. Geld kosten könnten. Womit wir wieder bei den Wirtschaftlichkeitserwägungen wären. Natürlich ließe sich weniger Strom erzeugen, wenn öfter mal der Herrenbach abgeriegelt werden müsste. Denn der Herrenbach wird zum Proviantbach und so liegen an diesem Kanalarm vier Wasserkraftwerke. Natürlich würde auch eine Sanierung des Kanals etwas kosten. Dagegen lässt sich mit dem Holzverkauf noch Geld verdienen.
An diesem Beispiel sieht man auch sehr schön, welch Unfug mit dem schwammigen Begriff der 'drohenden Gefahr' getrieben werden kann. Man kann sie 20 Jahre lang blinden Auges oder gelassen übersehen, aber wenn es opportun erscheint und jemand sie als Totschlagargument brauchen kann, dann hat man keine Chance mehr.